INTEGRAL WORLD: EXPLORING THEORIES OF EVERYTHING
Ein Forum für eine kritische Diskussion über die integrale Philosophie von Ken Wilber



powered by TinyLetter
Today is:
Veröffentlichungstermine von Essays (Monat / Jahr) finden Sie unter "Essays".

Ein Enlightenment Interview mit Ken Wilber

von Jordan Gruber


Ken Wilber mit Isaac

  • Neuntes und letztes Interviewsegment – Eingestellt am 1.10.2001 – Transformation und Internet; Der QLink; Beweise für übernatürliche Kräfte; Die 4 Quadranten auf immer und ewig; Drogen & Meditation; Welche Praxis ist geeignet für mich?
  • Achtes Interviewsegment – Eingestellt am 18.9.2001 – Die Bürde des Ruhms; Mit den Saiten klimpern; Arbeitstag Satori Blues
  • Siebtes Interviewsegment – Eingestellt am 2.9.2001 – Forderungen und Kritik an Ken Wilbers System: Teil C
  • Sechstes Interviewsegment – Eingestellt am 3.8.2001 – Forderungen und Kritik an Ken Wilbers System: Teil B
  • Fünftes Interviewsegment – Eingestellt am 21.6.2001 – Forderungen und Kritik an Ken Wilbers System: Teil A
  • Viertes Interviewsegment – Eingestellt am 22.5.2001 – Vollständig realisierte Verwirklichung; Erleuchtung in der heutigen Welt
  • Drittes Interviewsegment – Eingestellt am 7.5.2001 – Wenn man die Ganzheitsstudien ernst nimmt; Boomeritis; Intersubjektivität: Whitehead & andere
  • Zweites Interviewsegment – Eingestellt am 25.4.2001 – Mehr über das 'Integral Institute'; Die Schaffung eines Ganzheitskanons
  • Erstes Interviewsegment – Eingestellt am 22.4.2001 – Über das 'Integral Institute' und seine Aktivitäten
  • Glossar

 

Bitte nicht vergessen: In Kürze werden wir Bestellungen für Audio CD Versionen dieses Interviews entgegennehmen. Wir freuen uns unheimlich darüber, da bis jetzt noch nie ein anderes Audio Interview mit Ken Wilber irgendwo erhältlich war, weder im Web noch sonst irgendwo. Und es steht absolut außer Zweifel, dass es dem Verständnis viel mehr dient, Ken selber sprechen zu hören, als nur seine Worte zu lesen. Nähere Einzelheiten in Kürze!

Erstes Interviewsegment: Über das 'Integral Institute' und seine Aktivitäten

E.com: Heute ist der 16. April 2001 und wir sind in Boulder, Colorado und genießen das wunderbare Vorrecht bei Ken Wilber zu Hause sein zu dürfen. Wir werden etwas Zeit damit verbringen, ihm einige Fragen zu stellen und zu hören, was er zu sagen hat.

So Ken, sprechen wir gleich zu Anfang über das 'Integral Institute'. Kannst du uns sagen, wie es I-I im Großen und Ganzen geht, vor allem in praktischer und pragmatischer Hinsicht und im Hinblick auf das Geschehen auf dem Aktienmarkt. Die Leute ziehen ihr Geld ab. Welche Auswirkungen hat das auf das I-I?

KW: Nun, das könnte ein echter Dialog werden wegen der Erfahrungen, die du mit Enlightenment.Com hattest. Nicht?

E.com: Ja.

KW: Diese Vorkommnisse haben viele unmittelbare Auswirkungen auf das 'Integral Institute' gehabt. Eine davon ist zunächst einmal, dass wir in einem Zeitraum von ungefähr 8 Monaten einhundert Millionen Dollar in Bürgschaften verloren haben. (Lacht) Man verliert nicht jeden Tag einhundert Millionen Dollar. Ich war danach ein wenig reizbar und launisch.

Aber insgesamt gesehen hat sich der Aufgabenbereich des 'Integral Institute' dadurch nicht geändert. Was das Geld selbst betrifft, nun wir haben noch einige andere Bürgschaften im Hintergrund mit einigermaßen vergleichbaren Beträgen und wir wissen, wie sich diese im nächsten Jahr entfalten werden. Die wirtschaftliche Lage könnte natürlich nicht schlimmer sein. Es ist eine Schande, dass die Seifenblase ausgerechnet jetzt geplatzt ist. Eine Menge Firmen, die pleite gehen sollten, gingen auch pleite, aber das machte eine Menge Arbeit zunichte, die wirklich vorrangig gewesen wäre und die es nicht verdient hatte, auf diese unwürdige Art und Weise unterzugehen.

E.com: Gehen noch irgendwelche deiner Projekte am I-I voran, wie z.B. die Enzyklopädie der Transformation?

KW: Ja sicher, wir finanzieren das noch und wir unterstützen auch weiterhin das ‚Human Change Process' (Prozeß der Transformation des Menschen) Kernteam. Wir nennen es auch 'Human Transformation Team' (Team für die Transformation des Menschen). Sie arbeiten an einer Enzyklopädie der Transformation des Menschen, eine vollständige Übersicht über alle bekannten Formen der Transformation.

Transformation scheint ein bedeutendes Konzept zu sein, das in aller Munde ist, aber wir haben wirklich keine gute Literaturübersicht über das Vorhandene, erstens, und zweitens, keine geeignete Untersuchungsmethode um festzustellen, welche Beweise es dafür gibt, dass irgendeine der Methoden, die von sich behaupten, sie würden den Menschen verändern, dies auch wirklich tun. Es gibt viele verschiedene Arten und Weisen, wie man zumindest versuchen kann, diese Dinge zu betrachten und sie in den Griff zu bekommen. Wir sind da dran.

E.com: Aber in der Zwischenzeit sind die Zuschüsse von Seiten des 'Integral Institute' alle ausgesetzt?

KW: Nein, eines der wichtigsten Ziele, die wir mit den ursprünglichen einhundert Millionen Dollars hatten, war, das Geld möglichst vielen Leuten zu geben, die allgemein auf dem Gebiet der ganzheitlichen Studien und Forschungen arbeiten. Das war einer der Gründe, warum ich das 'Integral Institute' auf die Beine stellte: um als Finanzierungsquelle zu fungieren für Leute, die diese Art Arbeit machen, denn der Markt belohnt keine wirklich ganzheitlichen Studien. Er belohnt New Age Herangehensweisen und die Methoden der Selbsterfahrungs-Workshops, das grüne ‚Meme' (Entwicklungsstadium) und das purpurne ‚Meme' und alles was dazwischen liegt, aber keine wirklich ganzheitlichen Studien.

Um auf diesem Gebiet vernünftige Arbeit zu leisten, brauchen wir Finanzierungsgesellschaften, die uns helfen. Sobald wir die Arbeit tatsächlich geleistet haben und die Untersuchungen abgeschlossen sind, können wir damit beginnen, wirklich solide Literatur, Präsentationen und Artikel zu produzieren und weitere Untersuchungen durchzuführen und darauf einen Markt aufzubauen. Das wird wahrscheinlich in 3 Jahren der Fall sein.

Was wir am 'Integral Institute' getan haben…die größte Änderung unserer Blickrichtung geschah nicht aufgrund der Marktsituation, sondern ganz unabhängig davon, eine Änderung, die wir so oder so gemacht hätten, ganz gleich ob der Markt rauf oder runter gegangen wäre: Wir sind keine bloße Gemeinschaft von einigen 400 Gründungsmitgliedern mehr, sondern richten unser Augenmerk jetzt auf die Herstellung von 'Ganzheitlicher Ware': Bücher, Literatur, akademisches Material über jedes der 10 Gebiete. So arbeiten wir beispielsweise an Büchern mit Themen wie 'Was ist ganzheitliche Politik?','Was ist ganzheitliches Business?','Ganzheitliche Medizin?','Ganzheitliche Gesetzgebung?' Denn es gibt, wie wir herausfanden, keine wirklich aussagekräftigen Darlegungen über eine ganzheitliche Herangehensweise an irgendeines dieser Gebiete.

E.com: Das ist einer der Gründe warum die akademische Wissenschaft ganzheitliche Studien vollständig ignorieren kann.

KW: Sie kann sie vollkommen ignorieren und viele Leute, selbst mit den besten Absichten, nennen das, was sie machen, einfach 'ganzheitlich', obwohl das nicht der Fall ist. Sie lassen gewisse Aspekte der menschlichen Bedingungen außer Acht, die m. E. nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Wir konnten ihnen das nachweisen und sie sahen das auch ein.

Bevor wir eine Gemeinschaft aufbauen, einen Markt schaffen, im Web präsent sein oder Konferenzen abhalten können, müssen wir auf jedem dieser 10 Gebiete spezifische Darlegungen mit Hilfe eines unserer Kernteams anerkannter Wissenschaftler und Forscher ausarbeiten. Dann können wir sagen: 'Das ist unser erste Ausarbeitung einleitender Statements über ganzheitliches Business, ganzheitliche Politik, Erziehung, Medizin, Gesetzgebung, Psychologie, Spiritualität u.s.w.'

E.com: Ich wurde wiederholt von promovierten Studenten verschiedener Disziplinen etwa folgendermaßen angesprochen: 'Ich bin promovierter Anthropologiestudent. Wie kann ich eine alle Quadranten, alle Ebenen umfassende Vorgehensweise in meine Universität einführen ohne die herrschenden Kräfte vollständig vor den Kopf zu stoßen?' Oder wie kann ein promovierter Psychologiestudent sich besser ganzheitlichen Studien widmen und mit dazu beitragen, dass z. B. die Leistungen an einer Schule, die sich im grünen 'Meme'-Zustand befindet, besser werden? Sie hungern dort draußen tatsächlich nach diesem unterstützendem Material, das du angesprochen hast.

KW: Das gleiche haben wir auch festgestellt. Das Thema besitzt keine Schubkraft solange wir keine wirklich gut gemachten, gut dokumentierten Bücher besitzen: ... das ist ganzheitliche Anthropologie, das ist ganzheitliche Gesetzgebung und Kriminalgerichtsbarkeit, das ist ganzheitliche Medizin … Es kann nicht wirklich vorwärtsgehen. Auf der anderen Seite, sobald wir ein Buch über ganzheitliche Vorgehensweisen z.B. für Erziehung haben, geschrieben von acht Autoren ... wir denken da an Bücher mit 300 bis 400 Seiten ... wir möchten wirklich akademische Ausführungen produzieren für den Anfang. Das soll aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, sondern nur einleitende Erklärungen. Ein erster Versuch einer ungefähren Beschreibung der ganzheitlichen Vorgehensweise, einer Vorgehensweise, die wirklich alle Quadranten, Ebenen, Linien und Zustände umfasst. Alles andere ist nicht ganzheitlich.

Wenn wir einmal diese Art Bücher über, sagen wir beispielsweise, ganzheitliche Anthropologie besitzen und ein Student ruft uns an und sagt z.B.: ‚'Ich geh nach Arizona und ich würde dort gerne eine alle Quadranten, Ebenen und Linien umfassende Vorgehensweise für anthropologische Untersuchungen einschlagen. Aber mein Professor wird wahrscheinlich denken, ich bin übergeschnappt. Was soll ich machen?', dann können wir ihm sagen: 'Gib ihm dieses 400 Seiten starke Textbuch und hier sind noch 300 Referenzen und unterstützende Dokumente.'

Sie können sich das dann ansehen und darauf reagieren und wir würden gerne ihre Kritikpunkte hören, denn wir wollen diese Dinge im Laufe der Jahre weiter verfeinern. Was wir zunächst brauchen sind wirklich aussagekräftige akademische Darlegungen. Andernfalls führt dieses Thema einfach nirgendwo hin. Das war in den letzten 30 Jahren der Fall.

E.com: Du hoffst, den Orientierungsrahmen, den du errichtet hast, auch tatsächlich ausfüllen zu können. Aber in der Realität sieht es doch so aus, dass du deine Arbeiten in der New Age Abteilung von Barnes und Nobles findest. Das muss für dich doch einigermaßen ärgerlich sein.

KW: Dem wäre so, wenn die New Age Abteilung nicht 80 Prozent mehr Umsatz machen würde als alle anderen Abteilungen.

E.com: Das stimmt auch wieder.

KW: [Lacht.]

Zweites Interviewsegment:

Mehr über das 'Integral Institute'; Die Schaffung eines Ganzheitskanons

E.com: Wie wäre es mit Audio-Aufzeichnungen eines kurzgefassten Ken Wilber? Jemand schreibt: 'Wissen Sie, ich kann Geschriebenes nicht so gut aufnehmen. Ich brauche andere Medien.' Hast du schon mal daran gedacht, dein ganzes Werk noch mal durchzugehen und einen Satz Audio-Material mit den Grundlagen deiner Theorie zu schaffen?

KW: Wir wollen u.a. auch so schnell wie möglich Multimedia-Techniken anwenden. Ein Beispiel für die Vorgehensweise des ‚Integral Institute' und der daraus resultierenden Produkte, die sich von reinen Textbüchern unterscheiden. Obwohl unser Schwerpunkt bei den Textbüchern liegt, wollen wir auch andere Sachen produzieren.

Wir haben ein Kernteam auf dem Gebiet des ganzheitlichen Business. Es sind sieben oder acht sehr gute Leute einschließlich Leo Burke, der an der Motorola Universität arbeitet, Fred Studier, Berater bei Bane Associates, einer sehr großen Beraterfirma in Kalifornien, Tony Schwartz, der bei Fast Company ist, Bob Richards, der C.F. unserer Businessgruppe ist, Fred Kofman, der Peter Senges Hauptmitarbeiter bei der Gründung des 'Organizational Learning Center' bei der 'M.I.T. School of Business' war, Michael Putz bei Cisco … Das sind ein paar äußerst clevere Leute. Sie nahmen mein breitangelegtes Rahmenwerk mit allen Quadranten, Ebenen und Linien, setzten sich hin und füllten, gestützt auf jahrzehntelange Erfahrungen auf ihrem Gebiet, alle Details mit aktuellen, konkreten Daten. Diese Art Arbeit erwarten wir von allen Kernteams.

Im Augenblick machen sie gerade - sie haben sich jetzt beinahe 18 Monate lang regelmäßig getroffen - PowerPoint Präsentationen über ganzheitliche Geschäftsführung. Das sind sehr ausgeklügelte Präsentationen. Bob Richards hat z. B. gerade eine auf einer Esalen Konferenz über ganzheitlichen Kapitalismus gezeigt und er war ein großer Hit dort unten. Es ist wirklich sehr gut angekommen.

Die Leute haben wirklich verstanden, dass wir für jede ganzheitliche Annäherung an wirtschaftliche Probleme eine alle Quadranten, Ebenen und Linien umfassende Vorgehensweise anwenden müssen. Diese Präsentationen vermitteln den Leuten ein besseres Verständnis für die ganzheitliche Vorgehensweise als Textbücher mit drei- oder vierhundert Seiten. Wir wollen ein breites Spektrum an Material schaffen; von sehr verdichtetem bis hin zu Präsentationsmaterial.

E.com: Nun, das stimmt mit deiner allgemeinen theoretischen Vorgehensweise überein.

KW: Ja.

E.com: Das Problem aus vielen verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.

KW: Richtig.

E.com: Wann wird Band II deiner Trilogie herauskommen?

KW: Ich dachte ursprünglich, alle 10 Jahre einen Band herauszubringen.

E.com: Dann hast du ja noch etwas Zeit übrig.

KW: [Lacht.] Etwas. Aber nicht soviel wie ich gerne hätte. Das 'Integral Institute' ist dazwischen gekommen und hat in den letzten 2 Jahren einen großen Teil meiner Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch genommen.

E.com: Bist du glücklich als Leiter des 'Integral Institute'?

KW: Ja.

E.com: Du sagtest immer, du wolltest es auf eine 'Zweite Reihe' Art und Weise leiten. Das mag vielleicht den Eindruck erwecken, als wäre es etwas ‚desorganisiert' – vielleicht ist 'desorganisiert' nicht das richtige Wort, aber...

KW: Das stimmt. In erster Linie ging es jeder der Beteiligten sehr offen, flexibel und locker an. Tatsache ist, es gibt draußen keine Organisationen, die auf eine 'zweite Reihe' Art und Weise geführt werden.

E.com: Der Vatikan?

KW: Was?

E.com: Der Vatikan?

KW: [Lacht.] Ja vielleicht. Viele haben in Firmen, die auf 'Erste Reihe' Art geleitet werden, große Erfahrungen in OD, Organisatorischer Entwicklung, gemacht. Neben meiner Aufgabe als Führer muss ich daher auch öfters auf die Bremse steigen und sagen: 'Moment mal! Wir können das nicht anhand von Prinzipien organisieren, die aus der ersten Reihe stammen. Wir können keine Standardmethoden für die Entwicklung von Organisationen gebrauchen.'

E.com: Wir können nicht wissen, wie das Ganze letztendlich aussehen wird.

KW: Ja, das ist es. Wir müssen deshalb Leute aus der ‚Zweiten Reihe' in einen Raum stecken, damit sie alle diese verschiedenen Ideen ausarbeiten. Du warst auf Meetings. Das ist es, was wir hauptsächlich auf den allgemeinen Meetings machen. Wir nehmen so viele 'Zweite Reihe' Mitarbeiter, wie wir finden können, setzen sie in einen Raum, sagen ihnen 'Das und das ist das Thema der Unterredung' und schauen dann, was herauskommt. Das Ergebnis versuchen wir dann, in institutionelle Formen zu übertragen, und bekommen so die Infrastruktur des Ausgangsmaterials.

Am schwersten fällt mir in meiner Führungsposition, mit dieser Bürgschaftssituation zurechtzukommen. Es ist schwierig. Auf der einen Seite stehen diese enormen Geldsummen, die uns zur Verfügung gestellt wurden, aber auf der anderen Seite kann natürlich alles auseinanderfallen, was teilweise schon geschehen ist. Es ist beinahe unmöglich, eine längerfristige Planung vorzunehmen, die sich über mehr als ein paar Wochen erstreckt. So oft ändert sich die Situation.

Viele fordern: 'Wir brauchen eine Aufgabenfestlegung' ,'Wir brauchen eine Strategie für die nächsten 6 Monate'. Darauf erwidere ich: 'Vergesst es! Das ist absolute Zeitverschwendung.' Die einzigen Reibungen in den letzten anderthalb Jahren entstanden dadurch, dass ich bei einigen Sachen die Bremse reinhauen musste. Einige denken, wir könnten mit dem Programm schon viel weiter sein. Aber das ist absolut nicht der Fall. Die Situation ändert sich alle paar Wochen dramatisch und wir müssen sehr flexibel sein, um uns dieser neuen Situation anzupassen, denn diese verändert auch sehr nachhaltig unsere Arbeitsweise.

E.com: Was hältst du von einem europäischen Zweig des 'Integral Institute'? Wir haben einige Anfragen diesbezüglich erhalten.

KW: Das ist definitiv geplant. Aber im Moment liegt eine der Schwierigkeiten in einem demographischen Problem – eine delikate Angelegenheit: 25% der amerikanischen Bevölkerung gehören dem grünen ‚Meme'-Bereich an und weniger als 2 % der ‚Zweiten Reihe'. Idealerweise sollten die Organisationen aus der Weisheit all dieser Ebenen schöpfen. Es ist nicht so, dass nur die ‚Zweite Reihe' gut ist und alles andere schlecht.

Wir brauchen blaue Organisationen, orange und grüne. Wir haben im Moment nicht genug ‚Zweite Reihe' Organisationen. Deshalb versuchen wir, zu verhindern, dass die zweite Reihe an den Rand gedrängt wird, was bis jetzt der Fall war, ohne deshalb die anderen Vorgehensweisen wiederum an den Rand zu drängen.

Deshalb versuchen wir, uns auf 'Zweite Reihe' Vorgehensweisen und Lösungen für diese Probleme zu konzentrieren. Offen gesagt stellt die Kontrolle der Qualität aufgrund der Tatsache, dass zu wenig Menschen an 'Zweite Reihe'- Vorgehensweisen interessiert sind - weniger als 2% -, ein delikates politisches und diplomatisches Problem dar. Wie können wir davor gefeit sein, fälschlicherweise unsere orange oder grüne Vorgehensweise für ganzheitlich zu halten? Wie können wir im Gegenteil sicher sein, wirklich so etwas wie gelbe, türkise, korallenfarbige 'Zweite oder Dritte Reihe' Ganzheit vor uns zu haben? Das ist ein schwieriges Problem.

Deshalb versuchen wir einfach unseren Weg da rein zu erfühlen und Leute zu finden, die allgemein als sehr talentiert für zweite Reihe Vorgehensweisen gelten und den Ruf haben, wirklich auf diese Weise zu arbeiten. Wir stecken sie einfach in Kernteams und finanzieren sie. Das ist unsere bisherige Vorgehensweise.

Sobald sie ihre Ware produziert haben, sind alle eingeladen, zu uns zu kommen und Kritik zu üben, sich festzubeißen – wir wollen jede auch noch so negative Kritik hören; denn wir wollen, dass das Ergebnis 100-prozentig in Ordnung ist! Im Moment allerdings gilt unser Hauptaugenmerk der Qualität. Wir versuchen deshalb, diese Kernteams wirklich sehr sorgfältig zusammenzustellen. Dann können sie ihre Arbeit tun und wir versuchen, sie zu finanzieren. Das auf Europa auszuweiten ... Ich glaube, wir haben im Moment genug Probleme damit, dies alles in unserem eigenen Hinterhof auf die Beine zu stellen.

E.com: Deshalb ist es auch für promovierte Studenten nicht so einfach, sich dem 'Integral Institute' anzuschließen oder daran teilzunehmen ... obwohl sie gerne mitmachen würden.

KW: Ich weiß. Im Moment geht's nicht.

E.com: Du bräuchtest vielleicht Hilfstruppen.

KW: Ich weiß. Nochmal: was wir schaffen werden, ist…Ein Beispiel: Sagen wir, in 3 Jahren werden wir über mehrere Themen umfangreiche Bücher herausgegeben haben mit der Erklärung: 'Das ist unser erster Versuch einer Darlegung ganzheitlicher Politik, ganzheitlichen Business, ganzheitlicher Anthropologie, ganzheitlicher Medizin und ganzheitlicher Erziehung.'

Wir wollen auch eine Website erstellen, die auf dieses halbe Dutzend Bücher hinweist. Bis dahin wird es dann auch vielleicht 20 oder 30 Artikel und Essays geben, die wir als einigermaßen ganzheitlich einstufen und auch auf die Website stellen werden. Anschließend werden wir promovierte Studenten einladen mit den Worten: 'Checkt die Website durch, lest das ganze Material und, wenn ihr echt mit dem konform geht, was wir machen, kommt und macht mit!'

Aber solange wir nicht Kriterien und Definitionen des Themas veröffentlicht haben und keinen, in Ermangelung eines besseren Begriffs, 'Kanon' erstellt haben, um anfangen zu können, sind uns die Hände gebunden. Ohne diesen können wir die Qualität unserer Arbeit nicht kontrollieren. Viele kommen voll Begeisterung herein und schreiben sich ein. Aber sie sind in Wirklichkeit schlecht informiert, haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht und plötzlich bewegt sich das Gespräch in eine völlig falsche, nicht ganzheitliche Richtung … hin zu 'Erste Reihe' Methoden und wir verlieren jegliche Stosskraft.

Deshalb werden wir in den nächsten 3 Jahren oder so all unsere Mittel in diese Kernteams stecken, um ganzheitliche Literatur zu produzieren. Sobald diese mal veröffentlicht ist, werden sich all die anderen Dinge von alleine ergeben.

Drittes Interviewsegment:

Wenn man ganzheitliche Studien ernst nimmt; Boomeritis; Intersubjektivität: Whitehead & andere

E.com: Einer der Kritikpunkte bezüglich deines Materials lautet, es sei, einschließlich der Fußnoten, auf hundert verschiedene Stellen verstreut.

KW: Das stimmt.

E.com: Anscheinend brauchen wir eine andere oder neue hyper-gelinkte Art des Lernens … Text sind Worte, die in einer sequentiellen Reihe aufeinanderfolgen. Anscheinend brauchen wir eine neue Art des Lernens oder Verstehens für dieses Material, eine, die es nicht in das alte Schema zwingt.

KW: Wir hoffen darauf. Ich hätte gerne 3- oder gar 4-dimensional hyper-gelinkte Präsentationen.

E.com: Vielleicht ist das Web am Ende genau das richtige dafür.

KW: Ja, genau. Aber wir müssen von den vorhandenen Gegebenheiten ausgehen. Es ist einfach so, dass 99 % der Bildung in diesem Land an Universitäten unter Zuhilfenahme von Textbüchern erfolgt und solange wir keine Ausführungen in Form dieses Mediums produzieren, werden wir auch nicht in der Lage sein, in diesem Spiel in der Oberliga mitzumischen. Und all diese Bewusstseins- und Ganzheitsstudien werden, um ehrlich zu sein, genau das bleiben, was sie jetzt auch sind: eine Art Nebenschauplatz, den keiner wirklich ernst nimmt. Ganz bestimmt nicht die Leute in den Machtpositionen, sei es im Erziehungssystem, in der Politik oder in der Wirtschaft.

Der Einfluss der transpersonalen Bewusstseinsforschungen und dergleichen ist absolut minimal. Im Grunde genommen haben sie außerhalb sehr kleiner Bereiche überhaupt keine Wirkung gezeigt. Ich freue mich sehr über das, was transpersonale Bewusstseinsforschungen und alternative Vorgehensweisen in ihrem eigenen Bereich erreichen konnten. Aber sie schafften es bis jetzt nicht, aus diesem Bereich auszubrechen. Wir werden deshalb nicht mehr länger einfach nur den Kram der letzten 30 Jahre wiederholen, der im Grunde genommen nicht funktioniert hat.

Wir fragen uns: 'Was müssen wir anstellen, um damit in die Harvard Uni, die MIT (Massachusetts Institute of Technology), die Berkeley Uni usw. rein zu kommen?' Wir arbeiten deshalb am 'Integral Institute' mit vielen Leuten von der 'Harvard Graduate School of Education' zusammen – Bob Kegan, Susan Cook-Greuter, Jeff Stewart, Kurt Fischer – und versuchen so zu diesen Organisationen Brücken zu schlagen. Wir wollen von ihnen wissen: 'Welche Art Material nehmt ihr ernst? Oder was müssen wir tun damit ihr dieses Material ernst nehmt?'

E.com: Das erinnert mich an den Ausspruch von Max Planck, die alte Generation würde es niemals verstehen. Man muss warten bis diese ausstirbt und eine neue heranwächst, die an das neue … ich möchte das 'P'-Wort (Paradigma) vermeiden, gewöhnt ist.

KW: Das stimmt.

E.com: …Kannst du dir irgendeinen Weg vorstellen, wie man diese Burschen in Harvard wirklich erreichen kann? [Anmerkung des Herausgebers: Das genaue Zitat von Max Planck lautet: 'Eine neue wissenschaftliche Wahrheit triumphiert nicht dadurch, dass sie ihre Gegner überzeugt und ihnen das Licht zeigt, sondern vielmehr dadurch, dass diese schließlich aussterben und eine neue Generation heranwächst, die mit ihr vertraut ist.']

KW: Bis zu einem gewissen Grad, sicher...

E.com: Wenn es entsprechend gut und sinnvoll ist und sie mit der Offensichtlichkeit des logischen Zusammenhangs konfrontiert werden und sehen, dass es alles umfasst, werden vielleicht einige sagen: 'He! Das stimmt ja!'

KW: Ja, im allgemeinen stimmt es, dass, wie Max Planck sagt, die alten Paradigmen mit ihren Anhängern sterben. Ich würde es so umschreiben: 'Die Suche nach der Wahrheit schreitet von Begräbnis zu Begräbnis.' Tatsächlich sind schon viele Anhänger der alten nicht-ganzheitlichen Leute weggestorben.

Unsere Generation der Babyboomer wird darauf reagieren. Obwohl sich die meisten von ihnen noch im grünen Entwicklungszustand befinden - sie befinden sich nun schon seit 30 Jahren in ihm - sind sie jetzt allmählich bereit, in gelbe und zweite Reihe-, mehr ganzheitliche Vorgehensweisen überzuwechseln.

Nimm z. B. Susan Cook-Greuter und Jane Loevinger mit ihren Entwicklungsforschungen. Cook-Greuter hat mit ihrem Satzvervollständigungstest höhere Stadien der Selbstverwirklichung als die von Jane Loevinger gefundenen nachgewiesen. Sie kann das durch wiederholbare Versuche beweisen. Das nehmen die Leute ernst. Sie fing damit an, als sie von der 'Harvard Graduate School' kam. Und dann ist da noch Robert Kegan, ein Mitglied des 'Integral Institute'. Er ist der erste Gastprofessor - sie schufen einen Lehrstuhl in Erwachsenenbildung für ihn – an der Harvard 'Graduate School of Education'. Er ist ein sehr wertvoller Mitarbeiter am 'Integral Institute'. Diese Leute nehmen das was wir machen äußerst ernst.

Auf diese Weise wollen wir vorgehen. Wir behaupten nicht, andere Vorgehensweisen seien schlecht oder falsch. Wir haben uns den herrschenden Kräften nur noch nie wirklich ernst genug genähert. Wir blieben irgendwo Außenseiter mit unseren Workshops, Seminaren und Konferenzen … und niemand hörte uns zu. Wir sagen deshalb: 'Das ist alles ja gut und schön. Aber wir wollen diese anderen Vorgehensweisen auch mal ausprobieren und wir brauchen deshalb Forschungen und Beweise. Wir werden deswegen unter anderem auch, nachdem wir die Literaturübersicht fertiggestellt haben, die Forschungen auf dem Gebiet der Transformation weiter voran treiben.

E.com: Ich habe das neu überarbeitete 'Boomeritis', das jetzt als Roman vorliegt, noch nicht gelesen. Hast du keine Angst, dass du durch die Veröffentlichung eines Buches, das vielleicht manchen, ob zu Recht oder zu Unrecht, gegen dich aufbringen könnte, letztlich deine größeren Ziele gefährdest?

KW: Sicher. Wenn es die Leute nur aufbringen würde, anstatt sie zu mobilisieren und ihnen einen Weg heraus zu zeigen. Meinst du mit den 'aufgebrachten Leuten' die Postmodernisten?

E.com: Nochmal: Ich habe es noch nicht gelesen, aber als ich den ersten Auszug von 'Boomeritis' gelesen hatte, war mir klar, einige Leute würden sich von dir heruntergemacht fühlen. Und sollten sich die Akademiker mit den Leuten zusammentun, die sich auf den Schlips getreten fühlen, erscheint mir das jetzt in dem Augenblick, in dem versuchst, dir deinen Weg ins akademische Lager zu erarbeiten, ein bisschen wie Selbst-Sabotage.

KW: Ja, ich würde dir zustimmen, wenn das Buch keine anderen Wirkungen hätte. Das stimmt schon. Das Hauptangriffziel von 'Boomeritis' sind die extremen Postmodernisten. Das ist eine extreme Version des grünen Entwicklungsstadiums. Ich nenne es das 'gemeine grüne Meme-Stadium'. Es ist die pathologische Version des gesunden Grüns. Gesundes Grün hat eine enorme Anzahl positiver Dinge hervorgebracht: Die Bürgerrechte, Feminismus und Umweltschutz. Jeder Entwicklungszustand, jedes Stadium, jede Ebene hat etwas äußerst Wichtiges beizutragen. Das Grün lieferte 30 Jahre lang so fantastische Beiträge wie diese.

Aber wie jedes Stadium, jede Ebene oder jeder Entwicklungszustand hat das Grün seine Schattenseiten. Diese äußern sich in einem extremen, destruktiven Postmodernismus. Dieser destruktive Postmodernismus hat 30 Jahre lang das akademische Leben beherrscht. Er war die Stimme, die alle Formen akademischen Lebens uneingeschränkt beherrschte, mit Ausnahme der ‚harten' Physikwissenschaften, die sich so oder so einen Dreck um den Postmodernismus scherten. Die Postmodernisten behaupten, die Wissenschaft sei total patriarchalisch, unterdrückerisch usw.

Aber jetzt scheinen die Akademiker genug vom extremen Postmodernismus zu haben. Seine Zeit ist abgelaufen. Jeder ist dessen überdrüssig, aber keiner weiß, was zu tun ist.

'Boomeritis' hat jetzt zu diesem Zeitpunkt nur ein bestimmtes Ziel und soll nur dieses eine Thema ansprechen: Kritik am extremen Postmodernismus. Das Buch zeigt auf, wie er begann, nennt die Schäden, die er verursachte und zeigt einen Weg heraus. Es hat nur eine fest umrissene Absicht ... vor 20 Jahren hätte ich dieses Buch nicht schreiben wollen, denn damals war die Zeit des grünen Entwicklungsstadiums noch nicht vorbei. Ich wäre nur verteufelt worden.

Aber jetzt erkennen viele die Berechtigung meiner Kritik und stimmen mir zu. Ich habe 'Boomeritis' 50 Leuten geschickt, davon die Hälfte Personen, die ich kritisiert hatte. Ich erwartete einen Ansturm ärgerlicher Reaktionen. Von den 50 Leuten, denen ich das Buch schickte, schrieben 48 zurück, sie würden mit jedem einzelnen Wort übereinstimmen. Ich war wirklich schockiert, denn ich dachte, sie könnten das Buch unmöglich gelesen haben. Die zwei, die das Buch kritisierten, gehörten nicht zu denen, die ich angegriffen hatte. Sie hatten aus anderen Gründen Probleme mit dem Buch.

Die Leute folgen meinen Argumenten. 'Wissen Sie was? Sie haben recht. Wir müssen damit aufhören. Es ist an der Zeit weiterzugehen.' heißt es dann. Es zeigt ihnen einen Weg heraus. Ein sehr positives Buch, im Gegensatz zum Postmodernismus selbst, der alles nur demontiert ohne etwas anderes an seine Stelle zu setzen. Das Buch demontiert die Demontage indem es eine positive, ganzheitliche Vorgehensweise anbietet. Diese kann man draußen auch tatsächlich anwenden und reelle Forschung damit betreiben, Wirkungen erzeugen und das Business, das Erziehungswesen, die Medizin usw. verändern. In diesem Sinne ist es ein sehr positives Buch.

E.com: Wird es im Herbst herauskommen?

KW: Ja, nächstes Jahr um diese Zeit.

E.com: Großartig.

OK, nun zu etwas anderem: Sprechen wir über verschiedene theoretische Aspekte deiner Arbeit. Als erstes: Ich habe deine Ansichten über Holons und Intersubjektivität gelesen, die von denen Whiteheads und de Quinceys abweichen. Ich bin nicht sehr versiert in all diesen Dingen, aber als ich sie las, hatte ich das Gefühl, all das führt nur zu der scholastischen Diskussion über die Frage, wie viele Engel auf einer Schwertspitze tanzen können.

Es scheint im Augenblick keine Möglichkeit zu geben, irgendetwas davon zu beweisen und du könntest zugegebenermaßen dabei vielleicht eine Theorie erhalten, die ein bisschen ausgewogener, eleganter ist und ein bisschen besser mit Occam's Rasiermesser Forderung übereinstimmt, aber es scheint mir ein theoretischer Sack Flöhe zu sein. Am Ende hast du eine Menge Zeit damit verbracht, z. B. über das Wahrnehmungsvermögen von Quarks zu diskutieren. Aber … wer zum Teufel kann da wirklich etwas Definitives sagen? Wozu soll das alles gut sein?

KW: Ich glaube, das ist ein gutes Argument. Meine Hauptkritik an Christian de Quincey besteht erstens darin, dass er in den 3 Gebieten, in denen er meine Sicht kritisiert, diese (meine Sicht) nicht richtig darstellt.

E.com: Du hast das großartig herausgestellt.

KW: Deshalb musste ich darauf ein gehen und erklären: 'Tut mir leid, aber in Wahrheit habe ich was anderes gesagt. Er hat es falsch dargestellt.' So ziemlich alle sind der Meinung, ich hätte das einigermaßen klargestellt.

E.com: Ja, du warst brutal aber genau.

KW: [Lacht.] Nun, das sagt man allgemein von mir, glaub ich.

E.com: Nur teilweise.

KW: Nur teilweise. In Wirklichkeit bin ich doch ein herzensguter Kerl.

E.com: Das kann ich bezeugen.

KW: [Lacht erneut.] De Quincey's Meinung nach habe ich überhaupt keine Gefühle.

E.com: Da waren ein paar wirklich lustige Dinge drin zu lesen.

KW: Man versucht natürlich, das Ganze möglichst leicht zu halten, mit ein wenig Humor usw. Aber hauptsächlich wollte ich meinen theoretischen Standpunkt klarmachen. Ein Beispiel, warum es nicht nur darum geht, wie viele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können und warum Whitehead die spirituelle, transpersonale Seite der Intersubjektivität nicht versteht:

Whitehead argumentierte, es könne in der realen Welt keine Gleichzeitigkeit für 2 Subjekte geben. Mit anderen Worten meine Subjektivität und deine Subjektivität können niemals gleichzeitig miteinander existieren. Er argumentierte folgendermaßen:

In dem Augenblick in dem ich etwas sage und es gelangt zu dir und du bemerkst es, ist es bereits vergangen. Deshalb sind für Whitehead Erinnerung und Wahrnehmung im Grunde das selbe. Es gibt kein gleichzeitiges Jetzt für irgendwelche 2 Subjekte irgendwo im Universum.

Im manifesten Bereich stimmt das. Wenn man keine Informationsübertragung annimmt, die schneller als Licht ist, gibt es im manifesten Bereich keine Gleichzeitigkeit für 2 Subjekte. Das bedeutet aber, dass es in Wirklichkeit keine simultane Intersubjektivität gibt. Alles was wir miteinander austauschen sind Erinnerungen und Schatten der Vergangenheit. Wir können niemals füreinander präsent sein, wenn man es ganz genau betrachtet.

E.com: Also sind wir in Wirklichkeit Monaden?

KW: Ja, in gewissem Sinne fensterlose Monaden. Gemäss Whitehead nimmt das Subjekt zwar ein Objekt wahr, deshalb besteht eine Beziehung, aber die zwei Subjekte zusammen ....ein Subjekt kann keine 'Zeitgenossen' wahrnehmen, nur deren Vorgänger. Deshalb gibt es für Whitehead keine Gleichzeitigkeit.

Ich stimme mit ihm überein, dass das für den manifesten Bereich zutrifft. Und weder de Quincey noch David Ray Griffin oder irgendein anderer Whiteheadianer widerspricht Whitehead in diesem Punkt. Sie kleben an der Tatsache, dass es keine wirkliche Intersubjektivität gibt.

Aber meine Argumentation geht einfach dahin: bringt man die nicht-dualen Traditionen ins Spiel, gibt es ihnen zufolge mindestens 2 Wahrheiten. Eine ist die Wahrheit des relativen Bereichs und die andere die eines absoluten oder nicht-dualen Gewahrseins. Im relativen Bereich stimmen wir dem zu, was Whitehead sagt: es gibt keine Gleichzeitigkeit für zwei verschiedene Subjekte. Aber im absoluten Bereich gibt es diese sehr wohl, denn es gibt dort nur ein Subjekt: Das absolute Selbst!

Wie Schrödinger es ausdrückt: Das Bewusstsein existiert nur in der Einzahl; es gibt davon keinen Plural. Deshalb kann es gleichzeitige Subjekte geben, denn auf der absoluten Seite des Seins gibt es überhaupt nur ein Subjekt. Das einzelne Atman in mir, oder besser gesagt, das einzelne transzendentale Selbst in mir ist identisch mit dem deinen. Deshalb sind wir fähig, auf dieser Ebene gleichzeitig miteinander zu existieren. Das ist sehr real und unmittelbar und unabhängig von einer kurzfristigen Erkenntnis.

E.com: Können das 2 Leute gleichzeitig fühlen?

KW: Ja!

E.com: Ich und du fühlen …

KW: Du fühlst es gerade jetzt im Augenblick.

E.com: Und wenn wir uns darauf konzentrieren, David, der dort drüben sitzt, auch mit einzuschließen, anstatt nur dich und mich, verändert sich dann das Gefühl?

KW: Was sich verändert ist die manifeste Seite dieses transzendentalen Beobachters. Alle Formen verändern sich ständig. Deshalb nimmt das transzendentale Selbst, wenn es durch deine Augen herausschaut, offensichtlich eine andere Ansicht dieses Raumes wahr als wenn es durch meine Augen heraussähe. Aber es ist im Grunde das selbe Selbst. Man kann das in Zuständen, die verschiedentlich als Satori bezeichnet werden, erkennen. Im Satori erfährt man die grundlegende Erkenntnis: ich bin dieses eine große Ich und alles, was existiert, teilt dieses eine Bewusstsein mit mir, dieses eine Schmecken von allem, was von einem Augenblick zum anderen heraufsteigt. Das eröffnet Möglichkeiten der Intersubjektivität, die weit jenseits der Darlegungen Whiteheads liegen.

Wir müssen deshalb beide Ebenen berücksichtigen, wenn wir über Subjektivität und Intersubjektivität sprechen. Auf der relativen Ebene gilt das, was Whitehead sagt, mehr oder weniger, aber auf der absoluten Ebene, auf der Bewusstsein ein Singular ohne Plural ist, können wir einander verstehen, denn dort gibt es nur ein Bewusstsein!

Viertes Interviewsegment:

Vollständig realisierte Verwirklichung; Reinkarnation; Erleuchtung in der heutigen Welt

E.com: OK. Das ist ein großartiger Aufhänger für die folgende Frage, die ein Bursche namens Jon Sillis gestellt hat. Ich glaube, du kennst ihn. Ich lese einfach mal vor:

Die Frage, um die ich ständig kreise und auf die ich immer weniger eine befriedigende Antwort finde, betrifft das Verhältnis zwischen dem Wesen des philosophischen und intellektuellen Suchens einerseits und dem Buddha- oder ursprünglichen Zustand oder der wahren Natur des Geistes andererseits, die in vielen nicht-dualen Traditionen als Zustand der Verwirklichung bezeichnet wird, insbesondere im Dzogchen. Namkhai Norbu, wahrscheinlich der bekannteste Dzogchen Lehrer der Welt, sagt, Philosophien ebenso wie intellektuelle Antworten kommen und gehen. Sie sind vergänglich und abwegig und führen zu keinem befriedigenden oder wertvollen Verständnis. Vielmehr entstehe echtes Wissen und die dadurch mögliche Befreiung nur durch die einfache Beobachtung von Körper und Geist und der Energie, aus denen diese bestehen, indem man die darunter liegende 'Spiegel'-Ebene erkenne. Aber wie kann das mit der Richtung und dem Zweck Ihres Entwicklungsmodells - wenn überhaupt - in Übereinstimmung gebracht werden und welche Konsequenzen ergeben sich Ihrer Meinung nach aus diesen möglicherweise gegensätzlichen Ansichten? Vielen Dank und alles Liebe, Jon Sillis.

KW: [Lacht.] Ausgezeichnete Gesichtspunkte. Und deshalb müssen wir wieder darauf zurück kommen … Die einzige Möglichkeit, darauf zu antworten, ist wiederum auf die Doktrin der 2 Wahrheiten zu vertrauen: der Vorstellung von der relativen Wahrheit oder den relativen Wahrheiten in der Welt des Maya und der Manifestationen, denen eine absolute, endgültige oder nicht-duale Wahrheit zugrunde liegt. Wenn Namkhai Norbu von der Natur des Geistes spricht, meint er die absolute, endgültige, nicht-duale Wahrheit unseres immerwährenden Gewahrseins. Man kann diese Wahrheit völlig unabhängig von jedweder Philosophie oder Psychologie etc. erforschen.

E.com: Einfach nur still sein und schauen.

KW: Still sein und schauen. Das ist die fundamentale, grundlegende Anweisung aller nicht-dualen Schulen. Einfach nur den verdammten Mund halten und schauen. [Gelächter.]

E.com: Eine Anweisung, deren Wirkung man überprüfen kann.

KW: Die Anweisung funktioniert… aber es ist ein bisschen komplizierter. Die endgültige Anweisung für die Verwirklichung des nicht-dualen Bewusstseins besteht nicht darin, den Zustand der nicht-dualen Wahrnehmung zu erreichen, sondern zu erkennen, dass bereits jetzt ein Teil deines Bewusstseins diesen Zustand genau kennt!

E.com: Richtig.

KW: Wir werden so lange darauf hinweisen bis das alle erkennen. Wir werden nichts erschaffen, was nicht bereits 100-prozentig existiert. Wenn du meine Stimme hörst, den Tisch siehst und Geräusche bemerkst, die irgendwo zu hören sind, so ist das erleuchtetes Bewusstsein. Das ist einhundert Prozent erleuchtetes Bewusstsein.

Der Grund warum du nicht spontan ausrufst: 'Wow! Jetzt sehe ich es!' liegt darin, dass du durch die Objekte, die dauernd in deinem Bewusstsein auftauchen, zu sehr abgelenkt wirst. Du konzentrierst dich auf die Objekte, die vorbeiziehen, und vergisst dabei, wer der eigentliche Betrachter oder Beobachter dieser Objekte ist, und deshalb scheint es so, als wäre dieser nicht-duale Zustand nicht gegenwärtig, aber in Wirklichkeit ist er immer präsent.

Wir dürfen deshalb aber nicht die Wahrheiten im relativen Bereich ignorieren. Dafür gibt es 2 Gründe.

Zum einen, obwohl immer gegenwärtiges Bewusstsein, wie der Name schon sagt, immer präsent ist – es ist präsent in Quarks – [Gelächter] es ist präsent in jedem Entwicklungsstadium, wissen wir trotzdem nicht, ob die Erfahrung des Satori und die Erkenntnis der Natur des Bewusstseins nicht zumindest ein gewisses Minimum an psychologischer Entwicklung voraus setzt. Kann z. B. ein Wurm diese Erkenntnis haben? Es geht nicht darum, ob ein Wurm Buddha-Bewusstsein hat – alle fühlenden Wesen haben Buddha-Bewusstsein – sondern ob er es bewusst erfahren kann, ob er Satori erfahren kann?

Die meisten Leute sagen, Würmer können kein Satori erfahren. Mohrrüben … nein. Wildtiere … wahrscheinlich nicht. In welchem Entwicklungsstadium kann ein Lebewesen tatsächlich dieses eine Bewusstsein erfahren? Die Entwicklung der Psyche spielt hier eine große Rolle. Meiner Meinung nach müssen wir hier 2 Dinge ansprechen.

Zum einen die Gegenüberstellung des Satori als einem nur kurzfristig veränderten Bewusstseinszustand gegenüber einer permanenten Verwirklichung dieses Zustandes. Ich glaube, die derzeitigen Beweise sprechen dafür, dass ein in Richtung Transpersonalität veränderter Bewusstseinszustand in beinahe jedem Entwicklungszustand möglich ist. Sogar Kleinkinder haben Wachträume und Tiefschlafzustände und deshalb Zugang zu den groben, den feinen und den kausalen Bereichen. Aber Kleinkinder können diese Erfahrung nicht stabilisieren, sie können diese nicht in ein permanentes, konstantes Beobachten oder nicht-duales Gewahrsein umwandeln.

Auf welcher Entwicklungsstufe kann man beginnen, diese Erfahrung in eine permanente umzuwandeln? Ich glaube, die bisherigen Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, dass die psychische Entwicklung mindestens die Ebene der 2. Reihe erreicht haben muss, um diesen vorübergehenden Zustand zu stabilisieren. Es ist eine empirische Frage, auf die wir eine Antwort zu finden hoffen … Wir versuchen Hinweise zu finden um den Leuten zu helfen, diesen Weg so schnell wie möglich zu gehen.

Es ist ziemlich klar, dass Menschen in niedrigeren Entwicklungsstufen Satori nicht permanent verwirklichen können. Wir können die relative Ebene nicht einfach abrupt verlassen, nicht einfach psychische Entwicklungsstadien hinter uns lassen, denn sie scheinen eine wichtige Rolle im Hinblick darauf zu spielen, wie gut wir diesen nicht-dualen Zustand des Bewusstseins später verwirklichen können. Das ist die eine Sache.

Die zweite ist die, dass man, selbst nach der Stabilisierung des nicht-dualen immerwährenden Bewusstseins, dieses außerdem noch durch seine konventionelle Persönlichkeit und seine konventionelle Philosophie ausdrücken und manifestieren sollte. Je ausgeglichener, ganzheitlicher und verwirklichter diese Philosophie ist, desto angemessener kann man diese auch vermitteln und damit helfen, der Welt einen Sinn zu geben. Es hilft wirklich nicht sehr viel, wenn man ein großartiges Verständnis der Natur des Bewusstseins besitzt, dieses Verständnis aber nicht in Erziehungs-, Wirtschafts- und allgemeine Politik oder Politik für die reale Welt, in der reale, menschliche Wesen leben, umsetzen kann.

Deshalb müssen wir, über das Verständnis und Erwecken des absoluten, nicht-dualen Wesens des Bewusstseins hinaus, diesem auch in möglichst ganzheitlicher und verständlicher Weise Ausdruck verleihen, damit es in der realen Welt wirksam werden kann. Die beste aller möglichen Welten wäre eine Verbindung von beidem, dem Relativen und dem Nicht-Dualen, um eine umfassendere Annäherung an das Problem zu erreichen.

Ist das in etwa eine Antwort auf diese Fragen?

E.com: Oh ja, ich glaube, das war sehr gut. Vielleicht noch ein paar Fragen von anderen Leuten. Was denkst du über die Reinkarnation oder andere Möglichkeiten, bestimmte Bewusstseinsebenen, die man erreicht hat, von einem Leben zum nächsten zu übertragen? Werden wir alle mit demselben Bewusstseinslevel und denselben Fähigkeiten geboren? Zieht sich unsere Arbeit über mehrere Leben hin?

KW: Ich glaube, Reinkarnation ist ein äußerst schwieriges Thema, teilweise deshalb, weil wie ich glaube, viele von uns haben, wenn sie einen wenn auch nur kurzen Blick auf veränderte Bewusstseinszustande erhascht haben - nur transpersonale Erfahrungen gemacht, Satori, Kensho Nirvikalpa Samadhi, Sahaja Samadhi, aber keine direkten Erfahrungen eines früheren Lebens. In dieser Angelegenheit ist empirisches Wissen aus erster Hand eine äußerst zweifelhafte Angelegenheit.

Ein(e) Zenmeister(in) kann Satori im Handumdrehen demonstrieren. Aber nicht seine oder ihre früheren Leben. Der Dalai Lama sagt, er kann sich nicht an seine früheren Leben erinnern, aber andererseits soll ich glauben, Shirley Maclaine könne das. Ich habe da meine Zweifel. [Lacht.]

Das ist erst der Anfang des Problems. Zweitens gibt es seit jeher ein äußerst esoterisches Verständnis der Reinkarnation, das Shankara etwa in die Worte kleidete: 'Der Herr allein ist der einzige Seelenwanderer.' Mit anderen Worten: Es gibt nur ein Selbst, das eine Selbst über das wir vorhin sprachen, und nur dieses eine Selbst wandert. Nur dieses Selbst wird in jedem Holon wiedergeboren. Das halte ich für richtig. Aber es taucht die berechtigte Frage auf, was ist mit meiner relativen Seele auf ihrem Weg zur Erleuchtung? Wandert dieses kleine Würstchen auch, wie immer man sich das auch vorstellen mag?

Die Traditionen bejahen das ziemlich einhellig. Nur wenige sind anderer Meinung. Das Thema ist jedoch, wie gesagt, sehr schwierig, denn die Beweise dafür stehen auf sehr viel wackligeren Beinen als die für Satori. Man kann jemanden in den Nirvikalpa-Samadhi-Zustand versetzen und ihn an ein EEG-Gerät anschließen und bekommt Gehirnwellenaufzeichnungen, die zeigen, dass etwas passiert. Aber man kann auf diese Weise nicht definitiv behaupten: 'OK. Sie sehen sich gerade, wie Sie vor 4000 Jahren die Pyramiden erbauen.'

E.com: Und selbst wenn jemand diese subjektive Erfahrung hat, ist er vielleicht nur sehr kreativ.

KW: Es ist sehr schwierig. Nimm z. B. den Typen, der die meisten empirischen Untersuchungen angestellt hat, Ian Stevenson. Ich glaube, der Titel eines seiner Bücher ist sehr angemessen. Seine Titel lauten etwa 'Zwanzig Fälle, die auf Reinkarnation hinweisen.' Schau dir seine Bücher an! Bestenfalls sind diese Fälle nur ein Hinweis auf Reinkarnation. Es ist sehr schwer zu beweisen. Ein 'Beweis' sieht typischer Weise z. B. so aus, dass mir im Alter von zwei Jahren etwas zustößt und es stellt sich heraus, es hat etwas mit einem früheren Leben zu tun und nur jemand, der dort gewesen ist, kann darüber Bescheid wissen und nachdem man diese Informationen überprüft hat, stellen sie sich als wahr heraus.

Einerseits scheint das darauf hinzudeuten, dass ich wiedergeboren wurde.. Aber andererseits hätte ich diese Informationen auch einfach telepatisch aus dem Bewusstsein von jemandem nehmen können, der dieses Wissen hat. Wenn man einmal eine nicht-physikalische Ebene annimmt, ist es äußerst schwierig zu bestimmen, welche Art Gespenst man vor sich hat.

E.com: Genauso wie die Bezeichnung 'GESP' oder allgemein 'ESP' (ASW) eingeführt wurde, um all die verschiedenen Dinge zu bezeichnen, die in der Diskussion sind. Denn man kann nicht unterscheiden, ob es sich um Präkognition handelt oder ob man etwas unmittelbar aus dem Bewusstsein von jemandem erhält. Es ist äußerst schwierig, das herauszufinden.

KW: Genau. Es ist sehr schwer, das festzustellen.

E.com: Charley Tart hat das sehr gut erklärt.

KW: Charley hat hervorragende Forschungsarbeit auf diesem Gebiet geleistet und er wäre der Erste, der dir sagen würde, es sei verdammt schwer, etwas eindeutig festzustellen, wenn man einmal die Büchse der Pandora dieser Existenzebenen geöffnet hat. Aurobindo hat eine weitere Idee hinzugefügt, die mir immer ziemlich sinnvoll vorkam. Um die Strapazen der Seelenwanderung durchzustehen, muss eine Seele ziemlich hoch entwickelt sein. Andernfalls verflüchtigt sie sich einfach aufgrund des Schocks des Wiedereintritts oder wie auch immer.

E.com: Das klingt für mich wie einige der modernen magischen Theorien, nach denen man eine Seele nur für immer gewinnt, wenn man eine Menge Arbeit geleistet und sie stabilisiert hat.

KW: Ja, ich glaube, das ist die generelle Idee. Theoretisch scheint mir das sinnvoll. Ich glaube theoretisch, dass die Seele wandert. Sie macht das so lange bis sie permanenten Zugang zu den kausalen Ebenen erreicht. Ich glaube auch theoretisch, dass die Bardo-Ebene, in der die Seelenwanderung vor sich geht, mit der Ebene des subtilen oder Traumzustandes identisch ist. Man behauptet klassischer oder traditioneller Weise, dass man, wenn man z. B. absichtlich permanente Klartraumzustände hervorrufen kann, im Tode denselben Prozess durchläuft: Man geht durch einen Traumzustand und kann seine Wiedergeburt kontrollieren. Es ist derselbe Prozess, derselbe Zustand. Und wenn man während des Sterbevorgangs und auf der Bardo-Ebene bewusst bleibt, kann man bis zu einem gewissen Grad die Art und Weise bestimmen, wie die Wiedergeburt vor sich geht. Ich glaube, das macht theoretisch Sinn.

Wenn man den Zustand des permanenten Zugangs zur kausalen oder formlosen Ebene erreicht hat, erhält man gemäß den Traditionen eine weitere Wahlmöglichkeit: man muss nicht unbedingt zurück kehren. Man kann einfach im formlosen Nirwana-Zustand bleiben und nicht wiedergeboren werden. Das ist das eindeutige Ziel der Thereveda-Tradition, das Rad des Samsara für immer zu verlassen. Als die nicht-dualen Traditionen hinzukamen, ersetzten sie dieses Ziel durch die Vorstellung des 'Bodhisattva', d. h. du kommst, egal ob du erleuchtet bist oder nicht, zurück, um uns übrigen, die hier geblieben sind, zu helfen.

All diese Anschauungen halte ich theoretisch für sinnvoll. Man kann sie nur nicht auf dieselbe empirische Art beweisen wie den Satori –Zustand, Nirvikalpa oder Sahaja Samadhi. Diese Zustände habe ich direkt erfahren … viele Leute haben Nirvikalpa Samadhi direkt erfahren, aber nur sehr wenige verfügen über direkte Erfahrungen der Bardo-Ebenen oder früherer Leben, die zwanzig, dreißig oder vierzig Lebensalter zurückliegen.

E.com: Anders als bei diesen Beispielen von Nahtoderfahrung.

KW: Die sind auch interessant, aber die eigentliche Interpretation gleicht auch hier einem Würfelspiel. Für mich ist die Nahtoderfahrung kein wirklicher Beweis für die Reinkarnation. Sie beweist die Existenz dieser höheren Bewusstseinszustände. Wenn man sich diese Nahtoderfahrungen genauer anschaut, so ist nicht viel Unterschied gegenüber dem Erreichen des Sahaja oder Nirvikalpa Samadhi oder ähnlichen Zuständen. Die Menschen haben eine direkte Erfahrung, kommen zurück und berichten darüber. Das beweist nicht, dass sie wiedergeboren wurden. Genauso wenig wie die Satori-Erfahrung beweist, dass du wiedergeboren wurdest. Es ist nur eine andere Art Beweis. Es ist sehr viel schwerer, Beweise für die Seelenwanderung zu erhalten.

E.com: OK.

KW: Alle diese Anschauungen, die ich dir gezeigt habe, ergeben für mich theoretisch Sinn, aber ich selbst habe noch nie ein früheres Leben erfahren. Auf der anderen Seite gibt es für die anderen Bewusstseinszustände, mit denen ich hauptsächlich arbeite, Nirvikalpa oder Sahaja Samadhi, oder Svabhavikakaya, direkte Beweise. Viele von uns haben diese Bewusstseinszustände erfahren. Wir haben EEG-Aufzeichnungen, die zeigen, dass in unserem Gehirn etwas vor sich geht, wahrscheinlich, im Vertrauen, ... nur Anfälle kompletter Verrücktheit. [lacht.]

E.com: Du bist ein echter Quadrantentyp.

KW: Es ergibt theoretisch Sinn. Aber es ist wirklich schwer zu beweisen.

E.com: OK, gehen wir zu etwas anderem.

KW: [Lacht.]

E.Com: Hier ist eine andere Frage, die ich dir stellen möchte. Sie stammt von einem gewissen Mark Edwards. Er fragt: 'Warum konzentrieren Sie sich nur auf die inneren, kontemplativen, spirituellen Praktiken, wenn doch viele andere spirituelle Traditionen – die Tradition der Sakramente, die kollektiven Traditionen des sozialen Dienstes, die Traditionen des hingebungsvollen Handelns, Hatha Yoga, hingebungsvolles Familienleben, die künstlerischen spirituellen Traditionen der Kalligraphie, der Musik usw. so schön sein können, leicht erklärt werden können und innerhalb der kollektiven und aktiven Bereiche Ihres Modells präsentiert werden könnten?' Er ist der Meinung, du solltest die exoterischen Traditionen mehr beachten.

KW: Ja, ich glaube, er hat vollkommen recht und er selbst veröffentlicht ja Literatur, die diesen Mangel ansprechen. Und soweit ich gesehen habe, macht er das sehr gut. Eines der Gründe, eines der Dinge, auf die ich mich lieber konzentriere, sind die schwierigen, theoretischen Probleme, die schlecht gelöst sind … Ich widme mich lieber einigen der schwierigen, theoretischen Probleme die sozusagen meine Aufmerksamkeit erheischen. Schwierige Themen. Sobald ich für sie eine erste annähernde Lösung gefunden habe, interessieren sie mich nicht mehr so sehr. Ich gehe dann weiter zu den nächsten schwierigen Themen.

E.com: Sicher.

KW: Deshalb denke ich, in diesem Fall passen alle diese Dinge, die Mark erwähnt, doch genau in mein Modell ...

E.com: Das ist keine Angelegenheit von so überwältigender Bedeutung für dich.

KW: Nein. Richtig. Die Leute werden, wie dieser Gentleman einsehen, dass das eigentlich alles offensichtlich ist. Er hat sich hingesetzt und Großartiges geleistet. Ich hoffe, das werden die anderen auch tun. Ich hoffe, sie werden kommen und sagen: 'Ah! Ich hab's! Das ist die grobe Linie, der Rahmen.' um sich dann hinzusetzen und diese außerordentliche und wichtige Arbeit zu leisten.

E.com: Das was etwa Enlightenment.Com mit Transformationstechniken im Web machen will.

KW: Richtig. [Lacht.]

E.com: Eine andere Frage. Das traditionelle Ziel der östlichen Religionen und östlicher Esoterik ist Moksha, die Befreiung von der Wiedergeburt in Form von Samadhi und Nirwana. Sind diese Ziele für den modernen Menschen von heute noch relevant? Kann man sie in Formen kleiden, die mit der modernen, vorherrschenden, wissenschaftlichen Weltsicht übereinstimmen?

KW: Ja, ich glaube, jeder Zustand, der eine Befreiung von den Leiden des Lebens verspricht, ist relevant. Ich glaube, keiner möchte auf eine Möglichkeit der großen Befreiung verzichten, auch kein Mensch unserer modernen Welt. Die Schwierigkeit besteht natürlich darin, diese Erfahrung auf eine einigermaßen sinnvolle Weise in die Alltagswelt zu integrieren. Ich glaube, hier macht die allgemeine Vorstellung des Bodhisattva sehr viel Sinn d. h. die gründliche Erfahrung des formlosen Zustands des Nirwanas auf jede auftauchende Form anzuwenden. Der Impuls, der diese Erkenntnis begleitet, wird als 'Mitleid' bezeichnet. Auf diese Weise wird die treibende Kraft im Leben der Gedanke: 'Ich hatte das Glück, in meinem Wesen so etwas wie Befreiung, Freiheit und Fülle zu finden. Wie kann ich das anderen mitteilen damit sie auch davon profitieren?'

Ähnlich wie wenn jemand zu dir kommt und dir eine Milliarde Dollar gibt. Der erste Impuls der meisten Leute ist: 'Ich werde das Geld mit anderen Leuten teilen, die es brauchen.' Und dasselbe geschieht, wenn du eine wirklich grundlegende Erfahrung des Erwachens machst. Du sagst nicht: 'Oh, jetzt werde ich die Welt verlassen.' sondern: 'Wow! Jemand hat mir eine Milliarde Dollar gegeben. Ich werde hinausgehen und sie mit anderen teilen.' Im allgemeinen reagieren Menschen auf diese Weise, nachdem sie solche Erfahrungen gemacht haben. Sie fühlen sich in einer äußerst tiefgreifenden Weise dazu veranlasst, den Reichtum zu teilen. Und so geschieht es.

Deshalb ist das dringendste Anliegen im Moment das, worüber wir vorhin gesprochen haben. Hast du einmal das Wesen des Bewusstseins erkannt, das Nirwana, diesen formlosen, ewig gegenwärtigen Zustand gefunden, was machst du dann im relativen Bereich? Du versuchst, mit einer möglichst ganzheitlichen Vorgehensweise in diesen hineinzugehen und auf das Erziehungssystem, das politische System, das Wirtschaftssystem usw. einzuwirken, damit diese Systeme Zustände der Verwirklichung und Befreiung fördern. Offensichtlich ist das ein großer Auftrag, aber das ist kein Grund, sich nicht zu engagieren.

E.com: Nein. Es könnte der Zweck unseres Daseins sein.

KW: [lacht.] Man könnte so sagen, ja.

Fünftes Interviewsegment:

Forderungen und Kritik an Ken Wilbers System: Teil A

E.com: Wenn du erlaubst, würde ich jetzt gerne wieder ernst werden ...

KW: [Kichert.]

E.com: ... und über ein Problem sprechen, das ich, mit Verlaub, seit langem mit dir habe. Und zwar: Warum erkennen nicht mehr Leute die Größe, Schönheit, Unermesslichkeit und Großartigkeit deines theoretischen Systems an? Für mich ist völlig klar, dass du deine Vorhaben besser als alle anderen jemals verwirklicht hast. Vergleiche mit – Hegel und Kant kenn ich nicht so gut – aber mit William James scheinen mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt vollkommen gerechtfertigt zu sein.

Deine Vereinigung von Wissenschaft und Mystik, von westlicher Entwicklungspsychologie und östlicher Spiritualität, deine Fähigkeit, viele Theoretiker durch allgemeine Orientierungshilfen und dein fantastisches Organisationstalent in grobe Übereinstimmung zu bringen ... das ist alles unübertroffen.

Deshalb würde ich gerne, vorausgesetzt, das alles trifft zu, wissen, warum so viele Menschen ... es ist nicht so, dass die Leute einfach nur vor den Kopf gestoßen werden, aber warum wollen dich nicht mehr Menschen lesen und anerkennen ... Ich zeige ihnen deine Arbeiten, ich lese deine Bücher seit 1981, und sage ihnen: 'Was da drin steht, ist fantastisch! Es hat mich mindestens 3 verschiedene Male völlig umgehauen!' Als ich das erste Mal Das holografische Paradigma las, starrte ich in eine Waschmaschine und schaute zu, wie sich die Trommel hin- und her bewegte und dachte dabei an das Glyzerin und das alles ...

Deshalb würde ich gerne, um das besser in den Griff zu kriegen, – ich habe da eine Vermutung – einige der Kritikpunkte, die gegen dich erhoben wurden, durchgehen. Und zwar als Freund und nicht als ...

KW: Das ist in Ordnung.

E.com: ...Feind. Der erste Punkt, wir haben darüber schon gesprochen, ist der, dass deine Arbeiten angeblich schwierig zu verstehen seien. Aber das ist eigentlich nicht mehr der Fall. Du scheinst mit jedem, der auftaucht, eine Einigung zu finden und ihn irgendwie in deine Arbeit integrieren zu können. Ich glaube, das ist nur ein Scheineinwand. Lest seine Arbeiten ... ähnlich wie LDVH ('Lest das verdammte Handbuch!') von Computerprogrammen. Lest es, schaut es euch an, und es wird alles besser verständlich. Es muss dich schon ein wenig verdrießen, dass die Leute das einfach nicht kapieren wollen.

KW: [Lacht.] Bevor ich darauf antworte, möchte ich den ersten Teil aus dem Weg räumen, indem ich zugebe, es könnte ein paar gute Gründe geben, warum die Leute abgestoßen werden.

Eine Menge von dem, was ich sage, könnte falsch sein. Wir müssen diese Möglichkeit in Betracht ziehen. Die Leute lesen es und sagen: 'Nein, nein, falsch, falsch, nein, alles falsch!' Ich könnte Unrecht haben. Das könnte der Grund sein, weshalb sie nicht darauf eingehen.

Das zweite ist natürlich, dass einige Leute, zumindest in 3 von insgesamt zwanzig Büchern ... da waren ein paar polemische Fußnoten drin und ein paar Leute haben sich darüber aufgeregt. Ich bin der Meinung, das ist Pipifax, aber möglicherweise fiel es diesen Leuten dadurch schwer, meiner übrigen Argumentation zu folgen.

Sie sagten, ich würde zu meinen Gunsten argumentieren was einigen Leuten anscheinend Schwierigkeiten bereitet. Ich gebe zu, ich benutze Argumente, die meine Ansicht stützen. Ich habe vorher Argumente für die andere Seite geliefert und jetzt liefere ich Argumente zu meiner Verteidigung.

Als erstes habe ich ein generelles Schema entdeckt hinsichtlich der Leute, die auf meine Arbeit positiv reagieren und auch der anderen, die das nicht tun. Diejenigen, die auf meine Arbeit positiv reagieren, haben ungefähr genau so viel Literatur wie ich gelesen. Sie wissen, was draußen vor sich geht und sind mit vielen der Dinge vertraut, die ich zusammenbringe. Sie erkennen wie wichtig es ist, alle diese verschiedenen Arten von Vorgehensweisen, Systemen und Ideen mit einzuschließen und unter einen Hut zu bringen.

E.com: Du hast einen besseren Orientierungsplan als alle anderen geliefert.

KW: Darum geht's. Leute wie Mike Murphy, der selbst vergleichbare Arbeit geleistet hat. Jemand wie er schaut sich das alles nur einmal an und versteht jeden Satz von Anfang bis Ende. Er schluckt das Ganze und fügt noch selber entlang des Weges eigene Gedanken hinzu.

Die meiste Kritik kommt von Leuten, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und nicht erkennen, warum einige dieser Dinge auch mit reingenommen werden müssen. Z. B. wird die ungeheure Menge an Untersuchungen über die unterschiedliche psychische Entwicklung in den verschiedenen Kulturkreisen vielfach nicht berücksichtigt.

Ich habe eine generelle Regel aufgestellt hinsichtlich des zweiten Problems, weswegen Leute Schwierigkeiten mit meiner Arbeit haben: Jeder hat Recht. Deshalb gehe ich ganz anders vor, um verschiedene Philosophien und Psychologien zu vereinen: jedes System, das jemals aufgestellt wurde, ist bis zu einem gewissen Grade wahr. Wie ich manchmal sage: Kein Verstand kann 100-prozentig irren. Unglücklicherweise nähern sich die meisten Zeitgenossen der Philosophie auf folgende Weise: Ich habe eine besondere Idee und alle anderen haben Unrecht.

E.com: Richtig. Entweder/Oder-Denken.

KW: Ja, das ist im Grunde genommen meine Vorgehensweise. Jeder hat Recht. Sogar die Materialisten und Reduktionisten. Sie besitzen sehr wichtige Erkenntnisse, die mit eingeschlossen werden müssen. Ich stelle lieber die Meta-Frage: 'Welches System oder Modell ist in der Lage, die größte Anzahl Wahrheiten aus der größten Anzahl Disziplinen zu berücksichtigen?'

E.com: Du bist noch nie einer Frage begegnet, die du nicht mochtest?

KW: So wie Will Rogers. Und das ist die Wahrheit. Deshalb finden die Leute Behaviorismus, Marxismus, Atomismus ... ich versuche, einige Teile von all diesen Dingen, auf sehr lockere Weise, basierend auf allgemeinen Orientierungshilfen, sagen wir, kümmern wir uns im Moment nicht um all die Details ... allgemein gesagt, diese Leute haben Recht bezüglich dieser allgemeinen Sache. Machen wir Platz dafür! Nehmen wir das dazu! Und die Buddhisten … sie haben Recht, nehmen wir das auch dazu! Und all die Physiker, OK, nehmen wir die auch dazu!

Auf diese Weise erhält man eine Art zusammengesetzter Landkarte; aber keiner verwechselt natürlich die Karte mit der Landschaft selbst. Trotzdem willst du doch keine unvollständigen Landkarten, verdammt!

E.com: Die beste Landkarte, die du kriegen kannst.

KW: Richtig. Die meisten Leute stimmen dem zu. Deshalb muss man, um meine Arbeit beurteilen zu können, unglücklicherweise eine Menge Hausaufgaben machen. Die Leute müssen einsehen, wie wichtig es ist, alle bekannten Wahrheiten zu berücksichtigen. Wenn sie nicht aus diesem Impuls heraus handeln, geben sie sich mit einer weniger wertvollen Teilwahrheit zufrieden, weil das für sie einfacher ist. Das ist für sie leichter. Sie sagen: ‚'OK. Ich bin Buddhist und alle anderen haben Unrecht.' So ist das. Ich kann mich nicht in alle anderen hineinfühlen, aber ich werde mich nicht mit ihnen darauf einlassen. Ich verstehe diesen Impuls, aber das ist nicht der Impuls hinter meiner Arbeit.

Die dritte Sache, die ich zu meiner Verteidigung vorbringen kann, ist die, dass die Forschungen ziemlich klar gezeigt haben, dass man das zweite Reihe-Bewusstsein erreicht haben muss, ehe einem diese Probleme überhaupt bewusst werden. Leute im blauen, orangefarbenen und grünen Bewusstseinszustand sind nicht an ganzheitlichen, umfassenden Landkarten interessiert. Sie sehen keinen Sinn darin. Wenn Leute in die zweite Reihe überwechseln, nach gelb oder türkis, geschieht etwas sehr Dramatisches mit ihnen. Plötzlich geben sie sich nur noch mit den ganz großen Übersichten zufrieden. Plötzlich wollen Sie alles umfassen, die ungeheure Fülle, und alle diese verschiedenen Vorgehensweisen, Systeme und Wahrheiten integrieren und berücksichtigen.

E.com: Wenn du einmal aus deinem Bauernkaff heraus gekommen bist und etwas von der Welt gesehen hast, willst du nicht wieder ...

KW: Zurückgehen.

E.com: Nein.

KW: Aber demographischen Erhebungen zufolge befinden sich wiederum weniger als 2 Prozent der Bevölkerung im Zweite Reihe- Zustand. Für diese Menschen habe ich immer geschrieben. Das ist keine große Leserschaft, relativ gesehen. Das sind meine 3 Punkte um mich zu verteidigen.

Ich bin ... Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich wirklich dankbar dafür bin, wie in den letzten Jahren, besonders in den letzten 5 Jahren, diese Ideen Anklang gefunden haben. Jetzt wurden meine Bücher sogar, ich will mich nicht selbst loben, in 34 Sprachen übersetzt. Es gibt sie jetzt sogar auf Slowenisch, Slowakisch, Estnisch, Latvisch, Serbisch – offenbar lesen sie jetzt, nachdem sie aufgehört haben zu vergewaltigen und zu morden – Bulgarisch ... Mit 20 Büchern in 34 Sprachen bin ich der am meisten übersetzte akademische Autor in Amerika.

E.com: Du bist schon irgendwie Wahnsinn.

KW: Es ist Wahnsinn, ja.

E.com: Nein, du.

KW: Ja. Es ist schon eine Schau. Sogar der amtierende Präsident und sein Vize haben meine Arbeit gut geheißen. Es hat lange gedauert. Wirklich sehr lange. Aber jetzt mehren sich die Zeichen ziemlich schnell, dass es vorangehen wird.

E.com: Eine Frage … gehen wir zu den Kritikpunkten zurück, die ich zusammengestellt habe, damit wir sie mal abhaken können. Wir sprachen über die Schwierigkeiten, die manche haben, dein Werk zu verstehen. Wir sprachen auch darüber, dass manche dich für arrogant halten. Aber es sind in der Hauptsache nur Projektionen, wenn sie sagen: 'Wenn du selbst zugibst, dass du nicht voll erleuchtet bist, wie kannst du dann über Erleuchtung schreiben?' und ähnliche Vorwürfe. Aber ich glaube, das ist ziemlicher Pipifax ...

KW: Das glaube ich auch.

E.com: ...Gehen wir weiter. Noch etwas zu dem polemischen Stil. Ich weiß nicht, ob du zu den 3 Büchern mit Fußnoten die vorletzte Seite von Ein Geschmack zählst. Das habe ich dich schon mal gefragt.

KW: Das ist richtig. Ich habe das in der zweiten Ausgabe abgeändert.

E.com: Ich dachte nur, das war, weißt du, ein wenig hart, zu sagen, dass all diese ...

KW: Ich hab's abgeändert.

E.com: Wirklich?

KW: Ja.

E.com: Oh wow. OK, nichts für ungut.

KW: [Lacht.]

E.com: OK, jetzt würde ich gerne zu den Fragen kommen, die mich wirklich interessieren.

KW: Aber ich würde noch gerne darauf hinweisen, dass da ein ...

E.com: Ich glaube, was du sagen wolltest, war: 'Wenn du mit Wölfen läufst, Männergruppen besuchst oder was auch immer, wenn es sich in den traumlosen Tiefschlafzuständen nicht als wahr erweist und auch sonst nicht...

KW: Das stimmt.

E.com: ...ist es nicht real.'

KW: Nun...

E.com: I denke, das war hart.

KW: OK, lass mich ... nachdem du's angesprochen hast, nur kurz... lass mich nur kurz darüber was sagen.

E.com: Jetzt wird's interessant.

KW: Wenn du dich erinnerst ... wir haben vorhin schon darüber gesprochen. Ich versuchte, den Unterschied zwischen den beiden Wahrheiten aufzuzeigen. Die relative und die absolute Wahrheit. Das ganze Buch hindurch versuche ich klar herauszustellen, dass alle diese Dinge, einschließlich ganzheitlicher, transformativer Praktiken, Gewichtheben, mit Wölfen laufen, im relativen Bereich ihre Berechtigung haben.

E.com: Ins Kino gehen, wie du sagst.

KW: Ins Kino gehen. Das alles hat seinen Wert im relativen Bereich. Aber ich wollte das Ganze mit einem Hinweis auf den absoluten oder nicht-dualen Bereich abschließen. Ich benützte ein Zitat von Ramana Maharshi um daran zu erinnern. Denn als ich es zum ersten Mal hörte, wurde es für mich zu einem Koan, über das ich 6 Monate lang ununterbrochen meditierte, bis es gleichsam aufsprang: Wenn etwas nicht in traumlosen Tiefschlafzuständen vorhanden ist, ist es nicht real. Das ist nun zunächst äußerst schockierend, denn in diesen Zuständen ist nur ein Ding anwesend, das ...

E.com: Selbst.

KW: Formloses Bewusstsein. Ja, das Selbst. Das transzendentale Selbst. Und solange du nicht ganz bewusst diese Tiefschlafzustände wahrnimmst und so dieses immerwährende Selbst erfährst, kannst du das Absolute, 'Nicht-Duale' nicht verwirklichen. Deshalb wollte ich Ein Geschmack mit diesem Hinweis beenden: Du kannst alle diese anderen Dinge tun, aber vergiss die absolute Wahrheit nicht. In all diesen wechselnden Zuständen: Wachen, Traum, Tiefschlaf, ist immer jemand mit dir und du musst zu der Erfahrung dieses immerwährenden Zeugen erwachen, der gerade in diesem Augenblick alle die Dinge wahrnimmt, die fortwährend auftauchen. Bis das geschieht, ist alles andere auch OK, aber es ist relativ, vorübergehend und bewirkt keine absolute Befreiung. Das wollte ich damit sagen.

E.com: Und das ist OK. Aber ich glaube, die Menschen lesen, was du geschrieben hast und erheben dich zu einer Art Idol. Sie sehen, dass du tiefe Meditation und nicht-duales Gewahrsein beherrscht und stellen fest, dass sie das nicht können und am Ende fühlen sie sich schlecht.

KW: Gut.

E.com: Obwohl du sagst ...

KW: Gut.

E.com: Alles ist ...

KW: Nein. Genau das soll passieren. Ramana Maharshi gab mir einen Tritt in den Arsch und sagte: 'Wilber, solange du nicht wenigstens ein klein wenig Ahnung davon hast, solltest du dich schlecht fühlen.' Darauf erwiderte ich: ' OK Sir.' und ich arbeitete daran bis ich einen winzigen Schimmer dieses Verständnisses erhascht hatte. Wenn die Leute sich total gut fühlen, kannst du sie nicht anspornen, nach einer Erkenntnis zu suchen.

E.com: Das wäre Mitleid mit Idioten, um mit deinen Worten zu sprechen.

KW: In gewissem Sinne ja. Deshalb habe ich ja auch, ich war ein wenig überrascht, als du das angesprochen hast, aber jedes Mal kommt jemand anders mit einem anderen Abschnitt daher und meint: 'Das zeugt von übler Gesinnung.' oder 'Das ist unfair und es gefällt mir nicht. Ändere das ab…! ' Deshalb änderte ich, um diesen Abschnitt etwas abzumildern, die Ausgabe noch mal ab und fügte ein paar Sätze hinzu, die das erklären sollten, was wir soeben besprochen haben. So...

E.com: Gut, danke.

KW: Ja, gut..

E.com: OK…

KW: [Lacht.]

E.com: Gehen wir zu ein paar Philosophen ....

Sechstes Interviewsegment:

Allgemeine Forderungen und Kritik an Ken Wilbers System: Teil B

E.com: John Stuart Mill sagte, er wäre lieber ein unzufriedener Sokrates als ein zufriedenes Schwein..

KW: Ja.

E.com: Er wusste das, weil er Leute fragte, die beide Erfahrungen gemacht hatten – Menschen, die ein ausschweifendes Leben geführt hatten und solche, oft dieselben Personen, die später Philosophie studiert hatten. So weit ich weiß, hast du z. B. keine Naturmystik studiert. Du hast darin keine Erfahrungen, soweit ich gehört habe. Lass mich das zu Ende führen.

KW: OK.

E.com: Aber wenn wir uns den Ebenen jenseits des Verstandes zuwenden, dann redest du über Naturmystik, Göttermystik, das Formlose, das Nicht-Duale ... Wie kannst du wissen, dass du nicht einfach das projizierst, was du bei den Leuten gelesen hast, die du am meisten schätzt und dann diese wunderbare Theorie geschaffen hast, dass wir einmal höhere Bewusstseinszustände erreichen werden ... auf diese, diese oder diese Weise... obwohl ich ziemlich sicher bin, dass sie und du diese Zustände gar nicht erreicht haben ... wie können wir wissen, dass die höchsten Wesen auf diesem Planeten nicht irgendwelche wilden Schamanen irgendwo jetzt oder in der Vergangenheit sind, die Dinge gemacht haben von denen wir keine Ahnung haben? Und ihre höchsten Bewusstseinszustände sind einfach so ... oder das Sein ist gar nicht hierarchisch aufgebaut, sondern einfach unermesslich. Vielleicht kann man diese Zustände gar nicht auf die Reihe kriegen. Wie kannst du wissen, dass diese nicht-duale meditative Sache nicht einfach nur eine Projektion ist?

KW: Richtig.

E.com: Wie kannst du sicher gehen?

KW: Ich hätte ein paar lustige Bemerkungen auf Lager, die sich aber nicht für den Druck eignen. Ich möchte nur kurz antworten, obwohl ich es mich innerlich vor Lachen schüttelt.

Es ist eine sehr gute Frage und du hast absolut recht und ich möchte in meinen Büchern hauptsächlich Beweise präsentieren. Und wenn etwas nicht bewiesen werden kann, lass ich die Finger davon. Ich habe meine Arbeiten noch mal als Ganzes herausgegeben und stehe noch heute zu 95 % von dem, was ich damals geschrieben habe, denn es basierte zu der Zeit auf Beweisen, die immer noch gültig sind. Ich habe nur die Themen, über die ich schreibe, weiter in andere Bereiche hinein ausgedehnt, die ich noch nicht behandelt habe. Aber auch meine früheren Bücher sind äußerst solide, denn sie basieren auf einer bestimmten Art von Beweisen und einer bestimmten ... Ich versuche, sehr sorgfältig den phänomenologischen, wissenschaftlichen und spirituellen Beweisen und Erfahrungen zu folgen.

E.com: Sicher. Du bist Empiriker, sowohl in der physikalischen Welt als auch in der intersubjektiven, hermeneutischen Verifikation.

KW: Solange wir diesen Begriff im Sinne von direkter Erfahrung und unmittelbarem Gewahrsein gebrauchen und nicht im Sinne von Sinnesmotorik ...

E.com: Du bist Wissenschaftler, Ken. Das alles hat mit Subjektivität zu tun. Aber du bist auch Wissenschaftler.

KW: Aber ich hoffe, außer Wissenschaftler auch Künstler, Moralist und hoffentlich auf allen drei Gebieten gut. Ich möchte nicht als Positivist abgestempelt werden, wie Jorge Ferrer mich bezeichnet hat. Deshalb lass ich dir das nicht durchgehen.

Aber wir suchen definitiv nach Beweisen und in diesem Fall ist die allgemeine ... es gibt mehrere Beweisführungen. Eine der klassischsten, die von den traditionellen Lehren angewandt wird, ist der sogenannte russische Puppen-Beweis: man kann von höheren Zuständen niedrigere überschauen aber nicht umgekehrt. Die 3 Hauptzustände, die alle menschlichen Wesen erreichen können, sind Wachen, Träumen und Tiefschlaf. Im Allgemeinen werden sie auch grob, fein und kausal genannt. Wenn das Bewusstsein sich in einem dieser Zustände erweitert, hast du jedes Mal ein anderes mystisches Erlebnis.

Im groben Bereich, der allgemein als der niedrigste ontologische Bereich angesehen wird – der grobe Bereich ist der, der durch die Sinneswahrnehmung definiert wird – er schließt die Natur und Gaia mit ein und alles, was du, allgemein gesagt, im Wachzustand aufgrund der Sinneswahrnehmung erkennen kannst. Eine Bewusstseinserweiterung im groben Bereich erzeugt die sog. Naturmystik. Sie ist eine vorübergehende Erweiterung mit Hilfe der Sinneswelt. Es ist ein sehr hoher Bewusstseinszustand. Wie du weißt, rangiert er in meinem zehnstufigen System an siebter Stelle. Plotinus nannte ihn die 'Weltseele'.

E.com: Richtig.

KW: Die meisten Philosophen, die das bestätigen, Aurobindo, Plotinus und die meisten Traditionen, glauben noch an zwei oder drei höhere Zustände. Sie glauben, dass es sich um höhere Zustände handelt, weil du z. B. im Schlaf oder im Savikalpa Samadhi die Traumwelt betreten kannst, nachdem du einmal eine bewusstseinserweiternde Erfahrung im groben Bereich gemacht hast und mit ihm in Naturmystik vereint warst. Dort ist der grobe Bereich nicht mehr aktiv. Im Traumzustand gibt es keine Gaia, keine physikalische, empirische Natur oder materielle Welt mehr. Stattdessen befindest du dich dann in einer Welt der Lichterscheinungen und nicht materiellen Bilder.

Wenn man eine Bewusstseinserweiterung in diesem feinen Bereich erlebt, erfährt man eine Vereinigung mit Wesen, die nicht nur dem physikalischen Bereich angehören. Allgemein wird das als Göttermystik bezeichnet. Diese Wesen können das höhere Selbst oder Yidams sein. Du kannst dich aber auch mit Christus oder Engeln vereinigen oder ein Dhyana Buddha werden oder z. B. Sambhogakaya realisieren.

Ist dieses Stadium erreicht, beginnst du Klarträume zu haben und du hast bewussten Zugang sowohl zum Wach- als auch zum Traumzustand. Wenn sich das Bewusstsein noch weiter in den formlosen Tiefschlafbereich ausdehnt, dann erfährst du, dass der grobe Bereich verschwindet. Es gibt keine Natur, keine Gaia, aber auch keinen feinen Bereiche mehr, keine Götter, Engel, Lichterscheinungen, nichts. Nur noch kausale Formlosigkeit, weites, unbegrenztes Bewusstsein als solches ohne irgendein Objekt. Man kann feine Bewusstseinszustände erfahren ohne vorher kausale Ewigkeit erfahren zu haben aber nicht umgekehrt. Deshalb glaubt man, dass letzterer ein höherer Zustand ist.

Mit anderen Worten: Wenn ich im kausalen Bereich permanent verankert bin, kann ich per definitionem, ständig alles beobachten, was auftaucht. Ich kann den groben Bereich der Naturmystik sehen, wenn er auftaucht. Im Traumzustand, wenn die Natur verschwindet, kann ich jetzt den feinen Bereich wahrnehmen. Und im kausalen Bereich, in dem keine Objekte auftauchen, verbleibe ich als Beobachter. Aber ich kann nicht mehr nur den groben Bereich wahrnehmen, mit anderen Worten, nur ein Naturmystiker sein. Ich kann diese Erfahrung machen, ohne diese anderen Zustände erfahren zu haben, aber nicht umgekehrt. Deshalb sind diese anderen Zustände höher, denn sie gehen über die niedrigeren Zustände hinaus und schließen diese mit ein. Das ist eine Möglichkeit, diesen kausalen...

E.com: Du sagst, es ist empirisch ziemlich gut nachgewiesen ...

KW: Das stimmt.

E.com: ... dass es so herum funktioniert und nicht anders.

KW: Es ist nicht nur empirisch gut dokumentiert, es ist auch ... logisch ... du kannst es einfach ableiten. Du kannst, wie gesagt, z. B. Zugang zu feinen Bewusstseinszuständen haben, ohne Zugang zu den permanenten, kausalen Zuständen, aber nicht umgekehrt. Wenn du Beobachter im permanenten, kausalen Bereich bist, kannst du, per definitionem, die feinen Bereiche betreten, durch die Tatsache, dass du alles, was aufsteigt, beobachten kannst, einschließlich aller feinen Bereiche.

E.com: Und der einzige Weg, auf dem die Leute feststellen können, ob du wirklich die Wahrheit sagst, ist ...

KW: es selbst zu erfahren.

E.com: Richtig.

KW: Richtig. Deshalb versuche ich, den Lesern das Argument der russischen Puppen nahe zu bringen: 'Sehen Sie, die Erfahrung zeigt uns das.' Erstens - und zweitens: es besteht ein logischer Zusammenhang diesbezüglich. Obwohl die Zustände selbst jenseits der Logik liegen, besteht die Tatsache, dass man niedrigere Zustände ohne die höheren erreichen kann, aber nicht umgekehrt, und dieses 'nicht umgekehrt' stellt eine Rangordnung der Entfaltung dar, die die Traditionen im allgemeinen als Nirmanakaya, Sambhogakaya, Dharmakaya, grob, fein und kausal bezeichnen, und ich glaube, das sind Beweise dafür. Es gibt andere Zustände, die nicht diese Progression zeigen. Aber das sind nur gleichwertige Zustände, soweit wir sagen können. Allgemein kannst du z. B. im feinen Bereich alle möglichen subtilen Erfahrungen machen, von denen keine wesentlich höher oder niedriger ist als andere und die nicht unbedingt andere Zustände voraussetzen. Es gibt da kein Stufenschema.

Nicht alles passiert in Stufen. Ich behaupte in meinem Modell, dass ungefähr ein Drittel ... Stufenkonzepte erklären ungefähr ein Drittel von dem, was vor sich geht. Aber das wird in fast allen Fällen verschwiegen, denn die Leute mögen keine Stufen. Sie fühlen sich dadurch eingeengt und niemand will eingeengt sein. Deshalb verwerfen sie das alles. Eine Art Boomeritis. Aber ein großer Teil ereignet sich nicht in Stufen. Auf jeden Fall verschiedene Arten der Mystik, die sich im Wachzustand ereignen, die sog. Naturmystik. Es gibt dort alle möglichen Variationen.

Der schamanische Zustand geht teilweise von der Natur in den feinen Bereich über. Dabei erfährt man teilweise subtile Sambhogakaya-Mystik, besonders bei Reisen in die Unter- und Oberwelt. Obwohl die Natur auf diese Erfahrungen irgendwie abfärbt, reichen sie doch vielfach in Bereiche feiner Lichterscheinungen hinein. Sogar Kundalini-Erfahrungen treten auf. Aber andererseits wird der formlose Zustand im Schamanismus selten verstanden...

E.com: ... als religiöse Erfahrung missverstanden...

KW: Nicht richtig verstanden ... [Lacht] ... im Schamanismus. Ich mache hier eine klassische Unterscheidung: solange du nicht durch das kausale Unmanifestierte gegangen bist, kannst du keinen wirklich nicht-dualen Zustand erreichen, denn der eigentliche nicht-duale Zustand ist die Vereinigung der reinen Leere mit der Form. Solange du die reine, kausale Formlosigkeit nicht erfahren hast, kannst du keine echte Nicht-Dualität erleben, in der die Formlosigkeit mit allen vorübergehend auftauchenden Formen vereint ist. Viele Leute halten die Naturmystik für nicht-dual. Aber das stimmt nicht, weil dort die subtilen und kausalen nicht-dualen Zustände fehlen.

E.com: OK.

KW: So.

E.com: Danke. Der nächste Philosoph: Friedrich Nietzsche.

KW: [Lacht.]

E.com: Du kennst doch die Vorstellung von Uroborus, der Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beisst? Meine Frage lautet ... angenommen, der Sprung vom rationalen Bewusstsein zum Bewusstsein jenseits der Vernunft kann nur in einem völligen Loslassen erfolgen. Deshalb musst du, wenn die Zeit gekommen ist, sich in das Bewusstsein jenseits der Vernunft hinein zu entwickeln, um dich selbst wirklich loszulassen, auch alles andere loslassen. Du musst bereit sein, das Chaos zu erfahren ... durch die dunkle Nacht deiner Seele zu gehen, durch eine beinahe dionysische Art der Energie.

Dein System scheint einen sauber gegliederten Entwicklungsübergang zu versprechen, der ganz klar und einfach ist. Aber in Wirklichkeit machen die meisten Menschen, glaube ich, andere Erfahrungen.

KW: Richtig.

E.com: Viele Leute, die nicht einer kontemplativen oder spirituellen Tradition angehören, machen wirklich wilde Erfahrungen, bevor sie in einem höheren Zustand gefestigt sind.

KW: Ich glaube, das ist in allen Fällen so. Wirklich.

E.com: Ergibt meine Frage einen Sinn?

KW: Sicher, ja. Aber ...

E.com: Du sagst, es passiert gemäss diesem netten, einfachen, logischen Fortschreiten...

KW: Nein, nein, nein!

E.com: ... um von dem Vernunftmäßigen zu dem, was jenseits der Vernunft liegt, zu gelangen, muss man die rationale Ebene völlig loslasssen...

KW: Natürlich.

E.com: Das macht natürlich Angst und der rationale Verstand sträubt sich dagegen.

KW: Nein, nein, nein. Du hast vollkommen recht. Was ich tue und ich nenne es oft ... ich gebe ein ... wenn ich die Entwicklungsstadien darlege, liefere ich nur, wie ich es in SES ausdrücklich erklärt habe, eine rationale Rekonstruktion der Bereiche jenseits des Verstandes. Das ist eine sehr spezifische Sache. Das heißt nicht, dass diese rationale Rekonstruktion dich zu den Bereichen jenseits des Verstandes bringt. Die Rekonstruktion soll diese Bereiche nicht ersetzen. Sie behauptet nur, wir können ein bisschen was über diese höheren Zustände aussagen. Wir sind nicht völlig unwissend bezüglich dieser Dinge. Schließlich sprechen die Mystiker seit Jahrtausenden darüber. Aber es ist ein großer Unterschied zu sagen: 'Schaut her! Das sind die groben, die feinen und die kausalen Zustände.' Das bedeutet nicht, dass die Leute auf diese einfache ein-zwei-drei Art und Weise da durchmarschieren können. Tatsächlich geschieht es auf turbulente, außerordentlich chaotische Weise und man muss alles loslassen, ja, absolut alles.

Aber es ist ... nicht ... auf der einen Seite ist es sehr schwer, auf der anderen Seite aber überhaupt nicht. Denn jeder tut das einmal alle 24 Stunden: Er geht vom Traumzustand in den traumlosen Tiefschlaf über und lässt dabei alles vollständig los. Alles. Es gibt dann keine Rationalität mehr. Kein Leiden. Keine Schmerzen. Es gibt dann auch kein Selbst mehr. Auch kein Nicht-Selbst. Jeder taucht Nacht für Nacht für endlose Stunden in diese formlosen Regionen ein. Er taucht in dieses wirkliche Selbst ein ... auf diese Weise.

Deshalb weiß eigentlich jeder, wie es ist zu sterben. Du machst es jede Nacht. Du lässt dein Ego los, deinen Körper. Du lässt jede einzelne Nacht für viele, viele Male alles vollkommen los.

E.com: Und du drehst nicht durch aufgrund der Tatsache, dass du jetzt einschläfst ...

KW: Man dreht nicht durch! Nein. Deshalb ... wenn du diesen Vorgang bewusst erlebst, flippst du ein bisschen aus. Dafür sind im Allgemeinen die Traditionen oder gute Meister da: um deine Hand zu halten, denn, offen gesagt, wenn du im Bewusstsein unterwegs bist, erlebst du total ausgeflippte und chaotische Sachen; Sachen, die dir eine Höllenangst einjagen.

Aber die einfache Tatsache, dass ich einige diese groben Orientierungspunkte aufgestellt habe, bedeutet nicht, dass man genau diesen Weg entlang gehen kann. Es ist dasselbe wie eine Landkarte, auf der steht: 'Da ist Boulder und hier ist Denver,' verstehst du ...

E.com: Ja. Das ist mir letzte Nacht passiert. Man kommt von der 270 nicht auf die 93 ...

KW: [Lacht.] Ich habe einige dieser Dinge auf einfache Weise dargelegt, aber der Weg folgt nicht diesem Schema. Es ist immer äußerst schwierig. Insbesondere die nicht-dualen und höheren Zustände sind schwierig zu handhaben, weil sie so einfach sind. Sie sind sehr viel einfacher, als die meisten Leute sich das vorstellen können. Deshalb braucht man eine sehr, sehr lange Zeit um das zu erkennen, was die ganze Zeit buchstäblich hundertprozentig vor deinen Augen ist. Es ist einfach so verdammt offensichtlich, dass die meisten Leute ungefähr 2 Jahrzehnte brauchen, um es zu erkennen und zu glauben. Das ist es, was Dzogchen meistens ... wahrscheinlich der wirksamste ...

[Er zeigt auf Isaac, den Hund.] Sein Schnarchen ist nicht gut für die digitale Ausrüstung. Entweder du hörst auf zu schnarchen oder du fliegst raus, Kumpel. Mal sehen was passiert.

Auf jeden Fall, es ist nicht nur so, dass die Leute jede Nacht vollkommen sterben, wenn sie in die Formlosigkeit überwechseln, sondern dieser formlose Zustand ist auch ihr ständiges immerwährendes Gewahrsein. Etwas ist in dir, das jetzt gerade ohne jede Anstrengung alles beobachtet, was auftaucht. Du siehst die Vögel, du hörst meine Stimme, alles wird beobachtet. Etwas in dir ist sich all dessen fortwährend bewusst.

E.com: Und dasselbe ist ...

KW: Es ist dasselbe.

E.com: In dir.

KW: Dasselbe in mir. Bewusstsein gibt es nur als Singular.

E.com: Ob es in dem Hund da ist oder nicht, ist nicht ganz klar.

KW: [Lacht.] Wir nehmen an, dass es auch in dem Hund ist; wahrscheinlich bis hinunter zu den kleinen Quarks. Aber die Menschen besitzen noch etwas anderes, das man ‚Aufmerksamkeit' nennt, eine Art Kontraktion im Feld dieses immerwährenden Beobachters. Diese Spannung ist deine Identität. Deshalb, anstatt in diesem Beobachtungsfeld zu bleiben, welches alles was auftaucht, beobachtet und welches dein ursprüngliches Gesicht ist, das Gesicht, das du hattest, ehe deine Eltern geboren wurden... anstatt in diesem Zustand zu bleiben, verdichten wir uns in die Aufmerksamkeit und folgen den Objekten, die an dem Beobachter vorbeiziehen. Unser Leben ist ein Strang, auf dem Objekte so aufgereiht sind, dass wir möglichst viel Vergnügen aus ihnen ziehen können, während wir sie miteinander verknüpfen.

Aber der eigentliche Segen ... der einzige Segen kommt von dem Beobachter selbst, nicht von irgendeinem der Objekte, nach denen wir greifen. Jede Nacht werden die Menschen durch das Loslassen der Objekte und dem Aufenthalt in diesem unendlichen Selbst erfrischt. Aber dieses Selbst bleibt von Tag zu Tag der selbe immerwährende Beobachter. Die Meditation ist in den nicht-dualen Traditionen grundsätzlich ein Weg, diese Objekte ruhig zu stellen, bis du die Tatsache erkennst, dass du fortwährend beobachtest. Bis du fähig bist, ständig in diesem immerwährenden Beobachter zu ruhen, der selbst nicht gesehen, gehört oder geschmeckt werden kann. Es ist dieser grenzenlose Seher. Und man fühlt sich schließlich wohl damit, von einem Augenblick zum anderen die Objekte loszulassen. Das ist der furchteinflössende Teil, weil es der Teil ist in dem man stirbt und das ist normalerweise einige Jahre ziemlich brutal, bis man es geschafft hat. Dann ist es auf ziemlich rührende Weise einfach völlig offensichtlich.

E.com: Hat man es einmal kapiert.

KW: Ja.

E.com: Und man kann es verstehen. Jedes Individuum kann es verstehen.

KW: Ja.

Siebtes Interviewsegment:

Allgemeine Forderungen und Kritik an Ken Wilbers System: Teil C

E.com: Das bringt uns zu Herman Hesse.

KW: Das habe ich mir fast gedacht.

E.com: Ich wusste, dass du dir das denken würdest.

In Das Glasperlenspiel, auch unter dem Namen Magister Ludi bekannt, für das Hesse 1946 den Nobelpreis für Literatur erhielt, schreibt er ... hier spricht der Musikmeister. Ich weiß nicht, ob du das Buch gelesen hast.

KW: Vor langer Zeit.

E.com: Ich nicht. Ich habe angefangen, es zu lesen, weil mir welche gesagt haben, es wäre vielleicht für Enlightenment.Com relevant. Er schreibt:

Um ehrlich zu sein, ich selber z. B. habe in meinem ganzen Leben meinen Schülern gegenüber noch nie ein Wort über die 'Bedeutung' der Musik geäußert. Gibt es eine solche, so hat sie meine Erklärungen nicht nötig. Andererseits war es mir immer sehr wichtig, dass meine Schüler schön ihre Achtel- und Sechzehntelnoten zählten. Was auch immer du werden magst, Lehrer, Gelehrter oder Musiker, bezeuge Achtung vor der 'Bedeutung', aber bilde dir nicht ein, dass sie gelehrt werden kann ... Die Aufgabe des Lehrers und Gelehrten ist es, Möglichkeiten zu studieren, die Traditionen zu pflegen und die Reinheit der Methoden zu bewahren, aber nicht, sich mit Erfahrungen zu beschäftigen, die nicht mitgeteilt werden können und die nur den Auserwählten vorbehalten sind - die für dieses Vorrecht oft genug einen hohen Preis zahlen.

Der Satz, der mich getroffen hat, ist die Feststellung, man könne sich nicht einbilden, die Bedeutung lehren zu können. Ich glaube, der wahre Grund warum die Leute von dir abgeschreckt werden, ist der, dass dein Werk keine innere moralische Ausrichtung besitzt. Es sagt ihnen nicht, wie sie ihr Leben leben sollen.

Es ist darauf zurückzuführen, dass du vorsichtig ausgedrückt, kein Guru, sondern ein Pandit bist, ein Gelehrter und Lehrer aber kein Gurulehrer. Die Leute lesen dein Werk und fühlen sich nicht in dem Maße erregt und gefordert, wie sie glauben es sein zu müssen, nachdem sie etwas von jemandem gelesen haben, der tatsächlich so viel herausgefunden hat wie du. Es scheint keine andere moralische Forderung zu geben als 'Entwickle dich!' oder vielleicht noch 'Praktiziere eine alle Quadranten und Ebenen umfassende' Vorgehensweise! Aber sie fühlen sich nicht inspiriert, sie erblicken keine archetypische Weltschau, wie sie sie vielleicht nach der Lektüre von Hegel etwa erfahren.

KW: Ja.

E.com: Der Grund ist der, dass du ihnen keine Bedeutung vermitteln kannst. Du würdest nie behaupten, die wahre Bedeutung der Spiritualität zu kennen und sie ihnen beibringen zu wollen, weil du nicht diese Art Mensch bist. Du machst das nicht. Du hast auch nie behauptet, das zu tun.

KW: Richtig.

E.com: Trotzdem glauben sie, weil du ein besseres, verständlicheres System als alle anderen geschaffen hast, … je besser dein System wird, desto mehr erwarten sie, die Bedeutung darin zu finden, egal ob du jemals versucht hast, sie hineinzulegen oder nicht. Ich glaube, das macht sie verrückt.

KW: [Lacht.]

E.com: Deswegen glauben sie, wenn du wirklich der bist, der du zu sein scheinst, und das getan hast, was du anscheinend getan hast, müssten sie auf eine andere Weise inspiriert sein, nachdem sie dein Werk gelesen haben.

Ich selber, wenn ich etwas von deinen Gedichten gelesen habe, ich mag deine Gedichte wirklich. Ich wurde in veränderte Bewusstseinszustände emporgehoben, in denen ich tatsächlich mit der Vorstellung eines Beobachters kämpfte, oder selbst als wir uns vorhin unterhalten haben, habe ich für eine ganz kurze Zeitspanne mein konzentriertes Bewusstsein de-konzentriert und dabei ‚es' ein klein wenig erfahren. Aber das ist eine persönliche, interaktive Sache und ich bin sehr glücklich, dich zu kennen und hier sein zu dürfen. Aber wenn die Leute deine Arbeiten lesen ...

Ich komme nochmals auf diesen Punkt zurück: 'Was du auch immer wirst, Lehrer, Gelehrter oder Musiker, habe Respekt vor der 'Bedeutung', aber glaube ja nicht, sie könne gelehrt werden.' Du lehrst die Leute, schön ihre Achtel- und Viertelnoten zu zählen. Du bist sehr gut in wissenschaftlicher Methodik und darin, deine Arbeit verständlich zu machen, empirisch zu arbeiten und den Leuten zu zeigen, was sie außer Acht gelassen haben. Du machst das fabelhaft. Ich glaube, du gehst hier mit Hesse konform. Aber diese Sache, 'das Lehren der Bedeutung': Die Bedeutung ist vorhanden, denn sie ist überall. Du zeigst das auf. Aber sie wollen es … ich weiß nicht … irgendwie mundgerecht vorgekaut.

KW: Das ist ein schwieriges Problem. Ich höre sicherlich, was du sagst. Aber das ist einer der Kämpfe, die du nur verlieren kannst. Würde ich wirklich das tun, was sie wollen, hieße es: 'Ah. Er versucht, die Bedeutung festzunageln und sie mir in den Hals zu stopfen.' Wäre ich wirklich fähig, das zu tun, würde ich kritisiert werden; tue ich es nicht, werde ich auch kritisiert.

Ich glaube, das was passiert, ist in einem gewissen Sinne das, worüber du gerade gesprochen hast. Was du im Grunde mit all diesen -- und letzten Endes ist das ganze Werk nur ... handelt nur davon Anleitungen zu geben. Wir wollten den Beobachter herausstellen, den nicht-dualen Zustand. Denn er ist in den Menschen immer gegenwärtig. Es ist keine Entwicklung nötig um zu ihm Zugang zu erhalten, denn er ist immer völlig hundertprozentig allgegenwärtig. Er ist kein Zustandswechsel. Er selbst beobachtet den Wechsel der Zustände.

Deshalb wird auf der anderen Seite niemand, der meine Arbeiten liest, gleich so großartig Feuer und Flamme sein, denn sie enthalten nur den Imperativ, das was ich schreibe, auch anzuwenden. In diesem Sinne besteht im relativen Bereich die moralische Forderung nur darin, das beste aus sich zu machen: sei ganz Quadrant, ganz Ebene und ganz Linie. Denn das bedeutet, verglichen mit anderen Systemen, ein umfassenderes Weltverständnis mit der geringsten Tendenz, Bereiche auszuklammern. Es versucht alle bekannten Wahrheiten mit ein zubeziehen ... auf freundliche Art und Weise. Unter der Parole: 'Alle diese Wahrheiten sind wichtig.'

E.com: Du bist sogar mit der translativen, nicht-transformierenden Haltung einverstanden.

KW: In gewissem Sinne ist sie OK. Wenn du die Welt übersetzen willst, gib dein Bestes, um das in einer möglichst umfassenden und verständlichen Weise zu tun. So lautet die relative Forderung. Die absolute Forderung lautet: 'Wach auf!'

Deshalb wechsle ich im Allgemeinen in meinen Schriften zwischen beiden Forderungen hin und her. Und was du die Dichtkunst nennst ... Ich habe das insbesondere in SES angefangen und habe das seither in fast jedem Buch wiederholt: ich stelle dieses ausgefeilte, alle Quadranten, Ebenen und Linien umfassende Konzept vor. Aber dann ab einem gewissen Punkt sage ich: 'OK. Vergessen wir das alles!' Was ist sich all dessen bewusst? Deshalb habe ich in fast allen diesen Büchern Anweisungen geschrieben, wie man den Beobachter oder den nicht-dualen oder Saja-Zustand erreichen kann. Ich versuche unter diesen Umständen die Grundlagen abzudecken, wenn du so willst, indem ich erkläre, das eigentliche Ziel des Ganzen ist, zu seinem ursprünglichen Gesicht und seinem wirklichen Selbst zu erwachen und anschließend diese Erkenntnis in einer möglichst umfassenden und verständlichen Weise in die reale Welt zu übertragen. Denn obwohl das Gewahrsein selbst formlos und immerwährend ist, willst du doch dieses formlose Gewahrsein nicht in eine engstirnige, armselige, kleine Philosophie zwängen. Obwohl das viele tun.

E.com: Oder in irgendeine Art von Obsession.

KW: Aber sie tun es. Und das ist schlecht. Denn das ist keine gesunde Art und Weise, die Erkenntnis auszudrücken. Ich habe herausgefunden, dass oft selbst Lehrer, die eine wunderbar starke und kraftvolle Erfahrung hatten, keine besonders ganzheitliche Philosophie entwickeln, um diese zu umfassen, und am Ende unterstützen sie ein paar wirklich ziemlich engstirnige, armselige Ideen.

E.com: Richtig.

KW: Ich meine es nicht böse oder dergleichen. Aber die Erkenntnis des Formlosen liefert keine Informationen über die Welt der Formen. Als diese Person mich fragte: 'Was kann ich, was Buddha nicht kann?', antwortete ich: 'Einen Jeep fahren', und das war nicht nur so dahergesagt. Es geht darum: im manifesten Bereich stecken Wahrheiten, die du ... selbst wenn du zu Nirwana erwachst, entwickelt und verändert sich das Samsara ständig und du musst dein Verständnis des Nirwana jeweils in einer verständlicheren und moderneren Fassung in die Welt des Samsara hineinbringen.

In buddhistischen Abhandlungen steht selbst für einen Buddhisten nichts über Nierentransplantationen, Computer oder Autos drin. Das Nirwana muss den wechselnden Gegebenheiten des Samsara angeglichen und durch diese ausgedrückt werden. Deshalb habe ich zwei Forderungen. Einmal 'Wach auf zum Nirwana!' Zweitens 'Drücke das in einer ganzheitlichen, samsarischen Philosophie aus!', ansonsten zerbeulst du deine Erfahrung, du machst sie zu Mus, erweist ihr nicht die ihr gebührende Ehre und engst sie zu einer armseligen, kleinen Philosophie ein, die dem Reichtum des manifesten Bereichs nicht Rechnung trägt. Man kann mit dieser Erfahrung keinen Kreuzzug führen, denn sie ist ... sie ist zu umfangreich. Deshalb versuche ich auch, Abwechslung rein zu bringen. Und viele der poetischen Abschnitte sollen die Leute anfeuern, ihre eigene Verwirklichung voranzutreiben. Das andere ist einfach nur harte Arbeit. Diese alle Quadranten, alle Ebenen-Sache ist banale, harte Arbeit. [Lacht.]

E.com: Andererseits hat vielleicht keiner seine inneren Welten, seine linke Seite, seine Subjektivität und innere Dimensionen so sehr verteidigt wie du. Und obwohl du wie ein Teufel dafür gekämpft hast, sie zurück in die öffentliche Diskussion zu bringen, scheint doch für manche der reine Akt des Aufstellens eines logischen Systems von der Größe und Schönheit deines Systems die mystische, innere, funkelnde, zauberhafte, chaotische, göttliche Natur aus diesen inneren Erfahrungen zu entfernen. Irgendwie saugt deine Logik ihrer Meinung nach das Geheimnisvolle und Schöne aus der Realität. Es scheint fast so, als würde das Apollinische das Dionysische auslöschen. Ich glaube, bei diesem Problem kannst du nicht gewinnen.

KW: [Lacht.]

E.com: Es ist auch nicht deine Schuld ...

KW: Nein, ich verstehe. Hier ...

E.com: Es stößt sie ab. Und sie schreien: 'Hey. Er hat nicht dieses strahlende, leuchtende ...' Aber es ist alles da, offensichtlich hast du es, aber sie sehen es nicht beim Lesen und begeistern sich nicht so wie bei anderen Autoren, die wir hier nicht nennen wollen und deren Arbeiten den deinen auch nicht annähernd das Wasser reichen können.

KW: Was wahrscheinlich die Sache ein wenig ändern würde ... Erstens, wenn das alles wäre, was ich mache, oder wenn ich tatsächlich glauben würde, diese rationale Rekonstruktion des Transrationalen wäre Selbstzweck, hätten diese Leute völlig Recht. Die Logik saugt das Leben aus allen diesen transrationalen Welten. Deshalb sträubt man sich offensichtlich dagegen, es zu tun. Aber gleichzeitig will man die Rationalität und logische Analyse nicht einfach ignorieren, unterdrücken oder an den Rand drängen. Diese stellt ebenfalls einen wichtigen Teil der manifesten Welt dar. Deshalb versuche ich eine ganzheitliche Annäherung an das Thema, die all diese Aspekte mit einschließt.

Wenn du ... eines der Dinge, die wir z. B. machen werden ... Ich glaube, sie sind gerade dabei ... Wenn du einfach die poetischen Lehren aus meinen Büchern in einem separaten Band zusammenstellst, dann hast du keine Quadranten, Ebenen, Linien, keine Entwicklung mehr, nichts davon. Nur das Aufzeigen dieses immerpräsenten Gewahrseins, das du schon seit Ewigkeiten bist, und zu dem du tatsächlich erwachen kannst, um es zu erkennen und in deinem Leben ständig zu verwirklichen. Wenn du diese Abschnitte liest, erfährst du etwas vollkommen anderes. Nichts als dionysische Ekstase. Keine Logik, keine Stufen, Bereiche oder dergleichen.

E.com: Auch wenn man Mut und Gnade liest. Eine völlig andere ...

KW: Eine völlig andere Erfahrung.

E.com: ... nimm dich selbst an.

KW: Genau. Aber teilweise möchte ich in gewisser Weise... Wenn man im konventionellen Bereich für irgendeine Art Dharma oder irgendeine Form transrationalen Bewusstseins Platz schaffen möchte – und da alle rational denkenden Professoren glauben, dass das alles nur völlig halluzinatorische Hirngespinste sind, muss jemand zu ihnen hingehen und das irgendwie auf der rationalen Ebene mit ihnen ausmachen. Indem er sagt: 'Schauen Sie! Es gibt doch Unmengen von Beweisen für die Existenz dieser höheren transrationalen Bewusstseinszustände.'

Aber ich muss natürlich rational mit ihnen argumentieren. Und das mache ich auch. Es ist OK. Wir reden über Derrida, Foucalt, Heidegger und Russell und wen er auch immer sonst noch ins Spiel bringen mag. Und wenn wir das alles durch haben, erkennt er vielleicht, dass es vielleicht noch mehr gibt.

Es gibt noch etwas anderes. Transrationale Bewusstseinszustände und –stufen, für die wir eine überwältigende Fülle von Beweisen besitzen, und wenn du dich von ihnen abtrennst, trennst du dich von deiner wahren Natur ab. Jemand muss es tun. Es ist ein widerlicher Job. Ich habe beschlossen, in die Bresche zu springen und diesbezüglich mein Bestes zu geben. Aber das heißt nicht, dass ich glaube, man müsse nur das tun. Und ehrlich gesagt, es ist hart. Ich werde froh sein, wenn ich das nicht mehr machen muss. Es geht mir langsam auf den Keks. Ich möchte nur noch geistlose Poesie und schlechte Romane schreiben. [Lacht.] Das kann ich auch.

E.com: Ich weiß.

KW: [Lacht.] Ich kann genauso gut schlechte Romane schreiben wie jeder Nächstbeste ...

Achtes Interviewsegment:

Die Bürde des Rums; Mit den Saiten klimpern; Arbeitstag Satori Blues

E.com: Das ist ein hübscher Übergang zu ein paar persönlichen Fragen, die ich dir stellen wollte.

Die erste: 'Warum du?' Vergleiche mit Hegel, dem 'Einstein des Bewusstseins' ... sogar wenn sie nur halbwegs richtig sein sollten, wie fühlt man sich als der Welt einflussreichster und populärster psycho-spiritueller Theoretiker? Was ist das für ein Gefühl, wenn man weiß, dass so und so viele Leute deine Worte lesen und aufsaugen? Steigt es einem zu Kopf? Hältst du dich selber für einen normalen Typen mit einem Hund, der schnarcht oder ... ist es schwer, nicht aufgeblasen zu werden?

KW: Ja. Das ist so eine Sache ... Ich denke meistens nicht daran. Es ist wie bei Leuten, die über Nacht Erfolg haben. Es ist schon eine Sache, wenn es einer Rockband passiert, die vielleicht eine Woche zusammen ist, einen Singlehit hat und dann am nächsten Tag auf dem Titelblatt des Time Magazins oder einer ähnlichen Zeitschrift erscheint. Das muss einen aus der Bahn werfen. Aber die meisten Bands ... wie die Beatles und andere ... waren zehn Jahre in der Öffentlichkeit, Tag für Tag.

Ich habe mein erstes Buch mit dreiundzwanzig geschrieben. Ich machte eine Zeit der Aufgeblasenheit und Unausgeglichenheit durch. Die Leute projizieren so vieles auf dich: dass du auf der einen Seite dämonisch – Ich bin sehr viel dämonischer als viele Leute glauben – und auf der anderen Seite positiv seiest. Aber früher oder später musst du dich auf irgendeine Weise damit auseinander setzen. Ich glaube nicht, dass ich darin besonders schnell von Begriff war. Aber ich hatte so viel Zeit ... im Grunde genommen dreißig Jahre. Deshalb bin ich selbst für jemanden, der auf diesem Gebiet etwas langsam ist, ziemlich OK jetzt nachdem ...

E.com: Es war nicht so als hättest du plötzlich fünfzig Millionen Dollar gehabt ...

KW: Genau.

E.com: Über Nacht und ...

KW: Genau. Es war nicht so als wäre ich eines Tages aufgewacht und die Leute hätten das alles plötzlich aus heiterem Himmel von mir behauptet.

E.com: Außerdem hast du mit Treya ziemlich schwere Zeiten durchgemacht.

KW: Ich habe mit Treya Schweres durchgemacht. Das hat mich sehr, sehr ... absolut hundertprozentig klein gemacht. Denn du kannst einfach .... der Tod ist der große Gleichmacher. Du verlierst dein Gesicht, du verlierst alles und du kannst ihn nicht beherrschen. Er gewinnt immer. Schließlich findest du einen Weg heraus, lässt alles los und setzt dich damit auf direkte, einfache Weise auseinander. Ich war zunächst absolut am Boden. Ich wurde 1985, in diesem Höllenjahr, wie ich es nenne, beinahe wahnsinnig. Ich schrieb in 'Mut und Gnade' darüber auf, wie ich glaube, ehrliche Weise. Das ganze Kapitel in Tahoe. Ich war einfach ... entsetzt.

E.com: Dieses Buch würde ich jemandem, der dich kennen lernen möchte, als erstes geben.

KW: Ja...

E.com: Denn sie wollen sehen, dass du ein wirklicher Mensch aus Fleisch und Blut bist.

KW: [Lacht.] Deshalb mache ich meistens ... wenn du auf irgendeine Weise meinen inneren Dialog auf Band aufnehmen könntest, würdest du feststellen, dass ich nie eines der Wörter, die du gebraucht hast, zu mir selbst sage. Du würdest nie hören:' Er ist der Hegel von' oder: 'Er ist der große so und so' oder: 'Er ist der Welt einflussreichster ...' Du würdest nichts dergleichen in meinem inneren Dialog finden. Es kommt mir nicht in den Sinn.

E.com: Du versuchst einfach, gute Arbeit zu leisten.

KW: Und mein Hund schnarcht.

E.com: Und dein Hund schnarcht wirklich. Wir können das beweisen.

KW: [Lacht.]

E.com: Was ist mit dem Ruhm?

KW: Es gibt allerdings eine besondere Bürde, die ich immer gespürt habe und die, wie ich glaube, äußerst wichtig ist, nämlich die Verantwortung, die Wahrheit möglichst genau darzustellen, d. h. auf möglichst vielen Beweisen aus möglichst vielen Quellen basierend. Wenn du deine Arbeiten zehn oder fünfzehn Jahre später liest, solltest du sagen können: 'Ich glaube, das, was ich damals geschrieben habe, entspricht immer noch so ziemlich der Wahrheit.' Ich bin dieser Meinung, weil viele Leute in meinen Arbeiten nach Wegen suchen, die sie ... in ihr Leben integrieren können.

E.com: Absolut.

KW: Ich möchte sicher sein, sie nicht zu enttäuschen indem ich sie eine Straße entlang schicke, die keinen Sinn ergibt und für die es keine Beweise gibt. Ich glaube, wenn ich irgendeine Art 'Last' fühle, dann ist es diese. Aber ich glaube, jeder, der auf diesem Gebiet arbeitet, sollte diese Bürde fühlen. Dein inneres Gewissen als Kompass sollte dich für das, was du schreibst, verantwortlich machen. Dieser Teil ist ... Ich halte mich daran und ich glaube, das sollte ich auch. Es ist wirklich sehr wichtig.

E.com: Auf gewisse Weise bewegst du dich ein bisschen von einem Pandit weg, hin zu einem Lehrer oder Guru, weil du weißt ....

KW: Ein Pandit ist ein Lehrer. Große Pandits waren ... Nagarjuna war ein Pandit. Plotinus war einer. Es besteht nur ein kleiner Unterschied in dem, was du kommunizierst und auf welche Art und Weise.

E.com: Du weißt, die Leute verschlingen deine Worte. Sie lesen begierig das neueste Interview mit Ken und rufen dann aus: 'Ah ha!' und es verändert sie. Es ist eine Bürde. Ein Dienst. Es ist ein ... Du bist Ken Wilber! Ich weiß, das hört sich seltsam an, aber, he, du bist wirklich Ken Wilber!

KW: [Lacht.] OK.

E.Com: Die Sache mit dem Ruhm. Ich weiß, du hattest Probleme mit Leuten, die dich beobachten und verfolgen – wir können das aus dem Band herausschneiden, wenn du nicht darüber sprechen willst ...

KW: Das ist schon in Ordnung. Ich habe diese Probleme immer noch.

E.com: Immer noch?

KW: Es ist wirklich ein Problem.

E.com: Frauen, die ein Kind von dir wollen. Männer...

KW: Männer und Frauen. Verschiedene Typen. Positive und auch negative. Die Frauen sind fast immer positiv. Bei den Männern gibt es solche und solche. Die Hälfte der Männer, die mir nachschnüffeln, sind sehr wütend und glauben irgendwie, ich sei Gott und wir könnten auf geheime, telepathische Weise miteinander kommunizieren. Und gewöhnlich ... sie kommen einfach von der anderen Seite des Globus, aus allen Landesteilen, und erscheinen vor meiner Haustür. Sie glauben, ich könnte ihre Ankunft spüren. Ich kann sie auch fast unmittelbar fühlen, wenn sie da sind, weil ...

E.com: Ich habe eine Frage von jemandem, dessen Namen ich nicht sagen möchte. Er wollte, dass ich dir etwas mitteile. Er sprach davon, dass wir alle 'Ältere Brüder' seien und dieses Interview ist für ihn eine Gelegenheit, endlich mit dir in Verbindung zu treten. Ich glaube ...

KW: Richtig. Sei vorsichtig damit! Genau. Ich scherze gewöhnlich darüber indem ich sage: 'Männer schießen immer auf die eine oder andere Weise aus fahrenden Autos. Es ist meistens eine einmalige Sache. Wenn sie auf mich wütend sind, hinterlassen sie eine Bombendrohung. Aber nach einer Weile werden sie der Sache überdrüssig und verschwinden wieder. Oder sie glauben, sie hätten etwas sehr Wichtiges mitzuteilen und sie versuchen, es an den Mann zu bringen, und wenn ich nicht reagiere, gehen sie wieder. Der Grund ist, Männer haben nicht so viel Ausdauer.

Frauen auf der anderen Seite, diese kleinen Beziehungsfanatiker, verfolgen mich jahrzehntelang. Sie sind einfach immer da. Meistens sind sie äußerst nett und wir haben eine Art ... manchmal ist das sehr lustig. Aber ich ziehe es vor, mit niemandem von ihnen in Kontakt zu treten. Eine von ihnen ... Ich möchte hier nicht zu viel sagen ... eine von ihnen hinterlässt dreimal am Tag etwa zwanzigminütige Mitteilungen auf dem Anrufbeantworter und das schon seit siebzehn Jahren!

E.com: [Lacht.]

KW: [Lacht.] Ich treffe niemals einen dieser Leute, ich ... kann nicht auf sie reagieren ... aber die meisten sind wirklich süß. Es ist schon lustig. Viele von ihnen sind aber unglücklicherweise von der David Letterman Sorte und wir sind gezwungen, die Polizei zu holen. Die kommt dann und nimmt sie mit. Es ist schon eine äußerst unglückliche und schwierige Sache. Ich habe wirklich keine Lust, um mein Haus einen Zaun zu errichten, aber es sieht so aus als müsste ich es. Es wird immer schlimmer.

E.com: Ja, das wäre wirklich schade.

KW: Ja.

Mit den Saiten klimpern

E.com: Ken, was gefällt dir an deiner Arbeit am meisten? Die Leute wollen das wissen. Sie wollen wissen, welche Dinge Ken Wilber jeden Tag glücklich machen.

KW: Nun, es gibt da ein paar Sachen. Einmal ... ich vergleiche es gerne mit einer Gitarre. Die Gitarre besitzt Saiten und hinter diesen befindet sich der Resonanzkörper, der den Saiten Klang verleiht. Und sobald du deine Seele oder deinen Geist erweckst, streichst du gleichsam über die Saiten. Von dort kommt der Klang. Aber es gibt einen größeren ... wenn du die Saiten berührst, ist das vollkommener Segen, Belohnung, Gewahrsein, Verstehen, Wahrheit und Güte.

Wenn der Klangkörper der Gitarre mitschwingt und dem Klang der Saiten Tiefe und Ausdruck verleiht, befriedigt mich das noch auf zusätzliche Art und Weise. Nachdem ich während meiner spirituellen Übungen diese höheren Akkorde angeschlagen habe, ist das darauffolgende Schreiben für mich gleichsam der Resonanzkörper, der diesen Akkorden Klang verleiht. Er verströmt die Akkorde. Er gibt ihnen eine manifeste Form, die den Klang noch voller macht. Der Klang kommt von den Saiten, von der Seele oder dem Geist ... aber der Verstand fungiert als Klangkörper. Er verleiht dem Klang Ausdruck. Es ist sehr, sehr erfüllend.

Ich versuche nicht, meinen Weg in das Spirituelle zu denken. Ich habe das von Anfang an klar gemacht. Um in die Ebenen jenseits des Verstandes zu gelangen, musst du spirituelle Übungen machen. Du kannst nicht die Vernunft benutzen, um in die Ebenen jenseits der Vernunft zu gelangen... Nur spirituelle Praxis bringt dich dorthin. Aber danach kannst du diese Erfahrungen auf rationale Weise ausdrücken. Du kannst die Erfahrungen auch im Tanz, in der Malerei und Dichtkunst ausdrücken. Das sind auch wichtige Ausdrucksmittel. Oder du kannst ihnen ... einen rationalen Ausdruck verleihen.

Und ich sage es noch einmal, ich glaube, selbst erleuchtete Lehrer würden von dieser Philosophie profitieren, denn sie würde den Klangkörper ihrer Gitarre vergrößern. Wenn sie normalerweise über ihre Saiten streichen … ist da nur dieses winzige, kleine nicht-ganzheitliche Schächtelchen hinter ihren Saiten. Und ich bin immer wieder schockiert, wie sehr selbst wirklich große, selbstverwirklichte Lehrer eine ganzheitliche Philosophie als Resonanzkörper für die Musik ihrer Seele und ihres Geistes nötig hätten. Denn die spirituelle Erfahrung allein reicht nicht aus. Man muss daran arbeiten, alle Quadranten, Ebenen und Linien etc. zu verstehen. Ich liebe es deshalb, der Erfahrung diese Form zu geben, denn sie erlaubt einen umfassenderen Ausdruck der spirituellen Erkenntnis. Ich liebe diesen Teil meiner Arbeit.

Es gefällt mir außerdem, im Leben der Menschen etwas zu verändern. Das ist für mich sehr wichtig.

Arbeitstag Satori Blues

E.com: Erfährst du jeden Tag beim Schreiben solche fließenden Bewusstseinszustände, wie sie Csikszentmihalyi beschreibt? Gehst du beim Arbeiten in einen veränderten Bewusstseinszustand über ... John Lilly nannte es, glaube ich, 'Arbeitstag Satori.' Betrittst du solche Ebenen?

KW: Ja.

E.com: Du liebst die eigentliche Arbeit, ...

KW: Nein ... Ich habe ein sehr zwiespältiges Verhältnis zu dem eigentlichen Arbeitsprozess, denn er ist körperlich sehr schmerzhaft. Ich habe ... glaube ich, ziemlich seltsame Bewusstseinszustände. Ich produziere Wissen mit äußerst unheimlicher Geschwindigkeit. Die meisten meiner Bücher wurden, wie viele Leute wissen, nur in ein paar Wochen geschrieben. Es dauert nie länger als ungefähr 3 Wochen. Im Allgemeinen sind sie bereits komplett ausgearbeitet, wenn ich mich hinsetze und zu schreiben anfange. Aber der eigentliche Schreibprozess ist sehr unbequem, denn manchmal arbeite ich rund um die Uhr. Es ist ein äußerst intensiver Prozess.

E.com: Das klingt nach Fegefeuer, aber du hast keine andere Wahl als das Werkzeug für dieses große Werk zu sein.

KW: Es ist nur ... Es ist so viel an Informationen da und damit der Zusammenhang gewahrt bleibt, muss ich in diesem Arbeitstag Satori Zustand bleiben. Ich glaube, Lilly hat einen zutreffenden Ausspruch ... war es ... war es das?

E.com: Ja.

KW: Arbeitstagsatori oder Arbeitssatori oder Werktagssatori?

E.com: Nein, jetzt habe ich's. Es heißt 'Professionelles Satori.'

KW: Professionelles Satori. Was im nicht-dualen Zustand ... er könnte fließend sein, aber offen gesagt, man kann dieses Fliessen auch auf den groben, feinen, kausalen und nicht-dualen Ebenen erreichen. Es ist ein nicht-duales Fließen, kein Zweifel. Und sehr, sehr intensiv. Deshalb ist dieser Teil kein so großes Vergnügen.

E.com: Hmm, interessant. Alles hat seinen Preis.

KW: Ja ja.

Die Enthüllung der Geheimnisse von Leben, Tod und Schmerz.

E.com: Welchen Rat würdest du einer jüngeren Version von dir geben, jemandem, der gerade anfängt, seine Interessen auf dem Gebiet des Bewusstseins, der Subjektivität, Psychologie, Philosophie und der allgemeinen menschlichen Erfahrung zu erkunden. Wenn du zu dem geschirrspülenden Ken, der gerade zu Schreiben angefangen hat, zurückgehen könntest, würdest du ihm irgendeinen Rat geben?

KW: Ich tue das in dem Roman Boomeritis. Boomeritis wurde eigentlich von einem Zwanzigjährigen namens Ken Wilber geschrieben, wie du noch sehen wirst. Der Rat bezieht sich auf die zwei Kategorien, von denen wir gesprochen haben, nämlich zwischen den beiden Zuständen hin und her zu wechseln, dem relativen und dem absoluten oder nicht-dualen.

Mein wichtigster Ratschlag zur Erreichung des Absoluten oder Nicht-Dualen, lautet, spirituelle Übungen aufzunehmen. Und zu lernen, dieses unveränderliche Gewahrsein zu pflegen. Es ist allgegenwärtig und registriert ständig in allen Bewusstseinszuständen, im Wachen, Träumen und im Tiefschlaf alles Geschehen. Es ist diese zeitlose, unveränderliche Präsenz, dein eigentliches Geburtsrecht und ursprüngliches Gesicht. Und noch mal, weil es so unendlich einfach ist: Der einzige Weg es zu erkennen, ist, alle Wünsche los zu lassen, bis es buchstäblich als Letztes übrig bleibt und dir ins Gesicht starrt. Dann wirst du ausrufen: 'Shit! Das ist ja blamabel! Fünfzehn Millionen Jahre habe ich drauf geschaut ohne es zu erkennen!' Mache spirituellen Übungen! Es kann Vipassana sein, Zen, zentrierendes Gebet, Yoga ... Schamanische Praktiken sind auch gut aber die Gefahr besteht dabei, dass du dich in der Welt der vorübergehenden Erscheinungen verfängst.

E.com: Die 'veränderten Bewusstseinszuständler'.

KW: Richtig. Viele der naturmystischen und schamanischen Zustände beinhalten vorübergehende Erscheinungen. Es ist nicht das immerwährende Selbst. Dieses kommt und geht nicht. Es ist immer vollkommen gegenwärtig und beobachtet nur diese Zustände, die kommen und gehen. Wenn du es nur mit diesen Erscheinungen in Verbindung bringst, so ist das gut. Aber das ist nicht volle Verwirklichung. Du möchtest ... Du kannst es mit schamanischen oder naturmystischen Praktiken erreichen aber du musst aufpassen, dass du nicht bloß grobe Zustandswechsel mit dem Ungeborenen, Immerwährenden selbst verwechselst. Beginne mit spirituellen Übungen und suche dich zu verwirklichen. Nur das enthüllt dir das Geheimnis des Lebens, des Todes und der Schmerzen. Und überlege dir währenddessen, was du im manifesten Bereich damit anfangen willst.

E.com: Damit der Zusammenhang gewahrt bleibt ...

KW: Ja, auf dem Weg rauf und runter. Wenn dabei deine Philosophie im manifesten Bereich ein klein wenig ausgeglichener und ganzheitlicher wird, wirst du nicht nur gesünder und kräftiger sondern deine Gitarre wird nach diesen immer tiefer werdenden spirituellen Erfahrungen einen größeren, schöneren Klangkörper entwickeln und damit klangvollere Töne hervorbringen sobald du die Saiten deiner Seele und deines Geistes anschlägst. Wenn du dann z. B. Geschäfte machst, sollten es ganzheitliche sein. Sieh zu, dass du im Geschäftsleben eine alle Quadranten, Ebenen und Linien umfassende Vorgehensweise verwirklichst. Es ist nicht schwer. Wenn du dich einmal rein vertiefst, ist es eigentlich ziemlich einfach. Nur Ich, Wir und Es, die großen drei ...

E.com: Wahrheit, Schönheit, Güte ...

KW: [Lacht.] Kunst, Moral und Wissenschaft usw. Du musst nur ein bisschen nachforschen und kannst mit meinen Büchern z. B. beginnen und tausend anderen aus der Vergangenheit und Gegenwart nachfolgen, die ebenfalls an der Verwirklichung der ganzheitlichen Lebensweise arbeiten oder gearbeitet haben.

Neuntes Interviewsegment:

Transformation und Internet

E.com: Du sagtest, nur etwa 2 Prozent der Bevölkerung wären im zweite Reihe-Bewusstsein. Vielleicht erhöht sich der Anteil in den nächsten hundert Jahren auf sieben oder acht Prozent. Das hätte gewaltige Auswirkungen.

KW: In den nächsten zehn Jahren.

E.com: In zehn Jahren! Was wird diese Verschiebung auslösen? Was wird die Grünen dazu veranlassen, sich in den gelben Bereich hinein zu entwickeln? Was kann man tun, um das zu beschleunigen?

KW: Eines der großen Geheimnisse der menschlichen Existenz ist die Frage, was eigentlich die Menschen dazu treibt sich zu verändern. Es ist ein komplexer, geheimnisvoller Prozess, den noch niemand wirklich entschlüsselt hat. Wir kennen ein paar Parameter. Einer davon ist folgender: Um sich von dem Stadium, in dem man sich gerade befindet, weiter zu entwickeln, muss man sich in ihm lange genug aufgehalten haben um dessen grundlegenden Bedürfnisse erfüllt zu haben. Man hat alles gesehen, was es in diesem Stadium zu sehen gibt. Man kennt in etwa alles was es dort gibt und man verlangt nicht mehr danach. Man ist irgendwie gesättigt. Man hat von diesem Tisch gegessen und ist bereit, weiter zu gehen.

E.com: Ein sattes Schwein.

KW: [Lacht.] Ja, genau. Das muss als erstes passieren. Danach rennst du gegen die Begrenzungsmauern. Du stellst ständig fest, dass die grundlegenden Fragen deiner Existenz von dieser Ebene aus nicht beantwortet werden können. Eine Art bewusster Dissonanz setzt ein. Du bist von dieser Ebene übersättigt und unglücklich. Etwas stimmt nicht, du willst mehr. Draußen ist mehr und du willst nicht mehr nur einfach hier feststecken.

Danach erfolgt im Allgemeinen ein Prozess der Bewusstseinserweiterung. Das kann durch Psychotherapie passieren, durch kontemplative Praxis oder durch Meditation. Auf jeden Fall wird dir die Tatsache klar, dass du ein enges und relativ begrenztes Leben führst im Vergleich zu dem Leben, das du eigentlich führen könntest.

E.com: Verglichen mit deinem Geburtsrecht.

KW: Verglichen mit deinem Geburtsrecht. Sicher. Sogar auf der relativen Ebene erweitert nur ein kleiner Stoß aufwärts dein Bewusstsein.

Schließlich löst im Allgemeinen irgendein Katalysator oder ein Geschehnis diese Erweiterung aus. Das kann ein Buch sein. Die Generation der Babyboomer, unsere Generation, befindet sich im Grunde genommen schon seit 30 Jahren im grünen Meme-Bereich. Was Paul Ray als 'Kulturell Kreative' bezeichnet, ist im Grunde genommen grüner Meme-Bereich. Und weil wir uns nun schon seit 30 Jahren darin befinden, haben wir diesen Bereich eigentlich schon lange über.

Jeder hat diesen pluralistischen Relativismus und diesen grünen Meme-Sumpf satt und will da raus. Das ist gut so. Wir erfüllen das erste Kriterium. Wir sind satt davon. Wir haben alles ausgekostet.

Zweites Kriterium: wir sind unglücklich. Es gefällt uns nicht mehr. Alles was wir jetzt brauchen, ist ein bisschen Einblick und Verständnis für die Situation und ich hoffe, einige dieser Bücher können zu diesem Verständnis beitragen. Ob du nun Bob Kegans Buch liest oder 'Spiral Dynamics' oder 'Boomeritis'. Dann beginnst du zu begreifen, dass du den Übergang in die zweite und schließlich dritte Reihe schaffen kannst.

E.com: Glaubst du, jemand könnte mal ein ähnlich populäres Buch wie, sagen wir 'Die Celestine Prophezeiungen' schreiben ...

KW: [Lacht.]

E.com: Ein gewisser David Roel stellt die Frage: Wenn der Anteil der zweiten Reihe in der Bevölkerung nur ein paar Prozent beträgt, wie kann sie dann die erste Reihe auf ehrliche und direkte Weise dazu ermutigen, in die zweite Reihe voranzugehen, wenn diese erste Reihe Konzepte der zweiten Reihe doch noch gar nicht verstehen kann?

KW: Richtig. Das ist absolut richtig. Ich glaube, was passiert ... Ich glaube an eine 'Celestine Prophezeiung' der zweiten Reihe. Denn die 25% Amerikaner, die sich im grünen Meme-Bereich befinden, ungefähr 50 Millionen, wenn davon nur etwa ein Drittel am Ausgang des grünen Bereichs stehen, bereit zu springen, dann sind das 15 bis 20 Millionen.

D. h. die 2 Prozent können sich in den nächsten zehn Jahren auf fünf, sechs, sieben oder acht Prozent erhöhen. Ich glaube wirklich an diese Möglichkeit. Am ‚Integral Institute' werden wir versuchen, uns vor diese hereinbrechende Frontwelle der zweiten Reihe-Leute zu stellen, wenn sie in ungefähr fünf bis zehn Jahren losbricht, damit ...

E.com: ...die Leute einen Ort haben, wohin sie sich wenden können.

KW: Wir werden einige Dinge präsent haben. Produkte, Texte, Präsentationen, Multimedia. Eine wachsende Anzahl Bücher, die ihnen helfen werden, sich in dieser zweiten Reihe, dieser ganzheitlicheren Existenz zurecht zu finden und diese Erkenntnisse im Geschäftsleben, in der Erziehung, in Beziehungen, in der Therapie usw. anzuwenden.

Und dann werden eine Reihe sehr populärer Dinge erscheinen. Jonathan Livingston Seagull, all diese sehr populären Dinge, die sogar auf einem Level dritten Grades geschrieben sein können. Aber sie werden diesen wirklich ganzheitlichen Impuls ansprechen.

E.com: Sicher.

KW: Ich glaube nicht, dass ich das machen kann. Ich glaube, ich bin ...

E.com: Du bist nicht jemand, der etwas populär machen kann.

KW: Ich glaube nicht, dass ich das so gut kann. Aber ich glaube, einige Leute werden das machen. Da bin ich mir sicher.

E.com: Was hältst du vom Internet und seinem transformativen Potential? Wir von Enlightenment.Com sind der Meinung, wenn wir den Menschen Zugang zu allen Erkenntnissen dort draußen verschaffen, können sie selbst sehen, welche Dinge sie gerne ausprobieren möchten, um sich weiter zu entwickeln. Das ist einer der Wege, die wir gehen möchten. Meiner Meinung nach könnte sich das Internet zu einem der größten Hilfsmittel für die Umwandlung der Menschheit entwickeln. Aber wir müssen noch herausfinden, wie das zu bewerkstelligen ist.

KW: Ich glaube, es werden ein paar Dinge passieren, die das Internet völlig revolutionieren werden. Der Nachteil des Internets liegt im Moment darin, dass es keine volle physische Kommunikation erlaubt. Es ist in gewissem Sinne körperlos, vermittelnd, abstrakt.

E.com: Was war das zweite Wort?

KW: vermittelnd.

E.com: Ja.

KW: Vermittlung. Verbindung.

E.com: Oh. OK.

KW: Es arbeitet hauptsächlich vermittelnd.

E.com: OK.

KW: Deswegen ist es schwierig, damit eine wirklich tiefgreifende Umwandlung zu erreichen, denn wenn du jemand wirklich transformieren willst, musst du körperlich anwesend sein. Das ist nicht alles, aber es ist ein wichtiger Teil. Nur dann kann zwischen dir und dem anderen auf der ätherischen, emotionalen und feinen Ebene eine Energieübertragung statt finden ...

E.com: Alles von Pheromonen bis zu feinstofflichen Körpern, …

KW: Alles das. Und die einfache Resonanz, die stattfindet, wenn dieser wertvolle menschliche Körper mit einem anderen in Berührung kommt. All das wird im Netz zur Zeit ausgeblendet.

E.com: Deshalb haben wir ein paar, sagen wir, Charley Tarts, die über ein paar Dinge sprechen…du kannst ihn sogar in einem kleinen Fenster beobachten, wenn er seine Reden schwingt ...

KW: Das ist schon besser.

E.com: ... man kann so viel mehr verstehen von dem, was er sagt.

KW: Richtig. Ich glaube, schließlich werden Möglichkeiten gefunden werden, im Netz voll körperlich anwesend zu sein. Es gibt schon einige sehr interessante Technologien.

Du kennst Bob Richards mit dem Clarus Zeug und was man mit CDs hinsichtlich des Sounds machen kann. Es ist wirklich erstaunlich. Ich weiß nicht, ob du es schon gesehen hast, aber Bob hat eine Technologie, die sie entdeckten als sie mit der Chakra-Energie arbeiteten und versuchten, herauszufinden, welche Aspekte dieser Energie sie tatsächlich pysikalisch ... welche Aspekte sie allein mit mechanischen ... mit sehr subtilen Maschinen reproduzieren können.

E.com: Sicher.

KW: Das Ergebnis stammt aus verschiedenen sehr interessanten Technologiebereichen. Es gibt einen Typus feiner Energie, der die Nebengeräusche in jedem Informationsübertragungssystem verringert. Wenn du z. B. eine CD, die an sich schon einen sehr klaren Klang hat, in dieses Feld legst ... du sitzt da und hörst die CD und plötzlich, wenn du sie in dieses Feld legst, fühlst du den Ton in deinem ganzen Körper. Du hörst die CD wirklich mit deinem ganzen Körper.

Das ist ein sagenhaftes Gefühl. Es kann süchtig machen. Wenn du einmal in diesem Feld warst und danach wieder etwas nur mit den Ohren anhörst, wirst du sagen: 'Ah, klingt das blechern! Das gefällt mir überhaupt nicht!' Das andere ist sehr viel realer, wie der Klang, den du in der Gegenwart eines anderen Menschen wahrnimmst.

Das ist ein Beispiel für neue Technologien. Wenn wir das mit Holographie kombinieren, stell dir vor, mit dieser Ganzkörpertechnologie der Informationsübertragung könnte man Suziki Roshi herbeirufen, damit er einem Meditationsanweisungen gibt ...

E.Com: OK. Wir sprachen über die Wissenschaft der feinen Energien und Ganzkörperinformationsübertragungen ...

KW: Ich glaube, wenn man diese Möglichkeiten der Ganzkörperinformationsübertragung mit einem holographischen Bild kombiniert, erhält man viel mehr Möglichkeiten der zwischenmenschlichen Interaktion im Netz. Ich glaube, diese neuen Technologien werden die transformative Wirkung des Netzes vervielfachen. Im Augenblick sind die zwei hauptsächlichen Dinge, die da Netz geschaffen hat … Nein es sind drei.

Zum einen hat es die Geschäftsverbindungen etwas belebt. Es ist schon bizarr, dass die größte wirtschaftliche Auswirkung des Netzes bisher die Effektivitätssteigerung von General Electric war. Jack Welch ist der erste, der das zugeben würde. Die fortschrittlichste Netzwerk- und Webforschungsarbeit wird bei GE geleistet. Das ist schmerzlich für all die Silicon Valley Typen, die an die kommende Transformation und all das denken. Aber das Netz hat bisher tatsächlich nur General Motors und General Electric zu mehr Effektivität verholfen. Die erfolgreichsten Leute im Netz waren bis jetzt K-Mart und dergleichen. Das ist Nummer eins.

Zweitens ist das Netz als einfaches Informationsübertragungssystem äußerst effektiv. Es hat, nicht in sehr großem Umfang aber bis zu einem gewissen Grad, dem Durchschnittsbürger ermöglicht, mehr über Dinge heraus zu finden, die zuvor nur Professoren zugänglich waren.

Die größte Veränderung ergab sich in dem Verhalten der Leute ihren Krankheiten gegenüber. Sobald sie krank werden, gehen sie ins Netz und finden innerhalb von 24 Stunden heraus ... sie wissen zehnmal besser über ihre Krankheiten Bescheid als ihr Doktor. Anschließend gehen sie in die Praxis und beuteln ihren Doktor. Dann heißt es: 'Hier! Das sind die neuesten Behandlungsmethoden. Sie sind nicht auf dem Laufenden!' Ich glaube, das ist eine umwälzende Entwicklung und wir müssen schnellstens eine neue Art medizinischer Praxis entwickeln, um das in den Griff zu bekommen. Wir brauchen eine viel größere Partnerschaft zwischen dem Typen, der den Rezeptblock in der Hand hält und den Leuten, die das meiste an Nachforschungen über ihre Krankheit selber anstellen.

E.com: Könnte man dieses Modell nicht auch auf Leute anwenden, die verschiedene psycho-spirituelle Praktiken und Disziplinen ausüben? Besonders wenn sie das Web wirklich dazu benutzen wollen, Sangha, Gemeinschaft unter sich zu schaffen. Ich sehe das jedenfalls so. Im Web gibt es noch keinen Ort, an dem ich mich gerne die ganze Zeit über aufhalten würde. Deshalb versuche ich, diesen Ort selbst zu schaffen.

KW: Richtig. Oh, ich ... nein, ich glaube, das ist möglich, aber es ist ein bisschen anders, denn wenn du an deinem psycho-sprituellem Wachstum arbeiten willst, brauchst du im Allgemeinen bis zu einem gewissen Grad und für eine gewisse Zeit, einen Lehrer aus Fleisch und Blut. Während du im medizinischen Bereich von dem Typen im Grunde nur ein Rezept willst.

Es ist ein etwas anderes Szenario. Offensichtlich ist es etwas anderes, wenn du operiert werden musst oder dergleichen. Aber wir könnten darauf zurückkommen, wie eine Gemeinschaft im Netz aussehen könnte. Die hauptsächlichen Auswirkungen, die das Netz bisher auf die Welt im Großen und Ganzen gehabt hat, waren die vorhin genannten und der Informationstransfer. Die dritte Auswirkung ist eine vollständige Aufsplitterung und Fragmentierung der Gesellschaft in einem Maße, wie das bisher noch nie der Fall gewesen ist, sowie die exponentielle Zunahme aggressiver Gruppen.

E.com: Richtig. Sie können sich gegenseitig sehr leicht finden.

KW: Sie können sich finden. Das ist ein wirkliches Problem. Die strahlende Zukunft, die das Netz zu versprechen schien, vor allem im Hinblick auf die zwischenmenschliche Transformation, hat tatsächlich noch nicht einmal begonnen. Ich glaube auch nicht, dass das so schnell passieren wird, aber wenn es soweit ist, wird das Netz zu einem äußerst wichtigen Faktor werden. Im Hinblick auf die Art von Gemeinschaft, die du schaffen willst, besteht ein Teil der Schwierigkeiten darin, dass die sogenannte Bewusstseinsbewegung als Ganzes in Wirklichkeit, wie du weißt, aus einem Dutzend verschiedener Gruppen besteht.

E.com: Oder einem Dutzend Dutzend.

KW: Dutzend Dutzend ... Hunderte. Aber es ist … ein Dutzend großer allgemeiner Ansammlungen. Und keine von ihnen kann mit dem anderen so unheimlich gut.

E.com: Richtig. Sie glauben alle, nur sie hätten 'die' Antwort oder 'die' Wahrheit.

KW: Ja. Das ist ein Problem, denn bis jetzt gibt es nur dieses Sammelbecken, alles ist 'New Age' oder was auch immer. Aber es ist überhaupt nicht... Es verursacht, eine Art ... es balkanisiert ökonomische Modelle. Die Leute fragen: 'Nun. Wie können wir diese fünfzig Millionen Leute erreichen, die an all diesen Dingen beteiligt sind?' Aber in Wahrheit sind diese fünfzig Millionen wirklich eine äußerst heterogene Gruppe. Und keine dieser Gemeinschaften wird sie alle erreichen. Deswegen musst du deine Arbeit begrenzen und die Zielgruppe, die du erreichen willst, sonst stößt du alle vor den Kopf, wenn du versuchst, alles für alle zu sein.

Deshalb versuchen wir am 'Integral Institute' auf der einen Seite so explizit und progressiv wie möglich zu sein und auf der Basis eines allgemeinen Gruppenkonsensus die besten zweite und dritte Reihe Denker zu bekommen, die wir im Moment finden können. Im Moment sind wir, offen gesagt, ein elitärer Denktank. Wir geben auch nicht vor, etwas anderes zu sein.

Sobald wir ganzheitliche Produkte, Bücher über Wirtschaft, Medizin, Gesetzgebung usw. geschaffen haben, wollen wir eine ganzheitliche Gemeinschaft auf die Beine stellen, die dann überhaupt keine Elite, kein Denktank oder dergleichen mehr sein wird. Aber im Moment ist das der Fall.

Deshalb ist es sehr leicht für uns, die Leute zu finden, die wir ansprechen wollen. Sehr leicht, Wirtschaftsmodelle herauszubringen und unsere Kräfte zu bündeln. Aber sobald du einen größeren Markt ansprechen willst, eine größere Zuhörerschaft, wird es äußerst schwierig und verwirrend, wie du weißt, denn du versuchst eine Website aufzubauen, die für eine größere Anzahl Leute ein glückliches Zuhause sein könnte, aber genau dort entstehen dann diese inneren Spannungen, wenn die Dinge, die einige Leute ansprechen, andere wiederum abstoßen und umgekehrt. Das ist sehr, sehr schwierig.

E.com: Ja, es ist schwierig, die Leute nicht zu verletzen, wenn man über ihre Religionen spricht und Methoden, diese zu systematisieren und zu beurteilen, was wir versuchen wollen ...

KW: Oh.

E.com: Mit Schwierigkeiten behaftet. Aber auf der anderen Seite wiederum könnte das ein paar interessante Daten liefern und damit den Leuten helfen.

KW: Richtig.

E.com: Und deshalb machen wir das einfach.

Der QLink

E.com: Der QLink. Ein Stöpsel für unseren Freund Bob.

KW: Richtig.

E.com: Du trägst einen im Moment?

KW: Ja.

E.com: Ich auch. Glaubst du seine Wirkung?

KW: Ja . Ich glaube, dass...

E.com: Wir stecken sie zusammen ... bzzzzzz ...

KW: [Lacht.]

E.com: Du hast den wissenschaftlichen Beitrag auf der Website gelesen ...

KW: Ja.

E.com: Und mit Bob gesprochen ...

KW: Ja.

E.com: Und du denkst, er macht ungefähr das, was man von ihm behauptet?

KW: Ja . Ich glaube, wir sollten den Beweisen Glauben schenken. Bob und ich kennen uns schon sehr lange und er war von Anfang an damit einverstanden, dass wir so viele Beweise wie möglich über die Wirkung dieser Dinger sammeln sollten. Die Menge an wissenschaftlichen Beweisen ist bis jetzt sehr klein aber vielversprechend. Du hast etwas davon im Fernsehen gesehen.

Einer meiner Lieblingsbeweise ist der: man setzt Menschen für zwölf Stunden vor einen Computerbildschirm und nimmt ihnen dann Blut ab. Wenn du es dann unter dem Mikroskop betrachtest, schaut es sehr traurig aus.

E.com: Richtig. Diejenigen, die Qlinks tragen, haben andere ...

KW: Es ist unmissverständlich. Es ist wirklich ... die BBC brachten eine ganze Nachrichtensendung darüber. Sie brachten ihre Ärzte mit und ließen sie das unabhängig voneinander machen. Die roten Blutkörperchen der Leute, die keinen Qlink trugen, sahen alle gezackt und zermatscht aus, richtig furchterregend. Bei den Leuten, die QLinks trugen, normalisierten sie sich wieder innerhalb von drei Stunden oder so.

E.com: Ich möchte gar nicht mehr ohne ihn rausgehen.

KW: Ja. Ich weiß. Er hat etwas Magisches, Reiches. Er erweckt das purpurne Meme in einem.

E.com: Nicht wahr.

KW: [Lacht.]

 

Beweise für übernatürliche Kräfte

E.com: Was denkst du über übersinnliche Kräfte, die man nachgewiesen hat, z. B. Siddhis? Allgemein übersinnliche Kräfte? Eine der Fragen, die ich erhielt, war: 'Was hältst du von ... es gibt eine Menge guter Beweise für Siddhis und allgemein für PSI- Kräfte. Warum sollten wir uns nicht darauf konzentrieren, um die Menschen allgemein auf höhere Ebenen zu bringen? Die Beweislage würde ausreichen, um ...

KW: Richtig.

E.com: Hartgesottene Empiriker zu überzeugen, aber das ist nicht der Fall.

KW: Das stimmt. Es ist sehr seltsam und ich hatte ein ... tatsächlich gibt es eine ... Roger Walsh rief an, weil der ... U.C. Irvine bekam, ich weiß nicht genau, 500,000 Dollar oder so bewilligt, um eine weitere Reihe parapsychologischer Untersuchungen anzustellen. Roger meinte, Irvine und die anderen sagen, sie wollen mit den Experimenten ein für allemal beweisen, dass übernatürliche Erscheinungen möglich sind. Sie wollten eine formlose Diskussion über die Art der Experimente führen. Neue Wege, Löffel zu verbiegen oder Würfel mit der vorhergesagten Augenzahl aufliegen zu lassen. Ich erwiderte, das wäre ein Missbrauch von Geldern. Denn das wahre Problem liegt darin, wir haben Unmengen Analysen über übernatürliche Phänomene....

E.com: Ja. Dean Radins Buch. Es ist fabelhaft.

KW: Richtig. Es ist über jeden Zweifel erhaben und jeder Statistiker stimmt dem zu. Deshalb sagte ich zu ihm: ' Nimm deine 500000 Dollar und kauf dir eine PR Firma!

E.com: Richtig.

KW: Denn ihr Leute habt schlichtweg eine schlechte Presse. Weitere Experimente werden daran nichts ändern. Es ist bereits hundertprozentig bewiesen. Weitere Experimente bringen da nichts mehr. Es existiert nur ein massiver Widerstand gegenüber diesen Dingen. Was ihr wirklich braucht, ist ein Umerziehungssystem, gute Public Relations, wenn du so willst, im besten Sinne des Wortes, um da was zu erreichen. Wir verwenden am 'Integral Institute' eine Menge Geld für Untersuchungen, aber auch einen Großteil für, im besten Sinne des Wortes, PR, Umerziehung. Wir müssen diese Sachen publik machen.

Ich glaube zufälligerweise, dass übernatürliche Phänomene ... und ich glaube, Mike Murphy und ich sind uns hier auf freundschaftliche Weise uneinig .... Mike interessiert sich sehr für diese Phänomene und er glaubt, wenn er weiter für diese Dinge Propaganda macht – denn die Beweise sind wirklich zwingend – dass dann die Leute kommen werden, um es sich anzuschauen. Aber ich glaube, das Gegenteil wird der Fall sein. Die Leute werden es sich ansehen, ausrufen: 'Das ist ja gespenstisch!' und dann davonlaufen.

E.com: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Und jeder Beweis, den du anbringst, ist deshalb in ihren Augen getürkt.

KW: Genau.

E.com: Das geht nun schon so seit fünfzig Jahren.

KW: Die Möglichkeit, die ich gefunden habe ... es gibt keine sehr guten ... aber eine Vorgehensweise, die wenigstens einen bestimmten Typ Zuhörer erreicht, ist die der Entwicklungspsychologie. Denn wenn man einmal Beweise für, sagen wir, acht Entwicklungsstufen vorbringt, wird mit Sicherheit einer fragen: 'Wie wär's mit neun?'

Und wenn man einmal diese höheren Bewusstseinszustände untersucht, sehen diese plötzlich unweigerlich sehr spirituell aus. Das überzeugt viele Leute, wie Lawrence Kohlberg z. B., der seine berühmte siebte Stufe hinzufügte. Das ist eine Möglichkeit. Eine andere, Untersuchungen über die gegenseitige Beeinflussung von Gehirn und Gedanken anzustellen, denn als die TM-Leute zeigten, dass es einen vierten Bewusstseinszustand gibt, der sich von Wachen, Träumen und Tiefschlaf unterscheidet, den transzendentalen Zustand der Meditation.... Sie haben physiologische ...

E.com: Wechselwirkungen.

KW: Ja. Das wurde im Science Magazine veröffentlicht und das trug mehr als alle Upanishaden, die jemals geschrieben wurden, dazu bei, einen bestimmten Typus westlicher Denker davon zu überzeugen, das da etwas dran ist. Ich glaube, ein vorurteilsloser Blick auf diese Art Untersuchungen und Präsentationen ist äußerst wichtig und, ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass Siddhis soviel bringen, obwohl die Beweise dafür zwingend sind. Sie schrecken die Leute in gewisser Weise nur ab. Es ist schon seltsam.

E.com: Es ist, als fänden wir plötzlich heraus, dass wir schon die ganze Zeit gegenseitig unsere Gedanken lesen können ...

KW: Ja. [Lacht.] Das ist es. Wir tun das auch höchstwahrscheinlich ...

E.com: Oder meine liebe Mutter z. B., wann immer ihr etwas Übernatürliches zustößt und sie will es mir erzählen, sagt sie immer: 'Jetzt ist es passiert. Und ich hab's schon vorher gewusst!' Und ich sage dann: 'Ich weiß, Mama.' Und sie redet und redet bis ich auch einigermaßen verschreckt bin. Aber auf der anderen Seite erschrecke ich nicht über Dinge, die ich dauernd sehen muss und nicht ändern kann.

KW: [Lacht.]

Die vier Quadranten auf immer und ewig

E.com: Wir sind fast am Ende. Warum vier Quadranten?

KW: Mmm...

E.com: Dein Modell ist ... von einem kabbalistischen Standpunkt aus gesehen hat jede Zahl eine magische Bedeutung. Als ich beim GNOSIS Magazin arbeitete, fand ich heraus, dass manche dort alle Zahlen irgendwie bedeutungsvoll fanden. Du könntest z. B. ein Modell mit fünf Quadranten entwickeln ... manche wollen vielleicht, dass du ein Quintessenz-Modell entwickelst ...

KW: Richtig.

E.com: Die Vier ist vom Logischen her ein guter Platz zum Ausruhen. Wirst du dabei bleiben?

KW: Nun ... [lacht]... Ich habe schon einiges darüber gesagt. Erstens besitzen alle Holonen mindestens vier Dimensionen. Die vier Quadranten. Ich habe nicht behauptet, sie hätten nur vier. Aber der Grund weshalb ich bei vier angekommen bin, ist der, dass, wenn du ein Universum bauen willst, welche Art von Unterscheidungen brauchst du um eine manifeste Welt überhaupt zum Laufen zu bringen?

G. Spencer Brown, dieses wundervolle Buch Gesetze der Form – es ist wirklich ein geniales Werk, jeder sagt das – behauptet, dass das Universum in dem Moment zu existieren anfängt, in dem Unterscheidungen getroffen werden. Linien, Grenzen werden gezogen, die es einer manifesten Welt erlauben, zu existieren. Und die einfachsten Grenzen, die du ziehen kannst, sind die zwischen innen und außen und zwischen Einzahl und Mehrzahl. Diese brauchst du um überhaupt etwas zum Laufen zu bringen.

E.com: Ist es möglich, dass deine Philosophie, deine 'Theorie von Allem', nur eine gut ausgearbeitete Weiterentwicklung dieser zwei Unterscheidungen ist ...?

KW: Ja.

E.com: ... es könnte aber auch völlig verschiedene ...

KW: Ich habe nie behauptet, es gäbe keine anderen. Es könnte sie geben. Aber als grundlegende Unterscheidungen haben wir in allen Dimensionen, so weit wir das sagen können, Innen- und Außenseiten, Einzahl und Mehrzahl. Sogar in der Traumwelt und in Halluzinationen.

Du erlebst dich als ein Innen und im Gegensatz dazu siehst du jemand Anderen als Außen. Es laufen Einzahl und Plurals herum. Deshalb findest du die vier Quadranten in allen Bereichen. Ich behaupte, sie sind überall bis in die kleinsten subatomaren Bereiche hinein zu finden. Ich glaube, alle ... Ich glaube, sogar Quarks haben ein Innen und Außen und sind im Singular und Plural vorhanden. Deshalb glaube ich auch, dass das Bewusstein bis in die kleinsten Bereiche hineinreicht, weil dort auch das Innen zu finden ist.

Wenn man diese grundlegende Analyse anwendet ... stellt es sich heraus, dass sie zu äußerst allgemeinen Erkenntnissen führt, wie etwa die großen Drei, das Gute, Wahre und Schöne, erste, zweite und dritte Person usw. Das sind Dimensionen, die von allen menschlichen Kulturen anerkannt werden. Wahrscheinlich weil es sehr reale Dimensionen sind. Ich habe nur eine etwas einfachere Art der Darstellung des Innen und Außen, Singular und Plural, gefunden und ein kleines vier Quadranten-Diagramm geschaffen.

Für mich ist es nicht entscheidend ob das als Religion angenommen wird oder dergleichen, sondern es soll mich nur daran erinnern, bei jedem Versuch, die Wirklichkeit zu beschreiben, alle diese vier Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Denn wenn man das nicht tut, lässt man etwas sehr Wichtiges weg. Und dann kommt es wie ein Bumerang auf dich zurück und beeinflusst dein Unbewusstes auf eine Weise, die du bereuen wirst. Es ist einfach nur eine Methode, die uns helfen soll, uns daran zu erinnern, ein bisschen umfassender zu sein und alles mit einzuschließen, um sicher zu gehen, dass wir hinsichtlich dieser vier wichtigen Dimensionen aller Holonen die Grundlagen berücksichtigen. Das ist eine sehr viel vernünftigere und gesündere Vorgehensweise.

Es könnten auch ... Ich habe Leute getroffen, die gesagt haben: 'Nein. Es gibt sechs.' Und sie kommen mit sechs heraus, und dann sind es acht usw. ... das ist OK.

E.com: Einige Leute schicken mir Fragen wie: 'Was ist mit der Beziehung zwischen dem Intersubjektiven und dem Diesen und dem Jenen?' Und so geht es immer weiter.

KW: Ja ja.

Drogen und Meditation

E.com: Kannst du noch etwas über psychedelische Drogen sagen? Ich weiß nicht ob du über deine persönlichen Erfahrungen sprechen willst ....

KW: Das ist in Ordnung.

E.com: Sofern du welche gemacht hast und was du über die gegenwärtige Haltung der Regierung zu diesen Dingen denkst, sowie über einen bewussten, zeremoniellen Gebrauch von Drogen unter Anleitung eines Psychotherapeuten oder eines religiösen Praktikers?

KW: Richtig. Ich habe bekanntermaßen nicht viele Erfahrungen mit psychedelischen Drogen gemacht. Ich habe über einen sehr langen LSD Trip geschrieben, den ich im College hatte und den ich nicht so besonders toll fand. Aber sonst habe ich nie bewusstseinserweiternde Drogen genommen, auch nicht auf experimentelle Weise. Nicht, dass ich nicht gewollt hätte oder so aber das stand irgendwie nicht auf dem Plan für mich.

Das änderte sich, wie du dir vorstellen kannst, als ich in den frühen Achtzigern nach Marin zog und mit Roger und Francis zusammen war, die für einen bewussten, unter den richtigen Bedingungen und Umständen sorgfältig und auf ausgeklügelte Weise durchgeführten Drogengebrauch sind. Sie halfen mir bei meinen Versuchen mit MDMA. Das ist die einzige Droge, mit der ich Erfahrungen gemacht habe.

Sie war 1983, als ich sie ausprobierte, völlig legal. Ich hatte ungefähr ein Dutzend Trips. Es war absolut wunderbar. Ich war total begeistert. Aber die Wirkung lässt mit der Zeit nach. Ich glaube, viele Leute machen es für eine Weile. Dann haben sie genug davon. Sie haben alles gelernt, was sie daraus lernen können und sie hören einfach auf damit. Ich habe 1984 damit aufgehört und hatte seitdem kein Verlangen mehr danach.

Ich denke, dass diejenigen, die verantwortungsvoll mit Drogen umgingen, eine Menge aus ihren Erfahrungen mit bewusstseinserweiternden Substanzen gelernt und eine bestimmte Tür geöffnet haben. Aber es hat seine Schattenseiten. Besonders in dieser New Age Bewegung gibt es zwei hauptsächliche Vorgehensweisen hinsichtlich Bewusstseinsforschungen. Einmal die Drogenschlucker und zum anderen die Meditierer.

Die Drogenschlucker erfahren veränderte Zustände, die Meditierer andere Ebenen. Die Meditierer glauben, man müsse Disziplin üben und jahrelang, zehn, fünfzehn Jahre an sich arbeiten, um eine stabile Verwirklichung dieser höheren Zustände und Ebenen zu erreichen. Die psychedelische oder Drogenseite ist mehr an veränderten Zuständen interessiert, Ayahuasca, LSD, alle Arten von veränderten Zuständen. Sie können aber auf diese Weise ihre Erfahrungen nicht dauerhaft stabilisieren.

Ich glaube, dass man beide Modelle – Ich gebrauche Zustände und Stufen – Ich glaube, man braucht beide. Aber beide Gruppen sind sich nicht ganz grün. Es gibt nur sehr wenige Leute, die Drogen nehmen und gleichzeitig ernstzunehmende Meditierer sind. Die Leute, die nur Drogen nehmen, stehen, glaube ich, am Ende wieder dort, wo sie am Anfang waren. Ich kann keine dauerhafte Verwirklichung erkennen, die aus der Anwendung von Drogen resultiert, keinen dauerhaften Zugang zu höheren Bewusstseinsstufen und ab einem gewissen Punkt fangen, glaube ich, die neurologischen Nebengeräusche der Inhaltsstoffe an, den Glanz, der am Anfang vielleicht vorhanden war, auszulöschen.

Deshalb sind diejenigen meiner Bekannten, die nur Drogen genommen haben und die ich über dreißig Jahre lang beobachtet habe, offen gesagt, immer unangenehmer, desillusionierter und auf gewisse Weise trauriger geworden. Ich sage nicht, Meditierer machen alles so viel besser, aber sie haben zumindest bessere Chancen, eine dauerhafte Verwirklichung zu erreichen und nicht nur vorübergehende Zustände.

Ich glaube, den Leuten geht es besser, wenn sie entweder eine weise Kombination beider Methoden anwenden oder in der Hauptsache meditieren. Meine Empfehlung ist, nehmt nicht nur Drogen, denn sie bringen euch nur in Schwierigkeiten. Außerdem sind die Philosophien von Leuten, die nur Drogen nehmen, ehrlich gesagt, ziemlich daneben. Sie berücksichtigen vorhandene Beweise nicht in genügender Weise, sind nicht umfassend genug, schließen andere Arten von Daten und Beweisen aus und sind, glaube ich, sehr parteiisch.

Welche Praxis ist geeignet für mich?

E.com: Was hältst du von einer dritten Gruppe, von Leuten, die die New Age Seminarszene besuchen, sei es EST oder jetzt 'Landmark', 'Insight', 'Aktualizations' oder 'Avatar'? Es gibt jede Menge Systeme da draußen, für die die Leute viel Geld ausgeben. Sicher, wenn sie hin gehen, machen sie Erfahrungen, die ihr Herz öffnen und ihren Verstand erweitern. Aber es scheint eine Art Seminareffekt zu geben, d. h. solange du an der Gruppe teilnimmst und ihre Anweisungen befolgst und ihre Sache verkaufst, hast du 'es', aber wenn du dann die Gruppe verlässt, ist nichts mehr da ... du hast etwas von ihrer Redeweise gelernt und vielleicht ein paar Handfertigkeiten, aber es scheint keine ...

KW: Das ist eine der Sachen, die man untersuchen müsste. Eines der Dinge, die wir am 'Integral Institute' näher untersuchen wollen, ist genau diese Art Erfahrung.

Wir wollen außerdem noch andere Untersuchungen durchführen. Ich habe schon mit einigen Leuten darüber gesprochen, einschließlich Andrew Cohen. Er ist sehr daran interessiert. Wenn man z. B. ein System wie 'Spiral Dynamics' hernimmt, nur ein Beispiel für eine Entwicklungslehre, und macht den 'Spiral Dynamics' Test mit jemanden ...

Du gibst ... Sagen wir, 200 Menschen gehen zu einer Andrew Cohen Meditation, die eine Woche dauert.

E.com: Richtig.

KW: Andrew wird der erste sein, der dir sagt, dass einige Prozent der Leute, die zu ihm kommen, seine Lehre verstehen werden, andere aber nicht. Ungefähr fünf Prozent der Leute, die alles mitmachen, verstehen wirklich was er sagt, bleiben bei ihm, arbeiten an sich und erreichen eine Art Verwirklichung.

Als ich mit Andrew darüber sprach, fragte ich ihn: 'Was wäre wenn du den 'Spiral Dynamics' Test anwenden würdest um dann festzustellen, dass die Leute, die verstanden haben, was du erklärt hast, vorwiegend Menschen der türkisen Entwicklungsstufe sind und dass die anderen es einfach noch nicht verstehen können?' Dann fragte ich ihn: 'Würdest du das nicht gerne vorher wissen? Hättest du nicht gerne eine Methode, den Anteil der Leute mit denen du Erfolg hast, drastisch zu erhöhen und den Anteil der anderen zu vermindern?' Vielleicht hilft z. B. jemandem, der dem orangefarbenen Bereich angehört, Hatha Yoga etc.. Wer weiß?

E.com: Vielleicht ist das die angemessenste Übung für ihn.

KW: Genau. Es ist eine Frage der Forschung. Aber wir wollen diese Forschungen natürlich nicht zu eng sehen. Wir wollen die Leute nicht in Schubladen sperren, sie vorzeitig abweisen oder dergleichen. Aber wir kommen an einen Punkt, an dem wir so viel Wissen über Bewusstseinsstufen und die Einflussfaktoren der Transformation gesammelt haben, dass wir mit diesen Untersuchungen einer größeren Anzahl Menschen helfen können.

Es stellt sich dann vielleicht heraus, dass z. B. 'Avatar' für bestimmte Personen geeignet ist und ihnen einen guten Einstieg verschafft. Aber wenn sie dann nicht bestimmte Folgeübungen machen, verschwindet die Wirkung wieder. Ich glaube, wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem wir anfangen können, einige dieser Fragen zu beleuchten, indem wir ein paar unserer Werkzeuge anwenden. Es gibt jetzt eine unheimliche Menge an Untersuchungsmethoden, mit deren Hilfe man feststellen kann, welche Fortschritte jemand in seinem Bewusstseinswachstum und in seiner Entfaltung macht.

Es wird immer einige Leute geben, die sich von der ganzen Sache abschrecken lassen – weil sie zu 'Orwellisch' ist. Sie glauben, man wolle sie kontrollieren. Sie wollen nicht in Stufen eingezwängt werden. Das ist auch OK. Niemand ist gezwungen, das zu tun. Aber ich selbst würde z. B. gerne wissen, wie ich vorankomme, wo ich stehe und in welchen Bereichen ich Hilfe brauche.

E.com: Ich habe einmal Charley Tart darüber befragt und er erwiderte, es würde einige zehn Millionen Dollar kosten und wir würden wahrscheinlich nicht soviel Geld für diese Forschungen bekommen.

KW: Das stimmt. Aber wir hatten letztes Jahr einhundert Millionen. Wir würden genau das damit machen. Wenn wir soviel Geld hätten, würden wir einige zehn Millionen Dollar genau dafür verwenden.

E.com: Das wäre ein Tag zum Feiern.

KW: [Lacht.]

E.com: OK. Ein paar Worte zum Abschluss, Ken? Machen wir Schluss. Irgendetwas, das du noch sagen willst? Zu den Massen?

KW: Nur, dass es mich gefreut hat, diese Zeit mit dir zu verbringen.

E.com: OK. Vielen, herzlichen Dank!

Glossar:

Eine erweiterte Fassung dieses Glossars einschließlich vieler Eigennamen, die im Interview erwähnt werden, ist auf der Website: http:/www.enlightenment.com/wilberglossary.html zu finden.

Alle Quadranten, Ebenen, Linien: Wilbers umfassende, ganzheitliche Methode um Alles (!) näher zu untersuchen oder zu betrachten.

Kunst, Moral und Wissenschaft: Die ‚großen drei' Gebiete westlichen Redens und Handelns, die lose mit 'Ich', 'Wir' und 'Es' umschrieben werden können.

Atman: Im Hinduismus der Wesenskern der individuellen Seele oder des Selbst.

Ayahuasca: Ein starkes bewusstseinserweiterndes Gebräu aus Südamerika, das Dimethyltryptamin (DMT) enthält.

Bardo: Zwischenreich zwischen Tod und Wiedergeburt.

Bodhisattva: Ein künftiger Buddha, der das große Gelübde abgelegt hat, alle Lebewesen aus dem Leid zu erlösen und sie zur Erleuchtung zu führen.

Boomeritis: Eine überdurchschnittlich große und ungesunde Dosis Selbstversunkenheit und Narzissmus, die die Baby-Boomer- oder auch 'Ich'-Generation kennzeichnet.

Buddha-Bewusstsein: Der innere, erleuchtete Zustand des Bewusstseins, ohne Hindernisse und allwissend.

Kausaler Bereich: Der Bereich formlosen Strahlens und vollkommener Transzendenz.

Korallenfarbenes Meme: Siehe ‚Spiral Dynamics'!

Cultural Creatives: Etwa 50 Millionen erwachsene Amerikaner, die der Soziologe Paul Ray als Vorreiter kultureller, spiritueller und ökologischer Kreativität bezeichnet.

Dharmakaya: Siehe 'Nirmanakaya'!

Dhyana Buddha: Ein meditierender Buddha.

Dzogchen: Aus dem tibetanischen Nyingmapa Buddhismus: Dzogchen behauptet, dass man schon seit Ewigkeiten in direktem Kontakt mit dem allgegenwärtigen Allbewusstsein steht und dieses manifestiert.

Empiriker: Jemand, der die Erfahrung als einzige Erkenntnisquelle anerkennt.

Erste Reihe: Siehe 'Spiral Dynamics'!

Gaia: In der griechischen Mythologie die Erdgöttin; der lebende Planet Erde als selbstregulierender Organismus, von dem manche behaupten, er sei empfindungsfähig.

Mut und Gnade: Memoiren mit dem Untertitel 'Spiritualität und Heilung im Leben und Tod von Treya Killam Wilber', eine überaus ergreifende und beschwörende, persönliche Geschichte.

Grünes Meme: Siehe 'Spiral Dynamics'!

Grob, fein und kausal: Die drei großen Bewusstseinszustände, in etwa vergleichbar mit dem normalen Wachzustand, dem Traumzustand und dem traumlosen Tiefschlaf.

Holon: Arthur Koestlers Bezeichung für etwas, das für sich genommen ein Ganzes bildet, aber auf der anderen Seite auch Teil eines größeren Ganzen ist. Z. B. sind Buchstaben für sich genommen etwas Ganzes. Sie sind aber auch Teil eines Wortes.

Integral Institute: Ken Wilbers ganzheitlicher 'Denktank' mit der Zentralstelle in Boulder, Colorado.

Intersubjektivität: Die Beziehung, Verbindung, das Muster oder der 'Raum' zwischen der inneren subjektiven Erfahrung von zwei oder mehr Individuen (oder Holonen).

Kensho: Die Erfahrung der Erleuchtung oder des Erwachens.

Koan: Ein paradoxes Rätsel, eine paradoxe Feststellung oder Geschichte, die in der Absicht erzählt werden, das normale Egobewusstsein zu umgehen und auf diese Weise zu spiritueller Erleuchtung zu führen.

Kundalini: Die uranfängliche, schlangengleiche Evolutionsenergie, die normalerweise am unteren Ende des Rückgrats ruht, bis sie durch Yoga, sexuelle Aktivitäten oder andere Praktiken aktiviert wird.

Ramana Maharshi: Ein indischer Weiser, der für die Klarheit und tiefe, umwandelnde Kraft seiner nicht-dualen Lehren bekannt wurde. 1879 - 1952.

Meme: Ein Begriff, der von Richard Dawkins geprägt wurde. Er bezieht sich auf ein Informationsvirus (einem Gen ähnlich, aber weniger genetisch als vielmehr Informationen beinhaltend) oder eine Einheit kultureller Evolution.

Manifester Bereich: Der alltägliche Existenzbereich, der den fünf Sinnen frei zugänglich ist, die explizite, materielle Welt.

Monaden: Leibnitzs Begriff einer unteilbaren, undurchdringlichen Einheit in der physikalischen Realität.

Maya: Der Hindubegriff für die schöpferischen Kräfte des Allbewusstseins, welche für sich allein ohne das Allbewusstsein reine Illusion sind.

Magister Ludi: Der oberste Leiter des Glasperlenspiels in Hermann Hesses Roman, mit dem er 1946 den Nobelpreis gewann.

MDMA: Eine Substanz, die heute unter dem Namen 'Ecstasy' bekannt ist. Die ursprüngliche Bezeichnung war 'Adam'. Sie ist bekannt für ihre Fähigkeit, tiefe spirituelle und gefühlsmäßige Einsichten zu vermitteln.

Nagarjuna: Buddhistischer Heiliger und Philosoph, der im ersten und zweiten Jahrhundert nach Christus gelebt hat und für seine Doktrin des Mittelweges bekannt wurde.

Namkhai Norbu: Ein tibetanischer Lama. Einer der besten Dzogchen Lehrer der Welt.

Nirvikalpa Samadhi: ein Zustand reinen, leeren Gewahrseins und des absoluten Nichts, von dem manchmal behauptet wird, er sei der Gipfel spiritueller Entwicklung.

Nirmanakaya, Sambhogakaya, Dharmakaya: Sanskritbegriffe für die groben, feinen und kausalen Bereiche.

Nirvana: Das Ende aller Leiden und die Befeiung vom Rad der Existenz, das Gegenteil von Samsara.

Non-dual: Der immer schon allgegenwärtige Zustand des erleuchteten Bewusstseins, der keine Dualitäten enthält (d. h. die Vereinigung von Form und Leere). Sowohl das höchste Ziel aller Bewusstseinszustände als auch ihre allgegenwärtige Basis.

Occams Rasiermesser: 'Vervielfältige nicht unnötigerweise Erklärungseinheiten!' Die philosophische und wissenschaftliche Regel, dass die einfachste von zweien oder mehr widerstreitenden Theorien oder Erklärungen den Vorzug haben soll.

Ursprüngliches Gesicht: Das Gesicht, das du hattest, bevor deine Eltern geboren wurden. Der reine, formlose Beobachter, älter als die manifeste Welt.

Pandit: Sanskritbegriff für einen Gelehrten, verwandt mit dem englischen Wort 'Pundit', welcher (Begriff) von Wilber hier zur Bezeichnung eines spirituellen Gelehrten gebraucht wird.

Paradigma: Eine Weltsicht, ein System oder Modell, das alle Annahmen, Konzepte, Werte und Praktiken enthält, die eine intellektuelle oder wissenschaftliche Gemeinschaft als Basis für ihr alltägliches Vorwärtsschreiten verwendet. Dieser Begriff wurde 1962 von Thomas Kuhn in seinem Werk 'Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen' populär gemacht.

Plotin: Mystischer Philosoph, 204 – 270 A.D., der Platos Theorien wiederbelebte und erweiterte.

Hinweisende Instruktionen: Instruktionen, die aufzeigen, was bereits klar und allgegenwärtig ist. Vor allem im Hinblick auf das Gewahrwerden des allgegenwärtigen und erleuchteten Bewusstseins.

PSI: Der dreiundzwanzigste Buchstabe des griechischen Alphabets. Er steht für parapsychologische Fähigkeiten und Erscheinungen. (Z. B. Präkognition, Telepathie, allgemein 'ASW' (außersinnliche Wahrnehmung), Telekinese usw.)

Purpurnes Meme: Siehe 'Spiral Dynamics'!

Qlink: Ein Umhängegerät zur Reduzierung von Schäden, die durch elektromagnetische Felder und allgemein durch Stress entstehen. Erhältlich bei www.Enlightenment.com

Sahaja Samadhi: Eine permanente Form von Samadhi, die es ermöglicht, in der Welt ungehindert zu agieren, während man sich mit dem transzendentalen Selbst in tiefer Gemeinschaft befindet. Siehe 'Transzendentales Selbst'!

Samadhi: Das Sanskritwort für Meditation, tiefe Konzentration.

Sambhogakaya: Siehe Nirmanakaya!

Samsara: Das hinduistische und buddhistische ewige Rad der Wiedergeburten, das sich von Geburt zu Tod und Wiedergeburt dreht, gekennzeichnet durch Leiden und Festhalten.

Sangha: Eine spirituelle Gemeinschaft oder die Gemeinschaft des Allgeistes.

Satori: Häufig plötzlich eintretendes spirituelles Erwachen oder die direkte Erfahrung der Natur des Bewusstseins.

Zweite Reihe: Siehe 'Spiral Dynamics'!

Sensorimotor (Sinnesmotorik): Umfasst sowohl Sinnes- als auch motorische Aktivitäten.

SES: 'Sex, Ökologie, Spiritualität', der erste Band von Ken Wilbers großer Theorietrilogie.

Shankara: Früher Hinduphilosoph, Theologe und Anhänger der philosophischen Schule des Advaita Vedanta.

Siddhi: Eine außergewöhnliche menschliche oder seelische Fähigkeit, die oft spontan bei der Erreichung höherer Bewusstseinszustände erworben wird.

Spiral Dynamics: Ein Modell der psychosozialen Entwicklung, das von Don Beck und Christopher Cowan vorgeschlagen wurde und auf der bahnbrechenden Arbeit von Clare Graves beruht. Es beschreibt die Entwicklung von Individuen, Organisationen, Nationen und Kulturen. Die Theorie stellt ein System von einer Anzahl willkürlich mit Farben versehenen ‚'Werte-Memes' auf, die in verschiedenen ‚Tiers' (Reihen) zusammengefasst werden.

In der ersten Reihe gehen Individuen, Organisationen und Kulturen durch die folgenden Stadien: Beiges Meme: Kampf ums Überleben, das Instinktive, kleine Horden, die ums Überleben kämpfen; Purpurnes Meme: Animismus, Verwandtschaftsgeist, Abergläubische Stämme; Rotes Meme: machtvolle Götter, Egozentrik, Imperien, die auf Eroberung und impulsive Befriedigung aus sind; Blaues Meme: Inquisition, Autoritäten, Gruppen, die auf Regeln, Traditionen und Gehorsam Wert legen; Orangefarbenes Meme: Status, Strategie, Gesellschaften, die nach Wohlstand und Status streben; Grünes Meme: Menschliche Bindungen, Übereinkunft, Kulturen, die Gefühle der Gleichheit teilen.

Die zweite Reihe beginnt mit dem gelben Meme: (flexibles Fließen, Ökologie) und türkisen Meme (Ganzheitliche Sicht, Holistik ). Es sollen noch höhere, dritte Reihen Memes existieren.

Fein: Siehe grob, fein, kausal!

Svabhavikakaya: Im Buddhismus der innere Wesenskern der drei großen Bewusstseinszustände (Siehe Grob, Fein, Kausal!), der in der reinen nicht-dualen Vereinigung erfahren wird.

Thereveda: die älteste buddhistische Schule.

Dritte Reihe: Siehe 'Spiral Dynamics'!

Transzendentales Selbst: Unsere wahre Identität; Es schaut in den Spiegel der bedingten Existenz; ein größeres Selbst, das alle Individuen umfasst und übersteigt.

Transzendentaler Beobachter: Der immerwährende Aspekt des transzendentalen Selbst, der alles aus der Entfernung betrachtet und ständig alles beobachtet, was passiert... gerade jetzt.

Translativ kontra transformativ: Translative Religionen oder spirituelle Praktiken versuchen, dem separaten Selbst Bedeutung oder Trost zu geben, während transformative Praktiken dem Individuum ermöglichen, das separate Selbst zu übersteigen und die Einheit oder nicht-duales Bewusstsein zu erlangen.

Transmigration: Reinkarnation

Transpersonal: Etwas, das das bloß Persönliche und Individuelle übersteigt.

Treya: Treya Killam Wilber. Siehe 'Mut und Gnade'!

Türkises Meme: Siehe 'Spiral Dynamics'!

Upanishaden: Alte philosophische Hinduabhandlungen, die noch älteren Vedas kommentierend.

Uroborus: Das Symbol der Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Es wurde zuerst auf ägyptischen Statuen entdeckt und von Carl Jung populär gemacht.

Vipassana: Auch bekannt als 'Einsichtsmeditation'. Eine alte Technik, bei der man bequem sitzt und seine unparteiische Aufmerksamkeit allem widmet, was innen oder außen auftaucht, ohne Beurteilung, Abneigung oder Wünsche.

Weltseele: Die belebende Kraft der physischen Welt; lateinisch: anima mundi.

Gelbes Meme: Siehe 'Spiral Dynamics'!

Yidam: Eine meditative Gottheit, ein Aspekt des Buddha.

Übersetzt von Gunther Krauss-Morgenstern