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Frank Visser gründete IntegralWorld.net 1997 (damals unter dem Namen ,,Die Welt von Ken Wilber''). Er ist der Autor der ersten Monografie über Ken Wilber und sein Werk: "Ken Wilber: Denken als Passion" (SUNY Press, 2003) und vieler Essays auf dieser Webseite.Er ist gegenwärtig Service Desk Manager für die weltweiten Sara Lee Websites bei der niederländischen Online-Werbeagentur Lost Boys.

NEUES LICHT AUF DIE
NAHTOD-ERFAHRUNG?

Die ganz besondere Forschung des niederländischen Kardiologen
Van Lommel erhält weltweite Beachtung

Frank Visser

  1. Einführung
  2. Die Nahtod-Erfahrung
  3. Parapsychologie und Transpersonale Psychologie
  4. Kritik und Erwiderungen
  5. Neue Physik, Metaphysik oder Post-Metaphysik
  6. Schlussfolgerung
    Anhang: Die Nahtod-Erfahrung von Ken Wilber

1. Einführung

Eindeloos bewustzijn2001 verursachte der niederländische Kardiologe Pim van Lommel[1] eine Sensation, als er seine Forschung über Menschen, die eine Nahtod-Erfahrung gehabt hatten (NTE), in The Lancet, dem britischen Bollwerk der regulären Medizin veröffentlichte.[2] (Klicke hier für den Originalartikel.) Seitdem ist er ein sehr nachgefragter Sprecher über dieses Thema, sowohl in den Niederlanden als auch außerhalb. Gegen Ende des Jahres 2007 publizierte er einen massiven Band (in holländischer Sprache) genannt Endloses Bewusstsein: Eine naturwissenschaftliche Sichtweise auf die Nahtod-Erfahrung.[3] Gegenwärtig erscheint es oben auf den Bestsellerlisten[4], was bemerkenswert ist für ein Buch auf dieser Ebene der Vielschichtigkeit. Doch wieder einmal ist das Leben nach dem Tod ein Thema, das jeden von uns anspricht.

In diesem Buch berichtet Van Lommel nicht nur über die von ihm durchgeführte Forschung, sondern platziert sie ebenso innerhalb des weiteren Kontextes von Naturwissenschaft und Philosophie/Religion. Er wagt sich auch an Spekulationen über die Natur des menschlichen Bewusstseins und wendet sich dafür, anderen Naturwissenschaftlern folgend, zur Quantenphysik. Am 26.März 2008 präsentierte das niederländische Fernsehen diesen Doktor/Naturwissenschaftler in einer Folge von Sendungen mit dem Titel ,,Profile'' unter dem Titel ,,Die Mission von Pim van Lommel''.[5] In diesem Dokumentarfilm wurden einige kritische Kommentare ausgestrahlt, vom Neurologen Dick Swaab. Besonders in Belgien wurde dieses Thema auf einer akademischen Ebene diskutiert, bald nach der Lancet Publikation auf einem Symposion in Leuven.[6] Im Internet können ebenso einige individuelle aber interessante Kommentare gefunden werden.[7]

Kurz ausgedrückt hat seine Forschung gemäß Van Lommel folgendes gezeigt:

  1. dass Menschen, die einen Herzstillstand erleiden und keinerlei Hirnfunktion haben, sehr klare und komplexe Erfahrungen haben können,
  2. dass menschliches Bewusstsein deshalb nicht immer identisch mit dem physischen Gehirn sein mag (im Gegensatz zu dem, was die Neurologie uns sagt) und
  3. dass dieses Bewusstsein vielleicht den Tod dieses Körpers überleben kann, wie alle Religionen der Welt es uns überbringen.

Seine Gegner bewerten das sowohl als unmöglich wie auch unwahrscheinlich. Dieses Essay enthält einige persönliche Überlegungen über Van Lommels Buch und die nachfolgenden Diskussionen.

2. Die Nahtod-Erfahrung

Jeder kennt den Ausdruck ,,Nahtod-Erfahrung'' und die berichtete Symbolik des Tunnels und des Lichts. Die Nahtod-Erfahrung existiert jedoch nicht. Es ist eine stufenweise Angelegenheit. Van Lommel sieht die folgenden späteren Elemente als charakteristisch für eine ,,komplette'' Nahtod-Erfahrung an:

  1. Unbeschreiblichkeit
  2. Ein Gefühl von Frieden und Ruhe; kein Schmerz wird erfahren
  3. Das Gewahrsein, dass man tot ist
  4. Eine Erfahrung, außerhalb des Körpers zu sein (OBE)
  5. Man weilt in einem dunklen Raum
  6. Die Tunnel-Erfahrung
  7. Eine erschreckende Nahtod-Erfahrung
  8. Die Wahrnehmung einer nicht-irdischen Umgebung
  9. Das Zusammentreffen und die Kommunikation mit Verstorbenen
  10. Die Begegnung mit einem strahlenden Licht oder einem Lichtwesen
  11. Eine zurückschauende Vision des Lebens
  12. Eine vorausschauende Vision oder ein ,,Blitz nach vorn''
  13. Die Wahrnehmung einer Grenzlinie
  14. Die bewusste Rückkehr zum Körper

Bei weitem nicht jeder mit einer Nahtod-Erfahrung erlebt alle diese Elemente. Vielleicht könnte man es mit dem Besuch in einem Schwimmbad vergleichen. Für eine Person würde eine ,,Schwimmbad-Erfahrung'' aus einem Sprung in tiefes Wasser bestehen, für irgendjemand anderen würde es nur ein kurzes Eintauchen in die Oberfläche sein, dabei stundenlang im Wasser spielend, oder über eine lange Strecke zu schwimmen. Sie haben alle das Wasser erfahren - ein nettes altes Symbol für die Astralwelt oder das Jenseits.

Was jedoch ebenso bemerkenswert ist: bei nur einer von fünf Personenn stellte sich schließlich heraus, dass sie eine mehr oder weniger vollständige Nahtod-Erfahrung hatte. Weshalb vier von fünf das nicht hatten (oder es nicht erinnern konnten) bleibt sogar in Van Lommels Forschung unerklärt. Das wichtigste Ergebnis von Van Lommels Untersuchung - tatsächlich das Fehlen eines Ergebnisses - ist, dass Menschen, die ein NTE während eines Herzstillstands hatten, nicht sehr verschieden von denen waren, denen dieses Erlebnis fehlte. Deshalb kann diese Erfahrung nicht einfach erklärt werden durch Sauerstoffmangel - eine verbreitet gehörte Erklärung, die von Skeptikern vorgetragen wird - weil alle beteiligten Personen diese Bedingung mehr oder weniger hatten.

Van Lommels Untersuchung wird als ,,vorausblickend'' bezeichnet, weil sie die beteiligten Personen in den auf ihre Erfahrungen folgenden Jahren verfolgt hat, sogar bis zu acht Jahren danach. Der einzige klare Unterschied zwischen den beiden Gruppen war, dass die NTEler nicht länger mehr Furcht vor dem Tod hatten, sogar nach vielen Jahren. Ich würde nicht so empfinden, wenn ich die Idee gehabt hätte, dass ich meinen Körper verlassen hätte. Beweise für das Überleben sind jedoch etwas völlig anderes.

3. Parapsychologie und Transpersonale Psychologie

Die von Van Lommel durchgeführte Untersuchung kann als eine Form von transpersonaler Forschung angesehen werden (er ist ein Mitglied der niederländischen Transpersonalen Vereinigung ITANT). Viele meinen, sie überbrücke die Lücke zwischen Naturwissenschaft und Spiritualität. Es gibt jedoch eine weitere Wissenschaftsdisziplin, die außergewöhnliche Erfahrungen studiert:Parapsychologie. Deshalb müssen wir eine Demarkationslinie zwischen diesen beiden Wissenschaftsfeldern errichten. Eine Nahtod-Erfahrung enthält tatsächlich paranormale Elemente (zum Beispiel: das Wahrnehmen von verstorbenen Personen, das Verlassen und Wahrnehmen des eigenen Körpers, außersinnliche Wahrnehmung von physikalischen Objekten und sogar das Wahrnehmen höherer Welten usw.)

Man könnte diese Abgrenzung mit der Differenz zwischen dem vergleichen, was in früherer Zeit als Mystik und Okkultismus bezeichnet wurde. Mystik handelt von der Einheitserfahrung mit dem Göttlichen, von Gefühlen der Glückseligkeit und des Friedens und ebenso von einer Einheit mit anderen Menschen. Okkultismus handelt von der Wahrnehmung höherer Wirklichkeiten, einschließlich von Auren, höheren Wesen wie etwa Engeln und auch Verstorbenen. Nach meiner Meinung ist die Nahtod-Erfahrung im Großen und Ganzen eine paranormale Erfahrung, und deshalb muss sie auch von dieser Disziplin beurteilt werden. Nur der Aspekt der Erfahrung von Licht und Frieden und das tiefere Einheitsgefühl mit anderen könnte eine mystische Erfahrung genannt werden.

Transpersonale Psychologie wurde etabliert, um auf eine naturwissenschaftliche Weise spirituelle Erfahrung zu studieren, so wie sie sich während der Meditation oder dem LSD-Konsum ereignet. Sie wurde nicht begonnen nach meiner Meinung, um Religion zu unterstützen oder zu legitimieren oder eine Brücke zwischen Naturwissenschaft und Spiritualität zu errichten oder was immer für einen Ausdruck man benutzen möchte. Sie führt übrigens auch nicht zu besserer Naturwissenschaft oder besserer Spiritualität.

Parapsychologie existiert schon über ein Jahrhundert, doch leider kann sie nach all den Jahrzehnten keine wohlbegründeten Ergebnisse vorzeigen. Darüber hinaus gibt es unter denen, die dieses Feld studieren - militärisch ausgedrückt - zwei Gruppen: die Falken und die Tauben oder die Skeptiker und die Gläubigen. Die Gläubigen sagen aus, dass die Beweislage für das Paranormale ,,überwältigend'' sei und dass jene, die nach all diesen Jahren noch immer zweifeln, Mitglieder der dogmatischen Kirche der Naturwissenschaft seien, die Angst vor einem Paradigmenwechsel haben, etc. Andererseits sagen Skeptiker aus, dass die so genannte Beweislast unzuverlässig sei, oft einen starken anekdotischen Geschmack habe und genauer Untersuchung nicht standhalte.

Manchmal meine ich, dass dies in weiten Teilen eine Sache des Temperaments sein könnte. Einige Menschen sind vollständig zu Hause mit der Idee, dass letztendlich alles auf die Materie reduziert werden kann (der Materialist ist philosophisch gesehen ein Extravertierter); andere ordnen ihren subjektiven Gefühlen und Gedanken Realität zu (sie sind die philosophischen Introvertierten). Vielleicht gibt es eine psychologische Lösung für diese unergiebige Schlacht zwischen den Skeptikern und den Gläubigen, die den Fortschritt dieser Diskussion frustriert. Beide rationalisieren ihre emotionale Wahl mit ad hoc Argumenten, die sie zufriedenstellen. Ich selbst bin eine Taube, die sehr daran interessiert ist, was sich die Falken einfallen lassen...

4. Kritik und Erwiderungen

Ich meine, dass als erstes bemerkt werden sollte, dass das, was nicht debattiert wird, folgendes ist:

  1. Menschen unter bestimmten lebensbedrohenden Bedingungen, wie etwa einem Herzstillstand, können gewisse außergewöhnliche Erfahrungen haben, und
  2. diese Erfahrungen können ihre Ansicht vom Leben tief beeinflussen, sogar nach vielen Jahren.

Das ist es tatsächlich, was Van Lommel und sein Team studiert und ausführlich dokumentiert haben. Das wird nicht bestritten.

Beiläufig entdeckte Van Lommel, dass auch diejenigen, die während eines Herzstillstands keine NTE hatten, ebenso eine unterschiedliche Perspektive auf das Leben hatten. Wahrscheinlich empfanden sie, dass sie ,,glücklich'' gewesen sind und ihr Leben nunmehr sorgfältiger leben werden. Ein Beinaheunfall auf der Straße kann, wie ich vermute, die gleiche Wirkung haben.

Was angefochtenwird von den Kritikern von Van Lommels Untersuchung ist:

  1. was ist die Ursache dieser Erfahrungen (werden sie vom menschlichen Gehirn produziert oder von einer nicht-körperlichen sogar vielleicht einer spirituellen Quelle)?
  2. können sie uns irgendetwas über die Natur der Wirklichkeit lehren (oder sind sie rein subjektiv)?

Das sind Fragen, die sich einer einfachen naturwissenschaftlichen Antwort widersetzen. Sie können die metaphysischen Implikationen dieses Typs von Forschung genannt werden. Der nächste Abschnitt berührt dieses Thema.

Dick Swaab bemerkte in der oben angeführten Fernsehdokumentation, dass Van Lommel mit seinem Buch das Feld der Naturwissenschaft verlassen und das Feld der Philosophie/Religion betreten habe. (Nicht zufälligerweise wurde das Buch von Ten Have publiziert, einem theologischen Verlagshaus). Im engeren Sinn formulierte Swaab seine Gegenargumente wie folgt: Van Lommel sagt aus, dass ein Mensch mit einer NTE keinerlei Hirnfunktion habe, doch es ist überhaupt nicht unmöglich, dass auf einer tieferen Ebene des Gehirns einige Aktivität erfolgen kann. Eine Erfahrung, die unabhängig von irgendeiner Hirnfunktion ist, kommt nicht in Betracht. In seinem Buch Endless Consciousness (Endloses Bewusstsein) hat Van Lommel seiner Kritik geantwortet:

Gemäß meiner Ansicht geht das oft ausgesprochene Gegenargument am Wesentlichen vorbei, dass das Anhalten der Blutversorgung und ein flaches EEG eine geringe Aktivität irgendwo im Gehirn nicht ausschließen, weil ein EEG in erster Linie registriert, was im Cortex vorsichgeht. Weil es nicht darauf ankommt, dass irgendwo eine unmessbare Aktivität weiterlaufen könnte, sondern ob die spezifische Hirnaktivität existiert, die gemäß der modernen Neurologie für die Existenz von Bewusstsein notwendig ist.

Es ist bedauerlich, dass es in den Niederlanden keine wirkliche öffentliche Debatte zu diesem Thema gegeben hat. Sollten wir nicht einen Fernsehabend darüber einrichten? Wir können nur einen Fortschritt verbuchen, wenn diejenigen, die dafür und dagegen sprechen, in einen Dialog miteinander treten, und wir müssen uns nicht mit kurzen prägnanten Kommentaren vor der Kamera abgeben. Sobald Wahrheitsfindung als erstrebenswerter betrachtet wird als seine eigene Meinung zu rechtfertigen.

Ein weiteres starkes Argument, das Van Lommel während der Dokumentation gebracht hat: gemäß den gegenwärtigen Forderungen der Naturwissenschaft können unsere Gefühle und unser Denken nicht – mit Sicherheit ..existieren..., wir können sie mit den vorhandenen naturwissenschaftlichen Instrumenten nicht entdecken? Offensichtlich entzieht sich ein Teil von uns schon einer naturwissenschaftlichen Annäherung. Das kann auch auf diese Weise formuliert werden: wenn wir eine Seele jetzt haben, werden wir sie nach dem Tod ebenso haben – und umgekehrt:wenn wir sie jetzt nicht haben, werden wir sie später auch nicht haben. Deshalb müssen wir herausfinden, woraus wir jetzt zusammengesetzt sind.

Während des Symposiums in Leuven wurde ausgedrückt, dass es überhaupt nicht sicher ist, dass Menschen mit einem Herzstillstand überhaupt keine Hirnaktivität zeigen. Das könnte sehr wohl der Fall sein, viel länger als die von Van Lommel erwähnten wenigen Sekunden. Außerdem wurde bemerkt, dass viele Elemente einer klassischen Nahtod-Erfahrung durch die Stimulation gewisser Hirnteile künstlich bewirkt werden können. Die Antwort von Van Lommel, dass auf diese Weise eine ,,komplette'' NTE niemals erlangt werden kann, wurde beantwortet durch den Kommentar, dass auch in Van Lommels Untersuchungsgruppe eine vollständige Nahtod-Erfahrung relativ selten vorkommt. Solange diese fachspezifischen Details noch in der Debatte stehen, was kann dann der Laie machen? Das ist etwas, was Spezialisten erforschen müssen.

Vielleicht kommt die schwerwiegendste Kritik in Bezug auf Van Lommels Hypothese von dem niederländischen Anästhesisten Woerlee, Autor des Buches Mortal Minds (Sterbliche Seelen), der feststellt, dass etwa 15% der reanimierten Personen einen höheren als durchschnittlichen Blutdruck haben, verglichen mit den anderen, die immer noch das Gehirn mit Sauerstoff versorgen konnten. Ist das nicht genau die Anzahl der Personen, die eine Nahtod-Erfahrung berichteten? Und würde das nicht genau erklären, weshalb einer eine NTE berichtet und jemand anderes das nicht tut?

Im Allgemeinen wird der Widerstand gegen Van Lommels Hypothese durch die Überzeugung genährt, dass ein nicht-materialistisches Erklärungsmodell, das Zuflucht zu einer spirituellen Realität nimmt, sowohl unverständlich als auch naturwissenschaftlich unfruchtbar ist. Hätte die Biologie irgendeinen Fortschritt erzielt, wenn sie am Vitalismus festgehalten hätte? Wieder wahr. Susan Blackmore wiederholt die gleiche Geisteshaltung in ihrem Buch Beyond the Body(Jenseits des Körpers), in dem sie ein Jahrhundert der Forschung über Erfahrungen außerhalb des Körpers bewertet und sie ist zur Schlussfolgerung gezwungen: ,,Nichts verlässt den Körper.''[9] Ihr zufolge ist eine Erfahrung außerhalb des Körpers ein zeitweilig verfälschtes Körperbild, während dem die Fantasie frei umherirrt. Theorien über eine Astralebene sind für sie unverständlich. Pikantes Detail: Blackmore hatte eine außerkörperliche Erfahrung in ihrer Jugend (als sie noch an das Paranormale glaubte), doch nach Jahren von enttäuschender psychologischer Forschung ist sie in das Lager der Skeptiker übergegangen.

Der niederländische Biologe Gert Korthof, der behauptet, viele Schnitzer in Van Lommels Buch gefunden zu haben, beschließt seine kritische Online-Besprechung von Endless Consciousness in dem gleichen skeptischen Geist[7]:

Van Lommels Buch geht sehr viel weiter als sein Lancet Artikel. In seinem Buch verlässt er den Pfad der ordentlichen Naturwissenschaft und wagt sich auf dünnes Eis und unbekanntes Territorium. Darüber hinaus betritt er das Feld von Philosophie/Religion. Mit seinem Buch hat er die Nahtod-Erfahrung endgültig mit mangelhafter Naturwissenschaft, Reinkarnation und Kommunikation mit den Toten in Verbindung gebracht. Damit hat er der Gruppe der NTE-Patienten in den Niederlanden einen schlechten Diest erwiesen. Im Gegenteil: es verletzt diese Gruppe. Genau die Gruppe, der er zu helfen vermeint. Wenn er bei einer Übersetzung und einem Kommentieren des Lancet Artikels geblieben wäre, wäre das nützlich gewesen für die ,,Anerkennung'' des NTE-Phänomens und sogar interessant.

5. Neue Physik, Metaphysik oder Post-Metaphysik

Lasst uns für einen Moment zu der spirituellen Seite des Materials gehen. Van Lommel diskutiert in seinem Buch ebenso die religiösen Ansichten über das Leben nach dem Tod und kommentiert, dass eine gewisse Form von Überleben in der Christenheit anerkannt wird. Das beweist natürlich naturwissenschaftlich gar nichts. Wir sollten auch nicht vergessen, dass die Doktrin der körperlichen Auferstehung in der christlichen Theologie repräsentativer sein mag als die Doktrin von der Unsterblichkeit der Seele – was auch immer religiöse Gläubige sich einfallen lassen.

Beim Begutachten der verschiedenen philosophischen Optionen im Bezug auf das Überleben findet man, dass es drei Möglichkeiten gibt [10] (siehe ebenso mein Essay "Three Models of Immortality"(Drei Modelle der Unsterblichkeit) eingestellt auf dieser Seite):

  1. Die Doktrin von der ,,Auferstehung'' des Körpers – wir sind identisch mit unseren Körpern und hören auf zu existieren nach dem Tod, bis Gott ,,uns erweckt'' und uns mit einem neuen Körper versorgt..
  2. Die Doktrin von der ,,unsterblichen Seele'' – wir haben eine Seele, die den Tod des Körpers in einer anderen Welt überlebt. Dies wird ,,Dualismus'' genannt. Die Beziehung zwischen Körper und Seele ist mysteriös.
  3. Die Doktrin vom ..Schattenmann'' – wir haben andere Körper jenseits unseres physischen Körpers (astral, mental, kausal, etc.), in denen wir in anderen Welten weiterleben können.

Die dritte kaum diskutierte Option sieht dem sehr ähnlich, was Van Lommels Patienten über ihre Nahtod-Erfahrungen berichtet haben. Sie passt ebenso zu theosophischen Lehren. Seltsamerweise untersucht Van Lommel diese Quellen nicht ausführlich. Lieber wendet er sich um Hilfe an die Quantenphysik. Das führt mich zum Folgenden.

In vorwissenschaftlich Zeiten bestätigten alle Kulturen und Religionen die Existenz von Welten jenseits der bekannten sichtbaren Welt. Diese Himmel und Höllen waren nicht nur die Heimat der Verstorbenen, sondern sie bildeten eine integrale Einheit mit der irdischen Welt. Von Zeit zu Zeit drangen diese höheren Welten in die Alltagswirklichkeit ein, etwas das als heilig erfahren wurde. Vorwissenschaftliche Menschen sahen die Erde eingebettet in einer allmächtigen göttlichen Wirklichkeit. Wirklichkeit hatte in jenen Tagen endlose depth(Tiefe).

Als die Naturwissenschaft erschien, wurde diese metaphysische Ansicht von Realität schnell verworfen. Von nun an existierte nur die Materie, die naturwissenschaftlich erforscht werden kann. Anfangs geschah diese wissenschaftliche Forschung irgendwie ungerichtet, doch im Lauf der Jahrhunderte wurde die Erwartung immer lauter geäußert, dass die Naturwissenschaft uns irgendwann eine ,,Theorie von allem'' geben könnte. Was unsere Weltsicht verloren hat an ihrer depth(Tiefe), das gewann sie an ihrer spaciousness(Geräumigkeit): anstelle einer auf die Erde abgestimmten himmlischen Welt entdeckten wir einen endlosen physischen Raum, in dem jeder Stern sich als eine Art Sonne herausstellte (und sogar noch beeindruckender: zwischen diesen Sternen wurden nebelhafte Gegenden als vollständige Galaxien entdeckt).

Heutzutage können wir nicht mehr von hoch und niedrig reden – die vertikalen Dimensionen scheinen aus unserer Weltsicht verschwunden zu sein – nur von klein und groß und in der Physik bedeutet das sehr klein und sehr groß. Einige meinen, dies sei zu einschränkend. In modernen Zeiten existieren zwei gegensätzliche kulturelle Bewegungen, die versuchen, diese religiöse Perspektive wieder zu erneuern. Am Ende des 19. Jahrhunderts hatten wir die Theosophie, die versuchte, die antike Weltsicht zu erneuern, indem sie auf die Existenz höherer Welten und Ebenen deutete, die eng mit unserem inneren Bewusstsein verbunden sind. Diese Welten mögen für die körperlichen Sinne unsichtbar sein, jedoch nicht für die hellsehende Wahrnehmung. Ein Hellseher ist in der Lage, die übersinnlichen (nicht übernatürlichen!) Aspekte von Mensch und Realität zu beschreiben. Viele dieser höheren Welten sollen existieren, bis sie im Licht des Göttlichen verschwinden. Das ist eine großartige Vision, voller gradueller Übergänge – ein wichtiger Punkt.[11]

Die zweite Strömung der Gegenkultur, die versucht, Naturwissenschaft und Religion näher zusammenzubringen, ist von neuerem Datum: New Age sucht nach einem ,,Holismus'' (gegen eine ,,atomistische'' und ,,reduktionistische'' Naturwissenschaft). Bemerkenswerterweise wendet es sich der Naturwissenschaft zu, besonders der Quantenphysik, die nicht so sehr über Partikel wie über allgegenwärtige Felder redet. Physiker wie Lazlo sprechen über das Nullpunkt-Feld, das alles mit allem Übrigen verbindet (wenige wissen, dass dort draußen -273.15 Grad Celsius herrschen...). Die Verbindung zwischen diesem Feld und Brahman ist schnell hergestellt. In dieser Sicht hat die Neue Physik naturwissenschaftlich die Einheit der Realität bewiesen (etwas, was alle Religionen schon vorher gelehrt haben).

Diese populäre Ansicht ist stark kritisiert worden von jenen, die zu der ersten oben erwähnten Bewegung gehören. Ken Wilber zum Beispiel sieht die gesamte Atomismus/Holismus-Debatte als ein Nebenthema an, das von Natur aus auf die wahrnehmbare Welt der Physik begrenzt ist. Keine der beiden wird jemals die Tiefe erreichen, die von den antiken Traditionen beschrieben wird (d.h. unser inneres Bewusstsein mit seinen vielen Ebenen). Ob nun die physische Welt aus kleinen Partikeln oder aus einem Großen Feld besteht, dieses Wissen wird niemals ein Licht werfen auf unsere subjektiven Gefühle und Gedanken (außer auf eine metaphorische Weise), gar nicht erst von Bewusstsein als solchem zu sprechen. Das ist natürlich metaphysische Kritik, die keinen Naturwissenschaftler beunruhigen wird, sie setzt jedoch die gesamte Diskussion in einen weiteren Kontext. Der Versuch, das menschliche Bewusstsein mit subatomaren Partikeln oder einem universellen Quantenfeld in Verbindung zu bringen (oder es damit zu erklären), hat mich persönlich nie überzeugt. Wenn das unsere Zukunft nach dem Tod ist, würde ich lieber normal sterben! Gott lebt nicht mitten unter Photonen, Er hat jedoch eine Welt geschaffen, in der Photonen existieren und viele andere Seelen- und Geistwelten. Diese Ansicht oder der Materialismus sind die einzigen realen Alternativen, glaube ich.

In seinem Versuch, die Nahtod-Erfahrung zu erklären oder das Bewusstsein im Allgemeinen, wendet sich Van Lommel ebenfalls der modernen Physik zu, die das Phänomen der Nicht-Lokalität entdeckt hat. In seiner Sicht transzendiert menschliches Bewusstsein den physischen Körper (und das Gehirn) und gehört zu einer nicht-lokalen Realität. Er folgt daher der Spur des New Age: hinter der Welt der Phänomene gibt es ein vereinigendes Feld, an dem sich alle Menschen als Individuen beteiligen. Je mehr wir uns mit diesem Feld verbinden, und in einer Nahtod-Erfahrung scheint dies der Fall zu sein, eine desto größere Übersichtlichkeit wird unsere Wahrnehmung haben. Wie das tatsächlich abläuft, ist auch für Van Lommel eine Angelegenheit von Spekulation. Wie können wir zum Beispiel in diesem Feld zwischen meinen Erinnerungen und deinen unterscheiden? Wieder mit irgendeiner Art von Lokalität? Gemäß Van Lommel kümmert sich unsere DNS (und besonders die so genannte Ausschuss-DNS, der größte Teil unseres Erbguts, der keine klare Funktion zu haben scheint) um die Kommunikation zwischen unseren Gehirnen und dem einen Feld. Kann das auf irgendeine Weise bekräftigt werden?

Nach meiner Meinung ist der Versuch, nach dem Ursprung des Bewusstseins in den exotischen Phänomenen der neuen Physik zu suchen, ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen, weil das die Tiefe der Realität auf die flache Oberfläche der Materie projiziert; was auch immer man letztlich als Materie hat. Das wird niemals den begrenzten Kontext der Physik übersteigen – alt oder neu spielt wirklich keine Rolle. Aber sogar noch ernsthafter: ein absoluter Dualismus wird zwischen dem sichtbaren Körper/Individuum auf der einen Seite geschaffen und dem einen Feld auf der anderen. Der endliche Körper wird kontrastiert mit dem nicht-endlichen oder endlosen Bewusstsein. Verglichen damit ist die theosophische Sicht viel mehr sukzessiv. Der Übergang auf die Astralebene wird als relativ unwichtig erachtet, der von vielen Übergängen gefolgt wird (lies: aufeinanderfolgende Tode, wobei jedesmal ein gewisser Körper zurückgelassen wird) in höhere Welten. Die Grenze zwischen dem Individuum und dem Universum wird auf einer viel höheren Ebene gezogen, was es auch leichter macht, von einem individuellen Überleben nach dem Tod zu sprechen. Die von Van Lommel berichteten Phänomene wie etwa Erfahrungen außerhalb des Körpers, Kommunikation mit den Toten etc. passen sich nahtlos in dieses weitere Rahmenwerk ein. Das Bewusstsein als ,,endlos'' oder ,,allgegenwärtig'' zu bezeichnen, ist eine zu voreilige mystische Lösung, wenigstens nach meinem Geschmack.

Schließlich kommen wir zu dem vieldiskutierten Geist-Körper-Problem. Etwa 99,99% der Naturwissenschaftler halten an einer materialistischen oder ,,naturalistischen'' Sicht des Bewusstseins fest. Als eine Ausnahme verteidigte der von Van Lommel zitierte Geistesphilosoph David Chalmers[12] in Scientific American die These, dass eine materialistische Erklärung niemals die auf Erfahrung beruhenden Aspekte des Bewusstsein berühren kann. Übrigens ist seine Alternative ebenso problematisch: er denkt, dass Bewusstsein eine noch unbekannte aber doch physische Kraft sei. Da gibt es nichts Mystisches oder Spirituelles dabei, versichert er uns [13]. Wenn man mich fragt, dann bleibt das Problem dabei bestehen.

Sind wir vollständig auf die Materie zu reduzieren, oder haben wir ein inneres Bewusstsein, das auf eine derartige Weise nicht reduziert werden kann? Ken Wilber meint auf seine übliche selbstsichere Art, dass er dieses Problem gelöst habe, indem er bloß voraussetze, dass das Innere und das Äußere nicht auf einander reduziert werden könnten. Doch wie genau diese Dimensionen tatsächlich interagieren, das kann er nicht beantworten (außer dass sie es tun).[14] Sein Argument ist: weder Materialisten, die den Geist verleugnen, noch Dualisten, die an den Geist glauben, haben eine Lösung angeboten, daher sollten wir wenigstens beide Dimensionen anerkennen. Sein Gesichtspunkt ist sehr ähnlich der so genannten Doppel-Aspekt-Theorie, die aussagt, dass Körper und Geist zwei Aspekte eines dritten (unbekannten) Prinzips sind. Seit 2001 hat Wilber sein System von metaphysischen Elementen saubergewaschen und nannte es ,,post-metaphysisch''.[15] Jedoch hat er tatsächlich Raum für die innere Dimension in seinem Vier-Quadranten-Modell. Aber welche Folgerungen das für unsere Weltansicht hat (wohin gehört letztendlich diese innere Dimension, wenn sie nicht auf das Gehirn reduziert werden kann?), bleibt unerklärt. Er lässt jedoch die Möglichkeit von subtilen Körpern und Energien offen.[16] Übrigens hat Wilber vor kurzem selbst eine Nahtod-Erfahrung erlebt.[17]

6. Schlussfolgerung

Wenn wir all das gesehen haben, was sollen wir letzten Endes von der Nahtod-Erfahrung halten?

Innerhalb einer lebensnahen Interpretation bleibt all dies eine Sache von Imagination und Erinnerungen, die während einer lebensbedrohenden Situation stimuliert werden. Aber weshalb ist diese Imagination so komplex und so konstant? Warum gibt es nicht viel mehr Variationen unter den Berichten? Und wissen wir tatsächlich, was Imagination ist? Ist das nicht genau die Achillesferse der Naturwissenschaft: subjektive Wahrnehmung entzieht sich jeder naturwissenschaftlichen Erklärung. Wir wissen alles über die äußere Welt – vom Allerkleinsten bis zum Allergrößten – wir wissen jedoch so gut wie nichts über die Innenwelt eines menschlichen Wesens, die unterschiedlichen Gesetzen zu gehorchen scheint. Ironischerweise spielt die Imagination eine Rolle, sogar wenn man die Nahtod-Erfahrung als ein Öffnen zu einer anderen Wirklichkeit interpretiert. Offensichtlich gibt es keinen Tunnel da draußen, durch den jeder hindurchgehen muss – jeder erschafft seine oder ihre eigene Tunnelerfahrung.

Eine Erklärung der NTE in Ausdrücken der neuen Physik und der Quantenwelt kann ironischerweise ebenso als ,,naturalistisch'' bezeichnet werden. Weil an keiner Stelle davon Zuflucht zu übernatürlichen Prinzipien gesucht wird. Doch wie oben erklärt, erscheint eine Quanten-Erklärung irgendwie erzwungen. Einerseits versucht man wirklich, über die Grundsätze der normalen Naturwissenschaft hinausgehen zu wollen, doch gleichzeitig möchte man die Naturwissenschaft keinesfalls hinter sich lassen. Das eine Feld wird als eine magische Lösung für alles benutzt, das wir vom menschlichen Bewusstsein (noch) nicht verstehen. Ich las sogar auf einer neueren Webseite, dass das Null-Punkt-Feld gegen ein Burnout helfe!

Im Vergleich dazu ist eine metaphysiche Interpretation der Nahtod-Erklärung viel natürlicher. Während einer NTE verlassen wir unseren Körper und treten mit einer anderen Realität in Kontakt. Die Geschichte, die aus Van Lommels Untersuchung entsteht, zeigt nicht nur wesentliche Ähnlichkeit mit dem, was andere NTE-Forscher berichtet haben, wichtiger ist jedoch, dass die NTE-Berichte durch andere paranormale Phänomene bestätigt werden (wie etwa Mediumismus, Erfahrungen außerhalb des Körpers, Erscheinungen, Reinkarnations-Erinnerungen, Beobachtungen am Totenbett, Besessenheitsfälle etc.)[18] Diese sind alle Phänomene, die in eine bestimmte Richtung weisen – die sichtbare physische Welt ist Teil einer weiteren metaphysischen Welt, von der wir mit unserem inneren Bewusstsein einen Teil bilden, sogar jetzt – die sich gegenseitig unterstützen, obwohl das sogar sehr schwierig auf eine objektive Weise zu beweisen ist. Doch am Ende des Tages sind das alles Daten menschlicher Erfahrung.

Vielleicht ist es vor allem letzten Endes eine Angelegenheit der metaphysischen Mutmaßungen, die wir haben. Doch es gibt einen, wenn auch vielleicht mageren Trost in Bezug auf die Frage vom Leben nach dem Tod: wir alle werden irgendwann einmal die Antwort wissen. Und ehe dieser Monment kommt, ist es keine Zeitverschwendung, über dieses Thema nachzudenken. Sagte Heidegger nicht, dass unser Leben ein Sein zum Tode ist, und dass unser Leben authentischer ist, je mehr wir diese Tatsache erkennen?

Jeder Moment wird dann eine Nahtod-Erfahrung sein.

Anmerkungen

1. Siehe die Webseite des Autors www.pimvanlommel.net und die Seite der Merkawah Foundation, die er 1988 zu gründen half die Teil der Internationalen Vereinigung für Nahtod-Studien bildet (IANDS), www.merkawah.nl

2. Lommel, P. van, Wees, R. van, Meyers, V. & I. Elferrich. (2001). Nahtod-Erfahrungen bei Überlebenden von Herzstillständen:Eine prospektive Studie in den Niederlanden. The Lancet, 358, 2039-2045.

3. Pim van Lommel, Eindeloos bewustzijn: Een wetenschappelijke visie op de bijna-dood ervaring, UitgeverijTen Have, 2007. 403 blz., mit Wörterverzeichnis, Anmerkungen, Quellen und Index.

4. www.bol.com, 2. Platz in der Top 25 Liste der Sachbücher, 18. Mai 2008.

5. 'KRO Profiel': De missie van Pim van Lommel, 24. März 2008.

6. Siehe als Beispiel: "Bijna-dood ervaringen: Het rechtstreekse debat, www.skepp.be

7. Siehe als Beispiel: Gert Korthof, "Fouten in het boek van Pim van Lommel", een blog in 5 delen, evolutie.blog.com.

8. Siehe als Beispiel: die Winterausgabe 2007 von Skepter, die Beiträge von Woerlee, Nienhuis, Korthof und Sluijter enthält, die Van Lommels Hypothese demolieren.

9. Susan Blackmore, Beyond the Body: An Investigation of Out-of-the-Body Experiences, Granada, 1981 (Veröffentlicht im Auftrag der Gesellschaft für Psychische Forschung) und auch ihr neuestes Dying to Live: Science and the Near-Death Experience. Grafton, (Sterben um zu leben: Naturwissenschaft und NTE)1991. Für eine kritische Sicht auf Blackmore siehe: G. Stone, "A Critique of Susan Blackmore's Dying Brain Hypothesis", http://www.near-death.com/experiences/articles001.html (Eine Kritik von Susan Blackmores Hypothese des sterbenden Gehirns)

10. Siehe: Anthony Flew, 1967, "Immortality", The Encyclopaedia of Philosophy, Vol. 4, p. 139-150.

11. Siehe: Frank Visser, Zeven sferen: Theosofie als leidraad voor psychologie en levensbeschouwing, Uitgeverij der Theosofische Vereniging in Nederland, 1995.

12. David Chalmers, "The Puzzle of Conscious Experience", Scientific American, December 1996 en The Conscious Mind, Oxford University Press, 1996.

13. David Chalmers, "Facing Up to the Problem Consciousness", Journal of Consciousness Studies, vol. 2, no. 3, 1995, pp. 200-219, in dem er aussagt: ,,Es gibt nichts Spirituelles oder Mystisches bei dieser Theorie – ihre allgemeine Form ist die einer physikalischen Theorie."

14. Ken Wilber, Integral Psychology: Consciousness, Spirit, Psychology, Therapy, Shambhala, 2001, besonders Kapitel 14: "The 1-2-3 of Consciousness Studies", and Frank Visser. Ken Wilber: Denken als passie, Lemniscaat, 2001 (US edition: Ken Wilber: Thought as Passion, SUNY Press, 2003).

15. Ken Wilber, "On the Nature of Post-Metaphysical Spirituality: Reply to Hans-Willy Weiss", wilber.shambhala.com, 2001.

16. Ken Wilber, "Excerpt G: Towards a Comprehensive Theory of Subtle Energies", wilber.shambhala.com, 2003.

17. Siehe: Steve Paulson, "You are the river: An interview with Ken Wilber",(Du bist der Fluss: ein Interview mit Ken Wilber) www.salon.com, April 2008. Siehe Anhang unten.

18. Siehe: John White, A Practical Guide to Death and Dying, Quest, 1980. (Ein praktischer Führer zu Tod und Sterben)

Anhang: Die Nahtod-Erfahrung von Ken Wilber


Am Ende des neuesten Interviews mit Ken Wilber www.salon.com lesen wir:

Etwa vor einem Jahr starben Sie beinahe an einem großen Epilepsieanfall, der mehr Anfälle auslöste. Wie ich hörte, waren Sie an lebenserhaltenden Maßnahmen angeschlossen. Sie haben sich fast die Zunge abgebissen. Waren Sie nicht für einige Tage bewusstlos?
Ich hatte tatsächlich 12 große Epilepsieanfälle in einer Nacht. Ich wurde in einen komatösen Zustand versetzt. Ich blieb vier Tage im Koma. Während dieser Zeit wurden dreimal Defibrillatoren auf mein Herz gesetzt. Ich wurde an die Dialyse angeschlossen, weil meine Nieren versagt hatten. Ich entwickelte eine Lungenentzündung. Ken Wilber war bewusstlos, aber der Große Geist war bewusst. Ken Wilber kam am vierten Tag zu sich.

Sagen Sie damit, dass irgendein Teil von Ihnen dessen gewahr war, was vorsichging, obschon Sie bewusstlos waren?
Ja. Das ist eine sehr gewöhnliche Erfahrung von Langzeit-Meditierenden. Es gibt ein Gewahrsein während der Wach-, Traum- und Tiefschlaf-Zustände.

Ich kann das nur schwer verstehen. Irgendein Teil von Ihnen gewahrte die Menschen, die sich um Sie herum bewegten?
Es gab ein verschwommenes Gewahren des Raumes. Es schloss Menschen ein, die sich im Raum und aus dem Raum bewegten und Menschen, die am Tisch saßen. Es schloss tatsächlich gewisse Prozeduren ein, die ausgeführt wurden. Doch da war kein Ken Wilber als ein Subjekt mit Bezug auf die Dinge, die geschahen. Es gab kein getrenntes Selbst. Wenn Ken Wilber bei Bewusstsein gewesen wäre, dann wäre er vermutlich bestürzt oder glücklich gewesen, als sein Herz wieder zu schlagen anfing. Doch da waren keine dieser Reaktionen, weil es nur dieses Große Geist Gewahrsein gab, dieses nicht-duale Gewahrsein.

Wie Sie darüber reden, hört sich nicht wie eine so schlechte Erfahrung an! Ich hätte gemeint, dass das schrecklich sein müsste.
[Lacht] Genau. Sobald Sie mehr konventionellen Nahtod-Erfahrungen lauschen, dann klingel die auch nicht so schlecht. In jedem Fall wurde mir gesagt, dass es eine Weile dauern würde, mich zu erholen. Doch ich ging aus dem Krankenhaus zwei Tage später hinaus, und alles war normal. Daher schreibe ich das zum Teil meiner eigenen spirituellen Praxis zu und der verjüngenden Fähigkeit, die dieses Gewahrsein hat.

Erschreckt Sie die Aussicht auf das Sterben?
Nicht wirklich. Was auftaucht, sind nur Gedanken darüber, wieviel Arbeit in der Welt noch zu tun ist. Und mit dieser kürzlichen Erfahrung – die mich wissen lässt, dass es da den Großen Geist gibt – ist jene grundsätzliche Furcht vor dem Sterben im Grunde genommen verschwunden. Dennoch empfinde ich mich als zögerlich, sobald jemand fragt, ob ich Furcht vor dem Sterben habe. Durch mein Gemüt geht positives Zeug – Freunde, die Ich verlieren würde und Arbeit, die getan werden muss