INTEGRAL WORLD: EXPLORING THEORIES OF EVERYTHING
Ein Forum für eine kritische Diskussion über die integrale Philosophie von Ken Wilber
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Ein Shambhala Interview mit Ken Wilber
Über Kritiker, das Integrale Institut, meine neueren Schriften, und andere
weniger wichtige Themen
Teil 1
DER RÜCKZUG VON DER TRANSPERSONALEN PSYCHOLOGIE
Shambhala: Wir haben verschiedene Themen die wir gerne besprechen möchten, also
fangen wir gleich an. Zuerst, ihr Rückzug aus der transpersonalen
psychologischen Bewegung. Das verursachte einige Aufregung. Sie galten als
einer
ihrer führenden Theoretiker, und doch haben sie dieser Bewegung einfach den
Rücken gekehrt.
KW: Nun, wie ich schon auf früheren Veröffentlichungen dieser Webseite
[www.Shambhala.com, „A Summary of My Psychological Model“] gesagt habe, hörte
ich schon 1983 damit auf, mich als transpersonalen Psychologen zu bezeichnen.
Weil ich darüber öffentlich nicht viel gesprochen habe, vermute ich, dass nur
wenige zur Kenntnis genommen haben, dass ich praktisch schon vor zwei
Jahrzehnten von dieser Bewegung Abstand genommen habe. Zu der damaligen Zeit
war
das eine sehr schwierige Entscheidung, die mich innerlich sehr beschäftigte,
und
die ich mir nicht leicht gemacht habe.
Shambhala: Betrachten Sie sich heute als einen Teil der transpersonalen
Bewegung?
KW: Nein, das tue ich nicht.
Shambhala: Erzählen Sie uns etwas darüber.
KW: Nun, das grundlegende Problem dabei ist, dass die transpersonale
Psychologie, was ihr grosser Verdienst ist, die erste Schule der heutigen
Psychologie war, die Spiritualität ernst nahm. Doch weil es grosse Differenzen
bezüglich der Frage gibt, was Spiritualität ausmacht, gibt es grosse
Differenzen
darüber worin eine transpersonale Psychologie selbst besteht. Und dies sind
keine kleinen inneren Spannungen wie man sie z.B. in den verschiedenen Schulen
der Psychoanalyse oder der Jung'schen Psychologie findet . Nein, hier handelt
es
sich um wesentliche innere Trennungslinien, und sich reibende
Meinungsverschiedenheiten über das Wesen, den Geltungsbereich, und die Rolle
der
transpersonalen Psychologie selbst. Und damit ist der Boden bereitet für eine
Fülle von politischen Spaltungen und sich bekriegenden Ideologien. Das ist der
Grund dafür, so glaube ich, dass in drei Jahrzehnten, und abgesehen von ein
oder
zwei bestimmten Theoretikern, die derzeitige Schule der transpersonalen
Psychologie keinen wesentlichen Einfluss ausserhalb der Bay Area (eine Gegend
in
Kalifornien) hatte, und sich heute, und da stimmen mir viele Menschen zu, sich
in einem irreversiblen, endgültigem Abstieg befindet.
Was von den vier Kräften (behavioristisch, psychoanalytisch, humanistisch,
transpersonal) überlebt, überlebt - wenn überhaupt - nur durch die Aufnahme in
einen integralen Ansatz [siehe „A Summary of My Psychological Model“, Abschnitt
„Der Tod der Psychologie und die Geburt des Integralen“, veröffentlicht auf
dieser WebSeite (A. d. Ü: damit ist im folgenden die Internetadresse
www.Shambhala.com gemeint)].
Shambhala: Wir kommen auf den integralen Ansatz später zurück. Doch zuerst,
welches sind die Haupt-Gruppierungen der transpersonalen Psychologie, aus ihrer
Sicht?
KW: Da gibt es im Wesentlichen vier, mit vielen Variationen
Zum einen ist da eine magisch-mythische Gruppe (diese Worte in einem strikten
Gebserschen Sinn verwendent). Dies ist eine wichtige Dimension des menschlichen
Bewusstseins, und sie muss in jede integraler Psychologie berücksichtigt
werden.
Sie ist jedoch nicht, meiner Ansicht nach, die am tiefsten reichende Dimension
des Seins. Dieser Ansatz, so scheint es mir, hat die Tendenz, prärationale
mythische Formen mit dem postrationalen formlosen GEIST zu verwechseln. Er
tendiert zum New Age hin, der mythopoetischen Bewegung, und verschiedenen
Romantizismen, was es beinahe unmöglich macht Brücken zum Mainstream (A. d. Ü:
Hauptrichtung der Psychologie) zu bauen.
Zum Zweiten gibt es eine Gruppe veränderter Bewusstseinszustände, welche
Entwicklung, Stufen und andauernde Praxis scheut, und sich stattdessen auf
zeitlich begrenzte veränderte Bewusstseinszustände konzentriert, oft induziert
durch Drogen oder Atemarbeit. Diese Haltung geht oft, aber nicht
notwendigerweise einher mit einem Öko-Primitivismus, einer Verherrlichung eines
früheren Stammesbewusstseins, von welchem behauptet wird das es
„nichtdissoziiert“ wäre (dabei ist es wahrscheinlicheinfach nur
„prädifferenziert“), und dieser Öko-Primitivismus ist verbunden mit der
Verwendung psychotroper Substanzen, oft ayahausca. Nun bin ich der Überzeugung,
dass die Existenz veränderter und nicht-gewöhnlicher Bewusstseinszustände
ebenso
ein wichtiger Teil einer integralen Psychologie ist, doch für sich alleine
genommen führen sie zu vielen Schwierigkeiten, weil diese Haltung andere,
gleichermassen wichtige Aspekte der Psyche ignoriert, ebenso wie einen
gewaltigen Umfang von Forschungsmaterial, welcher nicht in das Modell
veränderter Bewusstseinszustände passt. Dieser Ansatz endet oft in einer
zurück-ins-Paradies Haltung, und diese Retro-romantische Orientierung macht es
ebenso schwer, Brücken zum Mainstream zu bauen. Und daher isoliert und
entfremdet diese Gruppe, wie auch die vorher beschriebene, die transpersonale
Psychologie von den grösseren Strömungen in der Welt, was tatsächlich - leider
-
auch passiert ist.
Zum Dritten, oft verbunden mit der Schule aussergewöhnlicher
Bewusstseinszustände, doch konzeptuell unterschieden, ist die postmoderne
Gruppe, welche den Versuch unternimmt, nicht-duales Bewusstsein durch die
Brille
des pluralistischen Relativismus zu interpretieren, die Kritik der
Postmodernisten am Universalismus, und gelegentlich intensiv Angriffen auf die
ewige Philosophie. Ich glaube dass es viele wichtige Wahrheiten innerhalb dises
postmodernen Ansatzes gibt, doch allein für sich genommen, führt er ebenso zu
vielen Problemen, wovon Boomeritis nicht gerade das geringste ist. [Für eine
Diskussion zu Boomeritis, siehe A Theory of Everything und die Einführung zum
Band 7 Collected Works, veröffentlicht auf dieser WebSeite ]. Der Autor,
nachdem
er alle anderen für ihren ungehörigen Universalismus gescholten hat - von dem
behauptet wird dass er Menschen unterdrückt und dominiert - behauptet dann dass
seine Ansichten über Relativismus ihrerseits universell verbindlich sind für
alle Kulturen und alle Menschen. Hmmmm. Wie auch immer, es gibt einige sehr
kompetente Gelehrte die mit diesem grünen-Meme Ansatz arbeiten, doch ich glaube
nicht dass sie etwas wirklich Neues zum postmodernen Dialog der vergangenen
dreissig Jahre beigetragen haben. Tatsächlich, so sagen Kritiker, haben die
„postmodernen Transpersonlisten“ einfach nur wiederholt was jetzt einfach nur
noch müde Klischees sind, entwickelt von anderen Theoretikern. Meiner Ansicht
nach liegt das Problem darin, dass sie im Wesentlichen eine hohe Dosis von
postmodernen performativen Widersprüchen in die transpersonale Psychologie
eingebracht haben, und so jeden Augenblick echten transzendentalen Bewusstseins
geschwächt haben. Auch dies hat wenig dazu beigetragen, das Forschungsfeld in
den Augen der grösseren Welt auszuzeichnen.
Shambhala: Folgt man diesen grünen-Meme postmodernen Kritikern, dann ist die
ewige Philosphie eine die menschheitsgeschichte andauernde Quelle der
Unterdrückung.
KW: Nun ja, und die Moderne ist der grosse Unterdrücker. Doch ich denke, dass
das ein sehr armseliges Verstämdnis von der ewigen Philosophie wie auch dem
Wesen der Unterdrückung darstellt.
Tatsache ist, dass während der Menschheitsgeschichte die Kräfte der
Unterdrückung überwiegend von den verschiedenen Produktionsmethoden herrührten.
Die grösste soziale Unterdrückung z.B. geschah in den fortgeschrittenen
Gartenbaugesellschaften und den frühen Agrargesellschaften, welche ganze
Zivilisationen versklavten, und welche existieren, lange bevor es entwicklete
Formen der ewigen Philosophie gab. Und für diese Beispiele ist es immer noch
wahr, das die Ideologie den [technisch-ökonomischen] Grundlage folgt, und nicht
umgekehrt. Das Hauptproblem der Moderne ist, dass sie dem Strammesbewusstsein
erlaubte moderne Technologie zu kidnappen, und das führte zu Auschwitz [siehe
„The Terror of Tomorrow,“ veröffentlicht auf dieser Website .] Diese
postmodernen Kritiker haben meiner Meinung nach die Ursachen von Unterdrückung
auf den Kopf gestellt, und sie geben uns jedenfalls eine merkwürdig selektive
Auslegung der Geschichte, um zu ihren Schlussfolgerungen zu gelangen.
Shambhala: Und zwar, die Garstigkeit von jedermann, mit Ausnahme der
Postmodernisten.
KW: (lacht) Ja, so etwa. Obgleich für einige dieser Schulen das Bewusstsein
der
früheren Zeiten in Ordnung war, eine Art Proto-Einheit, was wiederum verdächitg
nach einer selektiven Interpretation der Fakten aussieht.
Doch schauen Sie, Ich habe eine Menge des postmodernen Denkens in meine Arbeit
aufgenommen. Ich bin ein grosser Fan vieler der grossen postmodernen
Schriftsteller, speziell Heidegger, Nietzsche, Derrida, Foucault, Gadamer, der
späte Wittgenstein. Sie finden viele Seiten von Anmerkungen in Eros, Kosmos,
Logos, die sich mit deren Arbeit ausführlich beschäftigt.Und, wenn Sie
erlauben,
möchte ich als Zeichen meiner Bildung ein paar Namen erwähnen. Ich habe mit dem
entsprechenden Einverständnis Abschnitte zitiert von Bataille, Althusser,
Lacan,
Barthes, de Man, Gramsci, Irigaray, Bourdieu, Jameson, Kristeva, Cixous,
Bachelard, Baudrillard, Deleuze und Lyotard. Boomeritis widmet ihren wichtigen
Einsichten verschiedene Kapitel. Die vielen positiven und auch brillianten
Beiträge des Postmodernismus sind in einem ganzen Kapitel von Naturwissenschaft
und Religion zusammengefasst. Der gesamte untere linke Quadrant meines Werkes
ist eine Hommage an den postmodernen Genius. Doch allein für sich genommen ist
der Postmodernismus eine wirkliche Sackgasse, eine Tatsache die mittlerweile
weitgehend anerkannt wird (obgleich niemand zu wissen scheint was ihn ersetzen
könnte). Und wenn er ausschliesslich angewandt wird, dann ist der die Heimat
von
Boomeritis, und all den Schattenseiten des grünen Meme....
Shambhala: Okay, wir werden darauf zurückkommen. Aber was ist falsch daran,
Parallelen zu finden zwischen, sagen wir, einer bestimmten Art der
Derrida'schen
Dekonstruktion, und der Buddhistischen Leere oder der Madhymaka Schule?
KW: Daran ist nichts falsch, solange Sie sich bestimmter wesentlicher
Unterschiede dabei bewusst sind. Das Hauptziel der Dekonstruktion besteht in
der
Arbeit mit Sprache, und - während des Wachbewusstseins oder dem grobstofflichen
Bereich - dem Versuch, zu einer bestimmten Art des Verstehens zu gelangen über
die Mehrdeutigkeit, Instabilität und Paradoxhaftigkeit von Signifikanten. Das
Ziel buddhistischer Meditation ist die Stärkung des Bewusstseins in einer Art,
die es ihm erlaubt, allen Phänomenen des Wachbewusstseins UND des
Traumbewusstseins UND traumlosen Tiefschlafes mit reiner Aufmerksamkeit zu
begegnen, so dass man zu einem all-durchdringenden Bewusstsein oder zum
Buddhageist erwacht, welcher anwesend ist in allen drei Zuständen - wachen,
träumen, Tiefschlaf - und so eine grosse Befreiung erfährt von allen
vorübergehenden Zuständen des Seins, hoch oder niedrig, heilig oder profan.
Shambhala: So wie Sie es sagen, scheint es wenig Gemeinsamkeiten zu geben.
KW: Es gibt nur sehr wenig Gemeinsamkeiten. Was an Gemeinsamkeiten übrig bleibt
bezieht sich auf die Beschränkungen der Sprache im Wachzustand. Ich finde diese
Gemeinsamkeiten anregend und nützlich, und ich habe darüber geschrieben (z.B.
in
Anmerkungen zu Eros, Kosmos, Logos). Doch wenn man allein bei der
Dekonstruktion
bleibt, dann wird man sich nicht der mühsamen Praxis eines Yoga, Zen, oder
einer
Meditation unterziehen, welche das Bewusstsein über das verbale Denken hinaus
transzendiert - tatsächlich über das Wachen, Träumen und den Tiefschlaf hinaus,
was etwas ist was Dekonstruktion nicht nur nicht leisten kann, sondern sich
noch
nicht einmal vorstellen kann. Doch bevor Sie sich nicht einem Yoga unterziehen,
in welchem Sie bewusst bleiben während des Wachzustandes, des Traumzustandes
und
des traumlosen Tiefschlafes, bleinen Sie lediglich mit dem oberflächenhaften
Wachzustand identifiziert, und Sie manipulieren linguistische Signifikanten in
diesem Zustand, und glauben dass diese „Dekonstruktion“ auf irgendeine Weise
Samsara dekonstruiert, währenddessen sie einfach nur ein ziemlich
oberflächliches Bewusstsien manipuliert, und nicht zu den tieferen Ursachen des
Leidens führt, wie der Anhaftung an den Zustand des Wachbewusstseins.
Dekonstruktion ist etwas was das Ego im Wachzustand tut, um am Ego
festzuhalten.
Shambhala: Das habe ich verstanden. Zum nächsten Punkt: meistens ziehen die
Postmodernisten keine Vergleiche zu den grossen Weisheitstraditionen oder der
ewigen Philosophie, sondern greifen diese heftig an und bezeichnen sie als
unterdrückend. Was die ewige Philosophie angeht, haben Sie sie ja auch hart
kritisiert, warum dann ihre Kritik an den Postmodernisten was diesen Punkt
angeht?
KW: Das ist richtig. Oder, genauer, ich versuche beides im Auge zu behalten,
die
Stärken und die Schwächen der ewigen Philosophie, wohingegen die meisten
Postmodernisten (einschliesslich der postmodernen Transpersonalisten) darin
nicht viel mehr als Müll sehen. Die Stärken der grossen Weisheitstraditionen
sind zahlreich, und beinhalten die Tatsache des Auftretens einiger der grossen
Pioniere der höheren Zustände und Stufen der Bewusstseinsentwicklung, und als
solche verdienen sie eine ganz grosse Ehre und Respekt. Weiterhin, im Hinblick
auf die zeitlose Natur oder die zeitlose Dimension des GEISTES, waren diese
Pioniere die ersten die zu diesem ewigen Zustand erwachten, und dies ist eine
ehrfurchtgebietende Vollendung, auf die die einzig angemessene Antwort in
meinen
Augen eine tiefe und bescheidene Verbeugung darstellt, etwas was das starke
postmoderne Ego niemals in Erwägung ziehen würde.
Die Mängel sind jedoch ebenso zahlreich: die ewige Philosophie wurde
normalerweise in statischen und fixierten Form formuliert anstatt in
dynamischen
Prozessen; die psychologischen und kosmologischen Hierarchien waren oft zu
starr; die Evolution über geologische und phylogenetische Zeiträume wurde nicht
verstanden; die Archetypen wurden daher als unveränderliche Formen und nicht so
sehr als kosmische Gewohnheiten definiert; die Quadranten wurden nicht
ausreichend verstanden; und so weiter. Kritik an der ewigen Philosophie findet
sich in fast allen meinen Büchern (siehe, z.B., Integral Psychology, One Taste,
die Einführungen zu den Collected Works Bände 1,2,4,7, und 8, veröffentlicht
auf
dieser WebSeite).Was ich im Grunde versucht habe ist, die zeitlose Weisheit der
grossen prämodernen Traditionen zu nehmen, und die ergänzenden Wahrheiten der
Moderne und der Postmoderne hinzuzufügen, damit wir etwas haben was einer
integraleren Sicht nahekommt, welche die Wahrheiten all dieser grossen Epochen
umarmt; prämodern, modern und postmodern.
Shambhala: Sie erwähnten eine vierte Gruppe in der allgemeinen transpersonalen
Bewegung.
KW: Die vierte Gruppe ist der integrale Ansatz. Diese Schule behauptet, dass
sie
das Wesenliche aller anderen Schulen beinhaltet („transzendiert und
einschliesst“), doch genau das wird von den anderen Schulen heftig bestritten.
Dennoch, der integrale Ansatz berücksichtigt das magisch-mythische, die
postmoderne Wende, die Wichtigkeit aussergewöhnlicher Zustände, mit Strukturen,
Stufen, Bereichen, Linien, Quadranten usw. Aus diesem Grund hat der integrale
Ansatz nachweisbar verschiedene Brücken zum Mainstream gebaut, und eine
bescheidene Akzeptanz diesbezüglich erreicht. Sie finden eine Aufstellung von
integralen Psychologen, oder denjenigen die einem integralen Ansatz folgen, in
„A Summary of My Psychological Model“, veröffentlicht auf dieser WebSite.
Shambhala: Aber die integrale Schule ist doch diejenige mit der Sie jetzt
verbunden sind, und dennoch sagen sie dass sie nicht wirklich Teil der
transpersonalen Bewegung ist.
KW: Das ist richtig. Meiner Meinung nach beinhaltet die Integrale Psychologie
mehr als jede der traditionellen Schulen der Transpersonalen Psychologie,
weshalb sie nicht mehr der transpersonalen Bewegung angehört. Wir bezeichnen
sie
normalerweise auch nicht mehr als eine „Psychologie“, sondern einfach als den
integralen Ansatz, da er im wesentlichen aus „alle Quadranten, alle Ebenen,
alle
Linien, alle Zustände, usw“ besteht. And das geht weit über jede Form von
Psychologie hinaus.
Shambhala: Sie glauben ja dass die Psychologie sowieso am ende ist.
KW: Als eine wissenschaftliche Disziplin ja. Schon seit fast zehn Jahren. Sie
wird einfach nicht mehr ernst genommen ausserhalb des immer kleiner werdenden
Kreises der eigenen Anhänger. Es ist eine „verstaubte Disziplin“ geworden. Sie
wurde bei lebendigem Leibe verspeist durch die wissenschaftlichen Ansätze der
rechtsseitigen Quadranten (wie z.B. der kognitiven Wissenschaft), und
dekonstruiert und auseinandergenommen durch das gemeine grüne Meme [mean green
meme] der linksseitigen Quadranten. Sie scheint in den letzten Zügen zu liegen.
Shambhala: Sie beschreiben deses Situation, und mögliche Gegenmittel, in „Der
Tod der Psychologie und die Geburt des Intergralen [The Death of Psychology
and
the Birth of the Integral,]“ dem ersten Abschnitt von „An Introduction to My
Psychological Model,“ veröffentlicht auf dieser Homepage.
KW: Ja
Shambhala: Ist das der Grund, warum Sie als beratender Mitherausgeber des
Journal of Transpersonal Psychology zurückgetreten sind?
KW: Ja. Sehen Sie, der Punkt hinsichtlich dieser vier Gruppen ist einfach der,
dass sie , von wenigen Ausnahmen abgesehen nicht nur nicht vorankommen, sondern
dass sie auch untereinander unter ihren eigenen Abhängigkeiten leiden - und
alle
sind sich darin einig dass dies der Fall ist. Wenn z.B. die Gruppe der alten
Stammesmythologie einem New-Age Vertreter auf einer ihrer Konferenzen das Wort
erteilt, dann wird die Zuhörerschaft sehr ärgerlich. Wenn auf einer integralen
Konferenz postmoderne Pluralisten oder Repräsemtanten des grünen Meme versuchen
die Diskussion mit endlosen Verfahrensfragen zu dominieren, langweilt sich die
Zuhörerschaft sichtbar. Keine der vier Gruppen hat den anderen etwas
anzubieren,
ausser Irritationen.
Shambhala: Kein Wunder dass es bisher keinen transpersonalen Ansatz gegeben
hat,
auf den sich die einzelen Richtungen einigen können und dem sie zustimmen.
KW: Ich denke das stimmt. Jede Richtung hat ihren eigenen Ansatz und ihre
eigene
Theorie. Tatsächlich sind die verschiedenen Gruppierungen in verschiedenen
Ebene
des Bewusstseins verankert, warum sie sich aller Wahrschaeinlichkeit nach nie
einigen werden. Das magisch-mythische Modell ist überwiegend rot/blau; das
postmoderne Modell ist überwiegend grün; und das Modell der veränderten
Bewusstseinszustände hat Zugang zu höheren, transmentalen, subtilen und
kausalen
Zuständen (jedoch ohne die entsprechenden Strukturen). Dies ist der Grund
warum,
meiner Meinung nach, nur wenige von ihnen sich einer unvoreingenommenen
Forschung öffnen - sie ignorieren einfach das was nicht in das ihrem Modell
entsprechende Paradigma passt, welches wiederum in ihrer eigenen persönlichen
Ebene der Entwicklung gegründet ist. Anstatt den Versuch zu unternehmen die
unterschiedlichen Ansätze und Paradigmen zu integrieren - was ein Erwachen zum
eigenen vollen Potenzial voraussetzt, welches den Paradigmen als Ganzes
zugrundeliegt - tendieren sie dazu die anderen als „alte Paradigmen“ oder
„patriarchalisch“ oder „wertlos“ oder was nicht noch alles abzuwerten. Daher
sind diesem ideologischen Krieg nur sehr wenige integrative Ansätze
entsprungen.
Dies ist einer von vielen Gründen, warum alles was mit dem Etikett
„transpersonal“ versehen ist, keine Chance für eine finanzielle Unterstützung
hat, weil die begabtesten Forscher und Professoren schon vor langer Zeit
aufgrund einfacher ökonomischer Notwendigkeit das Feld verlassen haben.
Shambhala: Worin besteht denn nun die Lösung?
KW: Nun, ich denke zuallererst sollte jede der vier Gruppen einfach ihren Weg
gehen. Ich glaube das deshalb, weil, wie die Gruppen selber sagen, jede von
ihnen im Kern verletzt wird durch die Verbindung mit den anderen. Wenn Du z.B.
den Mainstream erreichen willst, kannst Du nicht einfach zu Harvard gehen mit
einer Psychologie die New-Age Kristalle beinhaltet; auf der anderen Seite, wenn
du die New-Age Anhänger erreichen willst, dann werden Harvard Professoren,
welche auf empirischer Evidenz besteht, das ganze Vorhaben ruinieren, weil ihr
„Skeptizismus“ und ihr „Unglauben“ einen bestimmten Gruppenenthusiasmus
verhindern wird. Man kann einfach nicht überzeugend die Ergebnisse eines
psychedelischen Drogenexperimentes dem Mainstream nahebringen, weil der
Mainstream diese Art von Spiritualität als drogeninduzierte Halluzinationen
abtun wird, was das ganze Forschungsfeld lahmlegt, und so weiter. Das alles ist
meiner Meinung nach sehr schade, aber so liegen die Dinge nun einmal, eine
Realität die von dem Bereich hartnäckig ignoriert wurde, was letztlich zu
seinem
Untergang führte.
Jede dieser Richtungen wird von den anderen beschädigt, deswegen sage ich,
lasst
uns mit diesem gegenseitigen Verletzen aufhören. Es ist zeit für eine gesunde
Differenzierung (auf dem Weg zu einer höheren Integration, einem wirklich
integralen Ansatz). Anstatt zu versuchen alle vier Ansätze unter dem gleichen
Dach zu vereinigen - wo sie sich untereinander bekriegen - sollten jeder
zuerst
für sich bleiben, und sich darauf konzentrieren was er am besten kann, ohne
Beeinträchtigung durch die anderen. Das scheint mir ein wesentlich gesünderes
Vorgehen zu sein. Ich wünsche diesem Forschungsbereich das Allerbeste, doch ich
habe kein Verlangen an dieser Selbstbeschädigung teilzunehmen. Wie ich schon
sagte, glaube ich dass alle vier Ansätze etwas sehr wichtiges anzubierten
haben,
und sie alle brauchen etwas Bewegungsfreiheit um ihre Ressourcen zu sammeln,
und
das ist es was sie tun sollten.
Und dann, wenn es soweit ist, emergiert ein wahrhaft integraler Ansatz. Ein Weg
auf dem alle vier Ansätze systematisch berücksichtigt werden wird sichtbar (das
heisst, ein systematisches Vorgehen welches sie alle
differenziert-und-integriert - und, das Wichtigste, - unter Einschluss der
konventionellen Lehre). Ich habe einen derartigen Ansatz in Integral Psychology
vorgestellt, aber es gibt sicher noch viele andere. Wir werden sehen. Doch zu
Zeit befindet sich das Forschungsfeld in einer Selbstzerfleischung, von der
grösseren Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, und der integrale Ansatz ist
dabei sich aus dieser unglücklichen Stimmungslage herauszudifferenzieren. Ich
sehe einfach keinen aderen Weg, wie man hier vorgehen könnte.
BITTE LÄCHELN
Shambhala: Diese Differenzierung von der transpersonalen Bewegung scheint ein
Teil einer grösseren Bewegung in ihrer gesamten theoretischen Arbeit zu sein.
Indem Sie mehr und mehr Bereiche in einem integralen Ansatz „transzendieren und
beinhalten", scheint für Sie immer mehr die Notwendigkeit zu bestehen, sich von
engeren und weniger umfassenden Ansätzen zu unterscheiden. Bei ein paar
Gelegenheiten in ihren späteren Schriften tun sie dies in polemischer Form, was
uncharakteristisch für ihr Werk als Ganzes ist. Denken Sie an eine
Überarbeitung
dieser Passagen?
KW: Die polemischen Anmerkungen in Eros, Kosmos, Logos?
Shambhala: Ja. Warum haben Sie sie in das Buch mitaufgenommen? Es gibt Gerüchte
dass die polemischen Anmerkungen in der Entwurfsfassung nicht enthalten waren.
KW: Das ist richtig, sie waren dort nicht enthalten. Ich bin durch einen sehr
schwierigen Entscheidungsprozess hindurchgegangen, ob ich sie aufnehmen sollte
oder nicht. Ich habe über ein dutzend Freunde und Kollegen befragt. Die
Empfehlung lautete beinahe einmütig, die Anmerkungen in das Buch aufzunehmen.
Die Idee dahinter bestand darin, das Feld wachzurütteln und den Prozess der
Differenzierung zu beginnen (auf dem Weg zu einer höheren Integration). Roger
Walsh unterrichtete zu dieser zeit ein Seminar an der University of California,
Irvine, und er verwendete den zweiten Entwurf von EKL als einen Text für die
Klasse - denjenigen mit den polemischen Anmerkungen - und so konnte ich diese
Studenten als eine Testgruppe sehen. Nach dem Ende des ersten Kapitels stimmte
die Gruppe beinahe einmütig dafür, die Anmerkungen herauszunehmen - sie waren
zu
provozierend. Doch am Ende des Buches stimmten sie - wieder beinahe einmütig -
dafür die Anmerkungen drin zu lassen - sie erkannten genau was mein Anliegen
war. Das war sehr interessant. Und am Ende entschied ich mich dafür die
Anmerkungen im Buch zu lassen.
Shambhala: Was war dann Ihr Anliegen? Erklären Sie uns das bitte.
KW: Nun, es gibt verschiedene Wege um das zu erklären (oder, wie meine Kritiker
sagen würden, es zu rationalisieren), doch am einfachsten geht es mit
Verwendung
von Spiral Dynamics [für eine kurze Erläuterung von Spiral Dynamics siehe der
Abschnitt weiter unten, „Spiral Dynamics und die Wellen der Existenz"]. Einfach
gesagt waren die Anmerkungen eine 2.-Rang [second-tier] Kritik an dem grünen
Meme des 1.-Ranges, mit der Absicht den Lesern die Unterscheidung zu
erleichtern
- Leser konnten so klar erkennen mit welchem Meme sie sich identifizierten:
grün
oder türkis. Und die Antworten die ich bekam machten es sehr deutlich aus
welcher Richtung die Menschen kamen: entweder eine sehr wütende grüne Reaktion,
oder eine sehr sympathische türkise Zustimmung. Grün schoss zurück, in der
gleichen Boshaftigkeit meiner Attacke, und das war ziemlich „cool"; und türkis
schrieb mir tonnenweise Lob und Zustimmung. Das Thema wurde aus diesem Grund
sehr kontrovers diskutiert, mit massivem grünen Ärger und gleichermassen
grossem
türkisem Lob. Gleichzeitig war dies ein Wendepunkt für diesen Bereich, weil
niemand jemals wieder annehmen würde, dass grün und türkis dem gleichen Lager
angehören würden - dies sind zwei sehr unterschiedliche Herangehensweisen an
Themen wie Bewusstsein, Geschichte, Wirklichkeit und Spiritualität. Natürlich,
nach Spiral Dynamics wird grün von türkis transzendiert und beinhaltet, ein
Standpunkt den ich immer vertreten, und in den Anmerkungen auf die Spitze
getrieben habe, und genau dagegen hat grün so wütend reagiert. Doch all dies
wurde erst durch die Anmerkungen sichtbar, und ich glaube nicht dass ich dies
auf eine andere Art hätte erreichen können.
Shambhala: Nun ja, doch ihre Kritiker sagen, dass diese polemischen Anmerkungen
- tatsächlich sind es ja nicht so viele, vielleicht ein oder zwei Dutzend aus
über eintausend - doch sie sagen dass diese Bemerkungen zeigen dass Sie von
natur aus polemisch, wütend, arrogant... und dickköpfig seien.
KW [lacht] Schauen sie, Ich behaupte nicht dass ich von all dem frei bin. Ich
nehme mal an dass ich genauso verkorkst bin wie jeder andere auch. Doch was die
Kritiker sagen würde stimmen, wenn all die Polemik auch in dem ersten Entwurf
enthalten gewesen wäre, dass all dies aus mir herausgekommen wäre, ohne dass
ich
etwas dagegen hätte machen können. Doch die Anmerkungen waren nicht im ersten
Entwurf enthalten; sie wurden in den zweiten Entwurf aufgenommen nach einer
langen und behutsamen Abwägung mit verschiedenen anderen Wissenschaftlern. Dies
war kein hitzköpfiger Ausbruch. Wenn dies für mich charakteristisch wäre, dann
würden Sie Tonnen von Polemik in meinen früheren Büchern finden, wohingegen
tatsächlich, worauf viele Menschen hingewiesen haben, es keinen einzigen
polemischen Satz in einem meiner etwa ein Dutzend vorausgehenden Bücher zu
finden ist.
Shambhala: Heisst dass dann dass Sie überhaupt nicht wütend waren als Sie diese
Anmerkungen schrieben?
KW: Nein, dass möchte ich damit nicht sagen. Ich sage, dass unter jeden anderen
Umständen ich die Wut aus diesen Anmerkungen herausgenommen hätte, weil sie
einfach nicht in ein wissenschaftliches Werk hineingehört, doch in diesem Fall
entschied ich mich, sie drin zu lassen. Es gibt eine Atmophäre von Zorn und
Schmerz die EKL durchdringt, ebenso wie Eine kurze Geschichte des Kosmos und
Das
Wahre, Schöne, Gute - meine Studenten nennen dies die „zornige Periode" [siehe
die Einführung zu den CW 6, veröffentlicht auf dieser Internet-Seite] - zornig
darüber was der extreme, dekonstruktive Postmodernismus und das gemeine grüne
Meme [mean green meme] den kulturellen Studien, der Spiritualität und der
Erziehung im allgemeinen angetan haben, den konventionellen wie auch den
alternativen Richtungen. [Siehe die Einführung zu den CW 8, veröffentlicht auf
dieser Internet-Seite.] All dies habe ich in einem anderen Buch während dieser
Zeit, Boomeritis, beschrieben.
Shambhala: Okay, doch ihre Kritiker sagen ja auch, dass ihre Botschaft
wesentlich besser gehört und aufgenommen worden wäre, wenn Sie sie etwas
behutsamer vermittelt hätten.
KW: Das kann ich gut verstehen, doch das ist genau der Punkt den ich bezweifle.
Diese Art einer integralen Botschaft ist ja nicht nur von mir in meinen
früheren
Büchern vermittelt worden, sondern auch von grossen integralen Schriftstellern
von James Mark Baldwin über Jean Gebser zu Michael Murphy. Und diese integrale
Botschaft ist praktisch über mehrere Jahrzehnte ignoriert worden, während die
grosse Menge der akzeptierten Paradigmen magisch/mythischer Art waren
(purpur/rot), sich auf aussergewöhnliche Zustände bezogen, oder
postmodernistisch waren (grün), die drei Untergruppen die ich oben beschrieben
habe, ohne jegliches Verständnis bezüglich einer Integration in einer
umfassenden Synthese - worin ja schon eine scharfe Kritik an der Beschränktheit
jedes einzelnen Ansatzes für sich genommen begründet ist, genau das also was
ich
in den Anmerkungen ausgedrückt habe. Manchmal wird das Rad, welches am
lautesten
quietscht, zuerst geschmiert, und die Anmerkungen waren in dieser Hinsicht sehr
geräuschvoll, und bekamen sehr viel Schmiere. Dies hat die Thematik nach vorne
gebracht, und schliesslich haben die positiven Auswirkung die negativen mehr
als
aufgewogen.
Shambhala: Ein kurze Geschichte des Kosmos und Das Wahre, Schön, Gute enthalten
ein paar wenige polemische Sätze, doch all ihre nachfolgenden
wissenschaftlichen
Bücher wie z.B. Naturwissenschaft und Religion, Integral Psychology und A
Theory
of Everything waren frei von jeglicher Polemik. Es sieht so aus als wären Sie
zu
ihrer typischen Schreibweise zurückgelehrt.
KW: Mit einer Ausnahme. Wie ich kurz erwähnte, schrieb ich in dieser Zeit noch
ein etwas polemisches Buch, ein Buch mit dem Titel Boomeritis. Und ich hoffe
dass mein Stil weiterhin scharf und schneidend sein kann, falls notwendig,
vielleicht auch witzig, an einem guten Tag, wenngleich auch nicht gemein oder
böse, was ganz bestimmt nicht mein Absicht ist.
Shambhala: Wann erscheint Boomeritis?
KW: Shambhala wird das Buch im Herbst 2001 herausbringen. Unter dem
Bevölkerungsanteil, welcher dem grünen Meme angehört, wird dieses Buch ganz
sicher meinen Ruf als ein absolut arroganter, scheusslicher, dominierender
Mensch zementieren... nun, wie Sie sagen, dickköpfig.
Shambhala: Genau das ist unser Eindruck von Ihnen.
KW: [lacht] Ja, herzlichen Dank.
Shambhala: Wir sollten noch erwähnen dass Sie eine Überarbeitung von EKL
vorgenommen haben - 50 neue Textseiten und 6 neue Diagramme - verfügbar [auf
englisch, (noch) nicht auf deutsch] als Band 6 der Gesammelten Werke, und als
Einzelausgabe im Taschenbuch.
KW: Ja, für die Gesammelten Werke habe ich überarbeitete zweite Auflagen
erstellt von EKL, Eine Kurze geschichte des Kosmos, und Das Wahre, Schöne,
Gute.
Sie werden alle [auf englisch] als Taschenbuch erscheinen.
Shambhala: Okay, kommen wir zurück auf die Spannungen zwischen grün und türkis,
oder zwischen grün und dem zweiten Rang. Wie sehen Sie das? Und warum ist es
wichtig?
KW: In Integral Psychology präsentiere ich Übersichten, welche die Arbeit von
über 100 Entwicklungspsychologen zusammenfassen, aus Ost und West, aus früheren
Zeiten, modern und postmodern. Spiral-Dynamik ist nur einer dieser 100, doch
ich
verwende es in letzter Zeit ziemlich oft weil es einfach und leicht zu
verstehen
ist, auch für Anfänger. Basierend auf intensiven Forschungen, begonnen von
Clare
Graves, sieht Spiral-Dynamik (entwickelt von Don Beck und Christopher Cowan)
die
Entwicklung oder Evolution der Menschen durch acht grosse Wellen des
Bewusstseins. Der Einfachheit halber werde ich meine Zusammenfassung aus A
Theory of Everything hier wiedergeben (diejenigen die mit Spiral-Dymanik
vertraut sind können direkt zu Teil II des Interviews gehen: „Das grüne Meme").
SPIRAL-DYNAMIK UND DIE WELLEN DER EXISTENZ
Die ersten Ebenen sind Ebenen des „Existenzminimum", gekennzeichnet durch ein
„Denken des ersten Ranges" [first-tier thinking]. Dann folgt eine evolutionäre
Verschiebung im Bewusstsein: die Emergenz des „Denken des zweiten Ranges"
[second-tier thinking], mit zwei Hauptwellen. Es folgt nun eine kurze
Beschreibung aller acht Wellen, mit Prozentsatzangaben der Weltbevölkeurng
jeder
Welle, und dem Prozentsatz der sozialen Macht, die von jeder Welle gehalten
wird.
1. Beige: Archaisch-Instinktiv. Die Ebene des Basis-Überlebens; Nahrung,
Wasser,
Wärme, Sex und Sicherheit haben Vorrang. Benutzt Gewohnheiten und Instinkte zum
Überleben. Ein klar unterschiedenes Selbst ist kaum erwacht, oder wird
aufrechterhalten. Organisiert in Überlebensgruppen, für die Aufrechterhaltung
des Lebens.
Vorkommen: Frühe menschliche Gesellschaften, Neugeborene, senile Alte,
Alzheimer
Patienten im Spätstadium, verwirrte Obdachlose, Hungernde Massen,
Explosionsschockopfer. Etwa 0,1% der erwachsenen Bevölkerung, 0% Macht.
2. Purpur: Magisch-Animistisch. Animistisches Denken; magische Geister, gut und
böse, umschwärmen die Erde und verteilen Segen, Verwünschungen und
Zaubersprüche
welche Ereignisse bestimmen. Organisiert in ethnischen Stämmen. Die Geister
exisistieren in den Ahnen und verbinden den Stamm. Verwandschaft und Nachfolge
etablieren politische Verbindungen. Klingt „holistisch", ist jedoch
atomistisch:
„jede Krümmung des Flusses hat einen Namen, aber der Fluss selbst hat keinen".
Vorkommen: Glaube an Voodoo-ähnliche Verfluchungen, Blutschwüre, den Groll der
Ahnen, Glückstalisman, Familienrituale, magisch-ethnische Überzeigungen und
Aberglaube; verbreitet in der Dritten Welt, in Gangs, Sportmannschaften, und
organisieretn „Stämmen". 10% der Bevölkerung, 1% der Macht.
3. Rot: Machtgötter. Erstes Emergieren eines Selbst welches sich vom Stamm
unterscheidet; machtvoll, impulsiv, egozentrisch, heroisch. Magisch-mythische
Geister, Drachen, wilde Tiere, und kraftvolle Menschen. Archetypische Götter
und
Göttinnen, machtvolle Wesen, Kräfte die wirken, gut und böse. Feudalherrscher
beschützen Untergebene im Ausgleich für Gehorsam und Arbeit. Die grundlage
feudaler Imperien - Macht und Ruhm. Die Welt ist ein Dschungel voller Gefahren
und Raubtiere. Eroberer, Trickser und Herrscher; das Selbst in vollen Zügen
geniessen, ohne Bedauern oder Reue; sei jetzt hier.
Vorkommen: Die „schrecklichen zwei" [„terrible twos"], regellierende Jugend,
Grenzen-Mentalität, feudale Königreiche, epische Heroen, James Bond Bösewicht,
Anführer von Gangs, Glücksritter, New-Age Narzissmus, wilde Rockstars, Attila
der Hunnenkönig, Der Herr der Fliegen [Lord of the Flies]. 20% der Bevölkerung,
5% der Macht.
4. Blau: Mythische Ordnung. Leben hat Sinn, Richtung und Zweck, mit Ergebnissen
welche durch ein allmächtiges Anderes oder eine Ordnung bestimmt werden. Diese
selbstgerechte Ordnung erzwingt Verhaltensregeln basierend auf absolutistischen
und unveränderlichen Prinzipien von „richtig" und „falsch". Das Verletzen
dieser
Regeln hat schwerwiegende, vielleicht auf ewig andauernde Konsequenzen. Das
Befolgen der Regeln bringt Belohnungen für die die daran glauben. Grundlage der
Nationen der Antike. Starre soziale Hierarchien; paternalisitisch; ein einziger
- und nur ein eiziger - Weg wie die Dinge zu betrachten sind. Recht und
Ordnung;
Kontrolle von Impulsivität durch Schuld; wortwörtlicher und
fundamentalisitscher Glaube; Gehorsam gegenüber den Gesetzmässigkeiten der
Ordnung; stark konventionell und konformistisch. Oft „religiös" oder „mythisch"
(im Sinne der mythischen Gruppenzugehörigkeit; Graves und Beck bezeichnen es
als
die heilig/absolutistische Ebene), kann sich jedoch auch auf eine sekuläre oder
atheistische Ordnung oder Aufgabe beziehen.
Vorkommen: puritanisches Amerika, konfuzianisches China, Dickensianisches
England, Singapur Disziplin, Totalitarismus, Kodex der Ritterlichkeit und Ehre,
wohltätiges Handeln, religiöser Fundamentalismus (z.B. Christentum und Islam),
Pfadfinder, „moralische Mehrheit", Patriotismus. 40% der Bevölkerung, 30% der
Macht.
5. Orange: wissenschaftliches Erreichen. Auf dieser Welle „flüchtet" das Selbst
aus der „Herdenmentalität" von blau, und strebt auf individuelle Art und Weise
nach Wahrheit und Bedeutung - hypothetisch-deduktiv, experimentell, objektiv,
mechanistisch, operational - im typischen Sinne „wissenschaftlich". Die Welt
ist
eine rationale und gut geölte Maschine mit natürlichen Gesetzen welche erlernt,
gemeistert und für die eigenen Zwecke gehandhabt werden können. Sehr auf
Zielerreichung ausgerichtet, speziell (in Amerika) auf materielle Ziele hin.
Die
Gesetze der Wissenschaft steuern die Politik, die Wirtschaft, und menschliche
Ereignisse. Die Welt ist ein Schachbrett auf dem Spiele gespielt werden, bei
denen die Gewinner Vorrang und Vergünstigungen gegenüber den Verlierern
erhalten. Martwirtschaft; Manipulation der Ressourcen der Erde für die eigenen
strategischen Ziele. Grundlage der korporativen Staaten.
Vorkommen: Die Aufklärung, Ayn Rand's Atlas Shrugged, Wall Street, aufstrebende
Mittelklasse auf der ganzen Welt, Kosmetikindustrie, Trophäenjagd,
Kolonialismus, der Kalte Krieg, Modeindustrie, Materialismus, säkularer
Humanismus, liberales Eigeninteresse. 30% der Bevölkerung, 50% der Macht.
6. Grün: Das Sensitive Selbst. Gemeinschaftlich, menschliche Bindungen,
ökologische Sensitivität, Vernetzung. Der menschliche Geist muss befreit werden
von Gier, Dogma und der Tendenz alles zu unterteilen; Gefühle und Fürsorge
treten an die Stelle von kalter Rationalität; liebevolles Sorgen für die Erde,
Gaia, das Leben. Gegen Hierarchie; etabliert gleichrangige Bindungen und
Verbindungen. Das durchlässige Selbst, relationale Selbst, Vernetzung von
Gruppen. Betonung auf Dialog, Beziehungen. Basis der Wertegemeinschaften (d.H.
frei wählbare Zugehörigkeit auf der Basis gemeinsam geteilter Neigungen).
Entscheidungsfindung durch Schlichtung und Konsens (Nachteil: endlose
Verfahrensdiskussionen und Unfähigkeit Entscheidungen zu treffen). Anregung der
Spiritualität, harmoniebringend, Bereicherung des menschlichen Potentials.
Stark
egalitär, antihierarchisch, pluralitische Werte, soziale Konstruktion der
Wirklichkeit, Vielheit und Verschiedenheit, multikulturell, relativistische
Wertesysteme; diese Weltsicht wird oft auch pluralistischer Relativismus
genannt. Subjektiv, nichtlineares Denken; zeigt vermehrt gefühlsmässige Wärme,
Sensitivität und Fürsorge, für die Erde und alle ihre Bewohner.
Vorkommen: Tiefenökologie, Postmodernismus, niederländischer Idealismus;
Rogerianische Beratung [Rogerian Counseling], Canadisches Gesundheitssystem,
humanistische Psychologie, Befreiungstheologie, gemeinschaftliche
Untersuchungen, Weltkonzil der Kirchen, Greenpeace, Tierschutz, Ökofeminismus,
Post-Kolonialismus, Foucault/Derrida, politische Korrektheit, Bewegungen der
Vielfalt, Menschenrechtsfragen, Ökopsychologie. 10% der Bevölkerung, 15% der
Macht. (Hinweis: dies sind 10% der Weltbevölkerung. Don Beck schätzt, dass etwa
20-25% der amerikanischen Bevölkerung grün ist.)
Mit dem Erreichen des grünen Meme ist das menschliche Bewusstsein bereit für
einen Quantensprung in das „zweite-Rang Denken" [„second-tier thinking"]. Clare
Graves bezeichnet dies als einen „bedeutungsvollen Sprung", wo „eine Kluft
unvorstellbarer Tiefe überwunden wird". Im Wesentlichen erlaubt einem das
zweite-Rang Denken vertikal und horizontal zu denken, unter Verwendung von
Hierarchien wie auch Heterarchien (beide unterscheidend und verbindend). Zum
erstenmal ist man in der Lage, anschaulich und lebendig das gesamte Spektrum
der
inneren Entwicklung zu erfassen, und so erkennen, dass jede Ebene, jedes Meme,
jede Welle entscheident wichtig für die Gesundheit der gesamten Spirale ist.
Mit meinen Worten, jede Welle ist ein „Transzendieren und Beinhalten." Das
bedeutet, jede Welle geht über ihren Vorgänger hinaus (oder transzendiert), und
beinhaltet oder umarmt ihn auf ihre eigene Art und Weise. Eine Zelle z.B.
transzendiert und beinhaltet Moleküle, welche Atome transzendieren und
beinhalten. Die Feststellung dass Moleküle über ein Atom hinausgehen bedeutet
nicht dass Moleküle Atome hassen, sondern dass sie sie lieben: sie umfangen sie
auf ihre Art und Weise; sie beinhalten sie, ohne sie zu vernachlässigen. Genau
so ist jede Welle der Existenz ein fundamentaler Bestandteil aller
nachfolgenden
Wellen, und daher sollte jede gewürdigt und umarmt werden.
Weiterhin kann jede Welle für sich aktiviert oder reaktiviert werden, sollten
die Lebensumstände dies fordern. In Notfallsituationen können wir den roten
Kraftantrieb aktivieren; als Antwort auf das Chaos müssen wir vielleicht die
blaue Ordnung aktivieren; bei der Suche nach Arbeit benötigen wir vielleicht
unseren orangenen Zielerreichungsantrieb; in Liebesbeziehungen und mit Freunden
nahe grüne Beziehungsfähigkeiten. All diese Meme haben etwas wichtiges
beizutragen.
Doch was keines der ersten-Rang Meme für sich tun kann, ist die volle Würdigung
der Existenz der anderen Meme. Jedes der ersten-Rang Meme denk dass seine
Weltsicht die richtige oder beste Perspektive ist - und reagiert negativ wenn
diese Sicht angegriffen wird; es schlägt zurück, unter Verwendung der eigenen
Werkzeuge, wann immer es sich bedroht sieht. Blaue Ordnung fühlt sich sehr
unwohl mit der roten Impulsivität und dem orangenen Individualismus. Oranger
Individualismus denkt dass blaue Ordnung etwas für Daumenlutscher ist und dass
grüner Egalitarismus schwach und wachsweich ist. Grüner Egalitarismus tut sich
schwer mit Elitedenken und Wertunterscheidungen, grossen Weltsichten,
Hierarchien, oder irgendetwas was autoritär erscheint, und daher reagiert grün
stark auf blau, orange und alles Post-Grüne.
All dies beginnt sich mit dem Denken des zweiten Ranges zu verändern. Weil das
zweite-Rang Bewusstsein sich der inneren Stufen der Entwicklung voll bewusst
ist
- auch wenn es sie nicht in technischen Formulierungen artikulieren kann -
tritt
es einen Schritt zurück und erfasst das Gesamtbild, und deswegen würdigt das
zweite-Rang denken die notwendige Rolle die all die verschiedenen Meme spielen.
Das zweite-Rang Bewusstsein bedenkt und erfasst die gesamte Spirale der
Existenz, und betrachtet nicht nur eine der Ebenen.
Während das grüne Meme beginnt, die zahlreichen verschiedenen Systeme und
pluralistischen Kontexte die in den verschiedenen Kulturen existieren zu
erfassen (weswegen es tatsächlich ein sensitives Selbst ist, d.h. sensibel
hinsichtlich der Marginalisierung anderer), geht das zweite-Rang Denken einen
Schritt weiter. Es schaut nach den reichen Kontexten welche diese
pluralistischen Systeme verbinden und zusammenfügen, und nimmt daher die
voneinander unterschiedenen Systeme und beginnt sie zu umarmen, zu beinhalten,
und sie in einer integralen Spirale und in einem integralen Netzwerk zu
integrieren. Das zweite-Rang Denken ist, mit anderen Worten, entscheidend für
die Bewegung vom Relativismus zum Holismus, oder vom Pluralismus zum
Integralismus.
Die umfangreichen Forschungen von Graves, Beck und Cowan weisen darauf hin dass
es mindestens zwei weitere Hauptwellen in diesem integralen Bewusstsein des
zweiten Ranges gibt:
7. Gelb: Integrativ. Das Leben ist ein Kaleidoskop natürlicher Hierarchien
(Holarchien), Systeme und Formen. Flexibilität, Spontanität und Funktionalität
haben die höchste Priorität. Unterschiede und Pluralitäten lassen sich in
voneinander abhängigen, natürlichen Ströme integrieren. Egalitarismus wird
ergänzt durch natürliche Rangordnungen und Qualitäten. Wissen und Kompetenz
tritt an die Stelle von Macht, Status oder Gruppensensitivität. Die
vorherrschende Weltordnung ist das Ergebnis der Existenz von verschiedenen
Ebenen der Wirklichkeit (Memes) und der unvermeidbaren Muster der Auf- und
Abwärtsbewegungen in der dynamischen Spirale. Ein gutes Regieren erleichtert
die
Emergenz der Lebewesen durch die Ebenen fortschreitender Komplexität
(verschachtelte Hierarchien). 1% der Bevölkerung, 5% der Macht.
8. Türkis: Holistisch. Universale holistische Systeme, Holons/Wellen von
integrativen Energien; Vereinigung von Fühlen und Wissen; verschiedene Ebenen,
verwoben in ein bewusstes System. Universale Ordnung, in einer lebendigen,
bewussten Weise, nicht basierend auf äusseren Regeln (blau) oder
Gemeinschaftsverbindungen (grün). Eine „grosse Vereinheitlichung" (eine
„Theorie
von Allem" [A Theory of Everything], oder T.V.A.) ist möglich, in Theorie und
Verwirklichung. Manchmal erscheint die Emergenz einer neuen Spiritualität als
ein Netzwerk von allem was existiert. Das türkise Denken verwendet die gesamte
Spirale; sieht verschiedene Ebenen der Interaktion, findet Resonanzen und
Obertöne, die mystischen Kräfte, und die alles durchdringenden Fliess-Zustände
die jede Organisation durchdringen. 0,1% der Bevölkeurng, 1% der Macht.
Mit weniger als 2 Prozent der Bevölkerung auf dem zweiten-Rang Bewusstsein (und
lediglich 0,1% auf türkis), ist das zweite-Rang Bewusstsein relativ selten, und
stellt jetzt die Spitze der kollektiven menschlichen Evolution dar. Als
Beispiele dafür führen Beck und Cowan die Noosphäre von Teilhard de Chardin,
die
Chaos- und Komplexitätstheorien, universelles Systemdenken,
integral-holistische
Theorien, Gandhi's und Mandela's pluralistische Integration an, mit deutlich
zunehmender Tendenz, und noch höheren Memes in Aussicht...
Der Sprung zum zweiten-Rang Bewusstsein
Wie Beck und Cowan sagen, erfolgt die Emergenmz des zweiten-Rang Denkens
angesichts grosser Widerstände seitens des ersten-Rang Denkens. Tatsächlich hat
eine Version des postmodernen grünen Meme, mit seinem Pluralismus und
Relativismus, aktiv die Emergenz eines mehr integrativen und holistischen
Denkens bekämpft. Und doch bleibt ohne das zweite-Rang Denken, wie Graves, Beck
und Cowan sagen, die Menschheit ein Opfer einer globalen „Autoimmunerkrankung",
wo verschiedene Meme sich gegeneinanderstellen in dem Versuch die Vorherrschaft
zu erlangen.
Dies ist der Grund warum viele Argumente nicht wirklich eine Angelegenheit
besserer objektiver Beweise sind, sondern von der Ebene desjenigen der
argumentiert bestimmt werden. Keine noch so grosse Menge wissenschaftlicher
Beweise wird einen blauen mythologisch Glaubenden überzeugen; Keine noch so
starke grüne Verbundenheit wird eine orange Aggressivität beeindrucken; kein
türkiser Holismus wird den grünen Pluralismus verdrängen - solange bis das
Individuum bereit ist sich durch die dynamische Spirale des Bewusstseins nach
vorne zu entwickeln. Aus diesem Grund führen „cross-level" Debatten nur selten
zu einer Lösung, und alle Beteiligten fühlen sich meistens ungehört und nicht
gewürdigt.
Ebenso wird nichts, was in diesem Buch [A Theory of Everything] gesagt wird,
Sie
davon überzeugen dass eine T.O.E. [Theorie von Allem, Theory of Everything]
möglich ist, es sei denn sie haben bereits einen Tupfer der türkisen Farbe auf
Ihrer kognitiven Palette (und dann werden Sie auf fast jeder Seite des Buches
denken, „das habe ich schon gewusst! Ich wusste nur nicht, wie ich es
ausdrücken
konnte").
Wie wir gesagt haben, leistet das erste-Rang Denken der Emergenz der
zweiten-Rang Meme generell Widerstand. Wissenschaftlicher Materialismus
(orange)
ist auf eine aggressive Weise reduktionistisch gegenüber den Gedankengebäuden
des zweiten Ranges, und versucht alle inneren Zustände auf ein objektives
neuronales Feuerwerk zu reduzieren. Mythischer Fundamentalismus (blau) ist
meistens empört gegenüber allen Bemühungen die die gegebene Ordnung in Frage
stellen. Egozentrik (rot) ignoriert den zweiten Rang überhaupt. Magie (purpur)
belegt ihn mit einem Fluch. Grün wirft dem zweiten-Rang Bewusstsein vor dass es
autoritär, starr hierarchisch, patriarchalisch, vernachlässigend,
unterdrückend,
rassistisch und sexistisch ist.
Grün hat die kulturellen Studien der vergangenen drei Jahrzehnte bestimmt. Sie
haben wahrscheinlich schon einige der Standardbegriffe des grünen Meme
wiedererkannt: Pluralismus, Relativismus, Vielfalt, Multikulturalismus,
Dekonstruktion, Anti-Hierarchie, und so weiter.
Auf der einen Seite hat der grüne pluralistische Relativismus den Bereich der
kulturellen Studien bereichernd erweitert, und so viele Menschen, Ideen und
Erzählungen mit berücksichtigt, die vorher vernachlässigt worden waren. Er hat
einfühlsam und fürsorgend agiert im Bemühen, soziale Unausgewogenheiten
auszugleichen, und jede Art von Ausschluss zu vermeiden. Er war verantwortlich
für grundlegende Initiativen für die Bürgerrechte und den Schutz der Umwelt. Er
hat starke und oft auch überzeugende Kritiken der Philosophien, der Metaphysik,
und der sozialen Praktiken der konventionellen religiösen (blau) und
wissenschaftlichen (orange) Meme entwickelt, mit ihren oftmals
ausschliessenden,
patriarchalen, sexistischen und kolonialistischen Programmen.
Auf der anderen Seite, so effektiv diese Kritik an den prä-grünen Stufen auch
waren, grün hat versucht seine Kanonen auch auf die post-grünen Stufen
gerichtet, mit sehr unglücklichen Ergebnissen. Dies hat es sehr schwierig, und
oft unmöglich für grün gemacht, hin zu mehr holistischen, integralen Modellen
voranzuschreiten.
Weil der pluralistische Relativismus (grün) über den mythischen Absolutismus
(blau) und die formale Rationalität (orange) hinausgeht, zu reichhaltigen
Strukturen individualistischer Kontexte, ist eines seiner definierenden
Charakteristika sein starker Subjektivismus. Das bedeutet dass seine Zustimmung
zu dem was wahr und gut ist überwiegend von individueller Neigung bestimmt ist
(solang das Individuum nicht andere verletzt). Was wahr für Dich ist, ist nicht
notwendigerweise wahr für mich; was richtig ist ist einfach das worüber
Individuen oder Kulturen zu einem gegebenen Moment übereinstimmen; es gibt
keinen universellen Anspruch für Wissen oder Wahrheit; jeder Mensch ist frei
seine eigenen Werte zu finden, welche niemanden anderen auf irgeneine Weise
binden. „Du machst Dein Ding, ich mache meines" ist eine populäre
Zusammenfassung dieses Standpunktes.
Dies ist der Grund warum das Selbst auf dieser Stufe ein wirklich „sensitives
Selbst" ist. Genau deshalb weil es sich der vielen verschiedenen Kontexte und
verschiedenen Typen von Wahrheiten (Plurakismus) bewusst ist, lehnt es sich
zurück und lässt jede Wahrheit ihre eigene Aussage haben, ohne eine zu
vernachlässigen oder herabzusetzen. Man erkennt es an den Schagworten
„Anti-Hierarchie," „Pluralismus", Relativismus", und Egalitarismus", wann immer
Sie das Wort „Vernachlässigung" und eine Kritik daran hören, befinden Sie sich
fast immer in der Gegenwart eines grünen Meme.
Dieser noble Ansatz hat natürlich auch seine Nachteile. Besprechungen die nach
grünen Prinzipien ablaufen haben oftmals die gleiche Tendenz: jeder kann seine
Gefühle ausdrücken, was oft Stunden dauert; es gibt ein fast endloses Abfolge
von Meinungen, oftmals ohne zu einer Entscheidung zu kommen oder zu Aktionen,
weil eine bestimmte Aktionsfestlegung wahrscheinlich jemanden ausschliessen
würde. Deswegen wird immer wieder zu Einschluss, Nichtvernachlässigung und
leidenschaftlicher Umarmung aller Ansichten aufgerufen, doch wie genau das
getan
werden kann wird selten ausgesprochen, weil in der Wirklichkeit nicht alle
Ansichten von gleichem Nutzen sind. Die Besprechung gilt dann als Erfolg, nicht
wenn ein Beschluss gefunden wird, sondern wenn jeder die Gelegenheit hatte
seine
Gefühle mitzuteilen. Da keine Ansicht von Natur aus besser ist als eine andere,
werden keine konkreten Ziele und Aktionen verfolgt, ausser dass alle Ansichten
mitgeteilt werden. Wenn irgendwelche Aussagen mit Bestimmtheit getroffen
werden,
dann sind es Aussagen darüber wie unterdrückend und scheusslich all die
alternativen Konzepte sind. Es gab einen typischen Spruch in den sechzigern:
„Freiheit ist eine endlose Besprechung". Nun, das Endlose daran war sicherlich
richtig.
In der akademischen Welt ist dieser pluralistisch Relativismus die
vorherrschende Meinung. Colin McGuinn fast es wie folgt zusammen: „Folgt man
dieser Konzeption, ist das menschliche Denken von Natur aus lokal,
kulturbezogen, verwurzelt in den verschiedenen Fakten der menschlichen Natur
und
Geschichte, und eine Angelegenheit unterschiedlicher 'Praktiken' und
'Lebensformen' und 'Bezugsrahmen' und 'konzeptueller Projekte'. Es gibt keine
Regeln des Denkens, welche dasjenige transzendiert was von einer Gesellschaft
oder Epoche als akzeptiert gilt, keine objektive Rechtfertigung für
Überzeugungen die für jeden gültig wären, vor dem Hintergrund offensichtlicher
schmerzhafter Denkfehler. Gültig wird einfach als gültig genommen, und
veschiedene Menschen können legitim ganz unterschiedliche Muster dieses Nehmens
haben. Am Ende besteht die einzige Rechtfertigungen für Überzeugungen in einem
'richtig für mich'". Clare graves formuliert es so, „Dieses System sieht die
Welt relativistisch. Das Denken zeigt eine radikale, fast schon zwanghafte
Tendenz, alles von einem relativistischen, subjektiven Bezugsrahmen her zu
betrachten."
Worum es dabei geht ist vielleicht offensichtlich: weil der pluralistische
Relativismus einen ausgeprägten subjektivistischen Standpunkt darstellt, ist er
eine leichte Beute für den Narzissmus. Pluralismus wird unbewusst zu einer
Heimat für die Kultur des Narzissmus, und Narzissmus ist der grosse Verleugner
von jeder allgemeinen integralen Kultur und jeder T.O.E speziell (weil
Narzissmus sich weigert aus seinem eigenen subjektiven Orbit herauszutreten,
und
daher auch keine anderen Wahrheiten duldet als seine eigenen). Daher gehört auf
unsere Liste von Hindernissen für eine echte Theorie über Alles [Theory of
Everything] auch die Kultur des Narzissmus und die ausschliessende
Vorherrschaft
des grünen Meme...
Ende Teil I der Interviews
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